Quelle: Süderländer Wochenblatt vom 25. Juni 1903

Bankier Otto Geck und Frl. Ida Gregory regieren

Plettenberg, 24. Juni. Schützenfest. Plettenberg hat wieder eines seiner schönsten Feste hinter sich, von dem man sagen kann mit dem Dichter:
"Drum rufen deine Schützenfeste
von nah und fern heran die Gäste
Und steten Sieges klar bewußt
Vereint dem Ernst sich stolze Lust.

Unsere Stadt hatte ein prächtiges Festgewand angelegt, vor den Wohnstätten des alten und des neuen Königs wie der Königinnen war der Schmuck besonders schön. Die Schützentage verliefen ungestört durch der Witterung Launen - bedeckter Himmel ohne des Regens Naß wechselte mit heiterem Sonnenschein - in programmäßiger Weise. Die verschiedenen Festzüge mit den historischen Fahnen und unter Vorantritt der Düsseldorfer Husarenkapelle in ihrer hübschen grünen Uniform fielen brillant aus; die Beteiligung der Schützen war so groß wie nie zuvor und die lange Kette derselben nahm sich äußerst stattlich aus.

Dem Königszuge voran am 2. Festtag Nachmittag fuhren fünf reich geschmückte Equipagen mit dem neuen und dem alten Königspaar und den beiderseitigen Hofstaaten. Überall wurden die Majestäten vom Publikum lebhaft begrüßt. Auch der Marsch durch die Straßen mit dem neuen Herrscher am Montag früh brachte demselben viele Ovationen ein.

Es war diesmal ein heißes Ringen um den Preis gewesen, erst am 1/2 7 am Sonntag Nachmittag fiel der Meisterschuß und der Name des lücklichen Schützen flog von Mund zu Munde:
"Ihm winkt der Kranz, Trompeten-Ton, begrüßt den Schützenkönig schon".
So zog er unter schmetternden Fanfaren und brausendem Hurrah in die Halle ein.

Die Königswürde hatte, wie wir schon in voriger Nummer bekannt gaben, Herr Bankier Otto Geck errungen, welcher sich Fräulein Ida Gregory zur Königin erkor. Sehr freudig und herzlich gestaltete sich auch der jedesmalige Empfang des Herrscherpaares bei seinem gemeinsamen Einzug zum Thron, was wohl den Höhepunkt der festlichen Stunden bildete, die auch durch manche kraftvolle Rede verschönt wurden.
Herr Ziegeleibesitzer Otto Wirth gedachte am Sonntag Nachmittag nach Rückkehr des Festzuges zunächst in markigen Wortes unseres Kaisers. Die patriotische Bedeutung der Schützenvereine, die sie im Mittelalter hatten, bestehe auch heute noch und müsse gerade in unseren Tagen besonders hervorgehoben werden. In Treue ständen die Schützen zu Kaiser und Reich, sowohl gegen den äußeren Feind als auch nicht zum wenigsten gegen den inneren. An das mit Begeisterung aufgenommene Kaiserhoch reihte sich der Gesang der Nationalhymne.

Nachdem am Sonntag Abend die feierliche Krönung des neuen Königspaares erfolgt war, wurde dem vorjährigen König, Herrn Gärtner Fritz Tiemann, inanbetracht dessen, daß er schon zum zweitenmale diese hohe Würde bekleidet hatte, ein silberner Pokal und ein besonderes Ehrenabzeichen überreicht. Der also Gefeierte dankte mit bewegten Worten den hochverehrten Schützen und dem Schützenvorstand für das ihm im Namen des Vereins gewordene Geschenk, das er als eine besondere Ehre empfinde und das er stets in Ehren halten werde. Es sei nicht sein Wille gewesen, zum zweiten Mal König zu werden, sondern der Zufall habe es gewollt. Mit der Aufforderung, den Schützenverein, einen der ältesten unserer Vereine, in dem sich Jung und Alt, Reich und Arm freuen könnten, stets zu fördern und zu unterstützen, auf daß er wachse, blühe und gedeihe, schloß der Redner. Sein Hoch auf den Verein fand donnernden Widerhall im festlichen Raume, der, wie bei dieser Gelegenheit erwähnt sei, durch Herrn Gärtner Laas eine recht geschmackvolle Ausschmückung erfahren hatte. So waren unter anderem die Säulen der Halle mit einem Stoff in den Stadtfarben, blau-gelb, umwunden.

Beim Festessen am Montag Mittag sprach im Namen der neuen Majestät der Hofmarschall derselben, Herr Referendar Falk, den zündenden Kaisertoast. Während der Feier am Abend brachte Herr Brennereibesitzer Wuppermann dem früheren bewährten ältesten Schützenvater und jetzigem Ehrenmitgliede, Herrn Fabrikant Meuser, der auch schon in der Morgenfrühe mit einem Ständchen der Husarenkapelle überrascht worden war, ein donnerndes Hoch dar und Herr Stadtsekretär Hermens ließ das Schützenfest leben, das mitten im Wahlkampfe seinen Teilnehmern einige schöne Stunden der Erholung und ungetrübter Freude gewähre.

Das Konzert an beiden Festtagen erfreute sich unter der gediegenen Leitung des Herrn Kgl. Musikdirigenten A. Lehmann allseitiger Anerkennung und wirkte auf die allgemeine Stimmung äußerst belebend. Der wiederholt rauschende Applaus, der der Kapelle gespendet wurde, veranlaßte dieselbe noch zu mancher dankenswerten Zugabe. Im Anschluß hieran sei auch noch des wackeren Jugend-Trommlerkorps, das die Festzüge begleitete, rühmend gedacht, die Jungens machten ihre Sache vortrefflich.

Beide Festabende schlossen mit glänzenden Bällen ab, namentlich am Montag war die Beteiligung riesig; wohl an die 300 Paare gestalteten die Polonaise, die sich auch über den sein frohes Leben und Treiben niemals verleugnenden Festplatz in langer Windung bewegte, zu einer imposanten Kundgebung für das Wohlbefinden, das die Mitglieder und Gäste unseres Schützenvereins in seinem Schoße finden, wozu übrigens auch die gute und flotte Bewirtung durch Herrn Ad. Menschel und seine Mannen gleichfalls ihr wesentliches Teil beitrug.

Sein Schützenfest hat Plettenberg wieder einmal gehabt, wir schließen mit dem Rufe: "Es lebe das nächste!" Zur Nachfeier unternahm am Dienstag Nachmittag der neue Hof bei schönstem Wetter eine Tour per Dampfroß nach Werdohl, während der alte Hof gleichzeitig einen Ausflug zu Wagen über Finnentrop nach Attendorn und dem Schnellenberg und zurück über Dankelmert machte.