Quelle: WR Plettenberg vom 10.11.2004

Archivar und früherer "Dorfschulmeister" feiert "70."

Plettenberg. (HH/mau) Originale werden seltener. Martin Zimmer ist ein Original, bekannt wie jener "bunte Hund" und ein sehr beliebtes obendrein. Heute, Mittwoch, feiert der frühere "Dorfschulmeister" an der Grundschule Ohle und leidenschaftliche Archivar - dank der "Pflege" durch seine liebe Gattin Helga bei guter Gesundheit und gewohnt bester Laune - seinen 70. Geburtstag.

Seit über 27 Jahren wirkt Zimmer als Archivar der Stadt Plettenberg. In Stadtarchiv-Gästebüchern - ein "Who is Who" der Plettenberger Heimatfreunde weltweit - ist festgehalten, dass Tausende von Besuchern Martin Zimmers lebendige und verständliche Darstellung der Geschichtsquellen im Archiv erfreut hat, dass Spaß und Engagement an der Erforschung der eigenen Geschichte an viele Menschen weitergegeben wurde.

Im Mai 1977 begann die oft unverändert feuchte, meist aber feuchtfröhliche neuere Archivgeschichte im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma H.B. Seissenschmidt an der Grünestraße. Hier standen dem Archiv durch die Förderung des damaligen Stadtdirektors Dr. Wellmann erstmals eigene Räume zur Lagerung, Erfassung und Präsentation der Plettenberger Archivalien zur Verfügung. Heute kaum glaublich: mit 60 Quadratmetern musste Martin Zimmer auskommen.

Damals übernahm er die Urkunden und Aktenbestände der Stadt, die bis 1960 im Keller des Alten Rathauses, dann im Keller der Grundschule Holthausen gelagert wurden. 1961 hatte eine Überschwemmung des Schulkellers nicht nur unersetzliche Negativ-Glasplatten, sondern auch Aktenbestände vernichtet oder stark beschädigt. Diesen teilweise maroden Bestand zu sichten, zu ordnen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, war Martin Zimmers Aufgabe.

In Schlesien geboren
Wie sein Vorgänger Albrecht von Schwartzen (gebürtiger Remscheider) ist auch Martin Zimmer kein gebürtiger Plettenberger. Auf den Tag genau vor 70 Jahren wurde er in Grünberg/Schlesien geboren. In der Geschichte der Stadt war es oft genug auswärts geborenen Mitbürgern vorbehalten, die Plettenberger auf ihre Herkunft, ihre Geschichte und ihre Tradition hinzuweisen. Das tat Martin Zimmer ab Mai 1977 in außergewöhnlicher Weise.

"Ich hatte Heimweh nach den Akten, man kann auch sagen nach den Fakten", schrieb der verstorbene frühere Heimatkreis-Vorsitzende Klaus Menschel nach einem Besuch des Stadtarchivs ins Gästebuch. "Des Archivares Tinte war La Pinte", zeigte Peter Krasemann 1980 die besondere Atmosphäre auf, die Martin Zimmer zwischen Aktenstapeln, Diavorträgen und urtümlicher Rotweinkaraffe (ehemaliger Essig-Portionierer aus "Lalla" Röwenstrunks Laden) und vielen Anekdötchen aus der Stadtgeschichte zu verbreiten wusste. "Je öfter ich herkomme, desto größer wird die Gefahr, dass ich mich festlese", stellte nicht nur Diethelm von Legat fest.

Unermüdliche Archivarbeit war das eine. Überdies nahm sich Zimmer stets die Zeit, als Gastgeber für VHS-Kurse, SGV-Abteilungen, Schulklassen, Heimatkreise, Gruppen, Vereine oder Firmenvertreter leicht verständlich, aber wissenschaftlich fundiert Auskunft über Geschichte und Geschichten aus Plettenberg zu geben.

Darüber hinaus organisierte Zimmer Archivausstellungen. 1988 sorgte er für eine überregional sehr beachtete Ausstellung "Erinnerung an jüdische Mitbürger", veröffentlichte in mehreren Folgen die Geschichte der Plettenberger Fremdarbeiter (ein Hamburger Professor bot ihm für dieses Thema die Möglichkeit zur Promotion an), forschte noch vor der Wende im Staatsarchiv Merseburg in den dort liegenden Plettenberger Original-Akten, hielt unzählige Vorträge über "Plettenberg unter Tage", lud zigfach zu einem "Spaziergang durch Alt-Plettenberg" ein oder half dem damaligen DDR-Schriftsteller Wolfgang Kellner bei der Spurensuche für ein neues Buch. Zahlreiche Universitäten bedankten sich bei ihm für erfolgreiche Quellensuche.

Vielfach geehrt
Aus dem ehemaligen Seissenschmidt-Bürogebäude zog Zimmer samt Archiv am 10.10.1983 in den Keller der Zeppelinschule (160 qm) um. Dort standen Teile der Archivalien am 14. August 1984 und erneut am 17. Juni 1986 unter Wasser. War 1988 zunächst ein Umzug ins Verwaltungsgebäude am Umlauf vorgesehen, konnte Martin Zimmer 1989 mit "seinem" Archiv ein drittes Mal umziehen: ins Alte Rathaus an der Bahnhofstraße, dem heutigen Standort. "Dreimal umziehen ist wie einmal abgebrannt" - die Volksmundweisheit galt, Gott und Zimmer sei Dank, nicht für das Archiv.

Für sein Wirken als Stadtarchivar sowie seinen vielfältigen weiteren Einsatz zum Wohl der Allgemeinheit wurde Martin Zimmer mehrfach ausgezeichnet. Er war 1979 Plettenbergs "Bürger des Jahres", bekam 1997 die Ehrenmedaille der Stadt und 1999 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen. Der Lehrer im Ruhestand (1.4.1963 - 12.7.1995 an der Grundschule Ohle tätig) und Vater von vier längst erwachsenen Kindern betreut inzwischen auch die Kirchenarchive in Ohle und Plettenberg. Als großer Naturfreund und SGVer genießt Zimmer als Hobbys u.a. ausgedehnte Paddeltouren mit dem Kanu sowie Forschergänge in heimischen Höhlen.

Die Redaktion der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU wünscht ihrem Freund und verlässlichen Partner in allen Fragen zur Stadtgeschichte alles Gute und Gesundheit zum Geburtstag - und auf dass er seinen ausgeprägten Humor bewahre!


September 2002
Von Horst Hassel

Plettenberg. Auf ein 25-jähriges Wirken als Archivar der Stadt Plettenberg kann Martin Zimmer in diesen Tagen zurückblicken. In mehreren Stadtarchiv-Gästebüchern - ein "Who is Who" der Plettenberger Heimatfreunde weltweit - ist festgehalten, dass Tausende von Besuchern Martin Zimmers lebendige und verständliche Darstellung der Geschichtsquellen im Archiv erfreut hat, dass Spaß und Engagement an der Erforschung der eigenen Geschichte an viele Menschen weitergegeben wurde.

Im Mai 1977 begann die oft unverändert feuchte, meist aber feuchtfröhliche neuere Archivgeschichte im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma HB Seissenschmidt an der Grünestraße. Hier standen dem Archiv durch die Förderung des damaligen Stadtdirektors Dr. Wellmann erstmals eigene Räume zur Lagerung, Erfassung und Präsentation der Plettenberger Archivalien zur Verfügung. Heute kaum glaublich: mit 60 Quadratmetern musste Martin Zimmer auskommen.

Damals übernahm er die Urkunden und Aktenbestände der Stadt, die bis 1960 im Keller des alten Rathauses, dann im Keller der Grundschule Holthausen gelagert wurden. 1961 hatte eine Überschwemmung des Schulkellers nicht nur unersetzliche alte Negativ-Glasplatten, sondern auch zahlreiche Aktenbestände vernichtet oder stark beschädigt. Diesen teilweise maroden Bestand zu sichten, zu ordnen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, war Martin Zimmers Aufgabe.

Wie sein Vorgänger Albrecht von Schwartzen (gebürtiger Remscheider) ist auch Martin Zimmer kein gebürtiger Plettenberger (er wurde in Grünberg/Schlesien geboren). In der Geschichte der Stadt war es oft genug auswärts geborenen Mitbürgern vorbehalten, die Plettenberger auf ihre Herkunft, ihre Geschichte und ihre Tradition hinzuweisen. Das tat Martin Zimmer ab Mai 1977 in außergewöhnlicher Weise.

Zunächst widmete er sich der Säuberung, Zwischenlagerung und Erfassung von Akten, Protokollbüchern, Urkunden, Fotografien etc.. Dann erstellte er ein Inventarverzeichnis, das erstmals die gezielte Suche nach Quellen in dem Bestand des Stadtarchivs ermöglichte. Im Zuge der Sichtung der Bestände tauchten Akten des alten Amtes Plettenberg (bestand bis 1941) auf, fanden sich andrerseits keinerlei Akten der Stadt aus den Jahren 1941 bis 1945. Dafür entdeckte Martin Zimmer auf dem Dachboden des Amtshauses eine Kartei mit den Namen von über 2000 Zwangsarbeitern.

"Ich hatte Heimweh nach den Akten, man kann auch sagen nach den Fakten," schrieb Heimatkreis-Vorsitzender Klaus Menschel nach einem Besuch des Stadtarchivs ins Gästebuch. "Des Archivares Tinte war La Pinte," zeigte Peter Krasemann 1980 die besondere Atmosphäre auf, die Martin Zimmer zwischen Aktenstapeln, Diavorträgen und urtümlicher Rotweinkaraffe (ehemaliger Essig-Portionierer aus "Lalla" Röwenstrunks Laden) und vielen Anekdötchen aus der Stadtgeschichte zu verbreiten wußte. "Je öfter ich herkomme, desto größer wird die Gefahr, dass ich mich festlese," stellte nicht nur Diethelm von Legat fest.

Unter ständiger Rücksprache mit Dr. Conrad vom Westfälischen Archivamt ordnete Martin Zimmer das Archiv, sortierte Akten in Hunderte von Archivkästen ein, legte auf zig Schreibmaschinenseiten Inventarlisten an und fand noch Zeit, als Gastgeber für VHS-Kurse, SGV Abteilungen, Schulklassen, Heimatkreise, Gruppen, Vereine oder Firmenvertreter leicht verständlich, aber wissenschaftlich fundiert, Auskunft über Geschichte und Geschichten aus Plettenberg zu geben.

Darüberhinaus organisierte Zimmer zahlreiche Archivausstellungen im Rahmen der Plettenberger Wochen, sorgte 1988 für eine überregional sehr beachtete Ausstellung "Erinnerung an jüdische Mitbürger", veröffentlichte in mehreren Folgen die Geschichte der Plettenberger Fremdarbeiter (ein Hamburger Professor bot ihm für dieses Thema sogar die Möglichkeit zur Promotion an), forschte noch vor der Wende im Staatsarchiv Merseburg in den dort liegenden Plettenberger Original-Akten, hielt unzählige Vorträge über "Plettenberg unter Tage", lud zigfach zu einem "Spaziergang durch Alt-Plettenberg" ein oder half dem damaligen DDR-Schriftsteller Wolfgang Kellner bei der Spurensuche für ein neues Buch. Zahlreiche Universitäten bedankten sich bei ihm für eine erfolgreiche Quellensuche.

Aus dem ehemaligen HB Seissenschmidt-Bürogebäude zog Martin Zimmer samt Archiv am 10.10.1983 in den Keller der Zeppelinschule (160 qm) um. Dort standen Teile der Archivalien am 14. August 1984 und am 17. Juni 1986 erneut unter Wasser. War 1988 zunächst ein Umzug in das Verwaltungsgebäude am Umlauf vorgesehen, konnte Martin Zimmer dann 1989 mit seinem Archiv ein drittes Mal umziehen: in das alte Rathaus an der Bahnhofstraße, dem heutigen Standort. "Dreimal umziehen ist wie einmal abgebrannt," - die Volksmundweisheit galt, Gott und Martin Zimmer sei Dank, nicht für das Archiv.

Für sein Wirken als Stadtarchivar sowie seinen vielfältigen weiteren Einsatz zum Wohl der Allgemeinheit wurde der Martin Zimmer mehrfach ausgezeichnet. Er war 1979 Plettenbergs "Bürger des Jahres", bekam 1997 die Ehrenmedaille der Stadt und 1999 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen. Der Lehrer im Ruhestand betreut inzwischen auch die Kirchenarchive in Ohle und Plettenberg.


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