Quelle: WR Plettenberg vom 08.09.2007
Hans Schulte seit 40 Jahren Betriebsratsvorsitzender
Von Horst Hassel
Plettenberg. Ein ungewöhnliches und vermutlich einmaliges Jubiläum feiert in diesen Tagen Hans Schulte (68) bei der Firma Albert Hiby: Seit 40 Jahren ist er Betriebsratsvorsitzender, seit vier Jahrzehnten sitzt er an der Nahtstelle zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und den finanziellen und sozialen Wünschen der Arbeitnehmer.
Im Alter von 14 Jahren hatte Hans Schulte bei der Firma Hiby eine Lehre als Dreher begonnen. Neben der beruflichen Fortbildung (z.B. Programmierung von CNC-Maschinen) interessierte sich Hans Schulte auch für die Gewerkschaftsarbeit und nahm an vielen Schulungen teil. Seine soziale Ader entwickelte Schulte parallel dazu auf kirchlicher Ebene weiter - bei der KAB von St. Laurentius. Als der damalige Betriebsratsvorsitzende Kurt Fuhrmann überraschend sein Amt zur Verfügung stellen musste, wählten die rund 75 Hiby-Mitarbeiter Hans Schulte in den Betriebsrat und "machten" ihn gleich zum neuen Betriebsratsvorsitzenden.
Das gute Verhältnis zur Firmenleitung, der Familie Hiby, kam nicht von ungefähr, denn Schultes und Hibys waren Nachbarn. Im Unternehmen Hiby existierte schon seit den 1920er Jahren ein Betriebsrat; es wurde also schon sehr früh den Arbeitnehmerinteressen ausreichend Gewicht gegeben. Als Thomas Hiby, der derzeitige Firmenchef, 1973 in den Betrieb eintrat, war Hans Schulte schon seit sechs Jahren Betriebsratsvorsitzender. "Wir mussten uns nicht erst kennenlernen", sagt Hans Schulte. Und Thomas Hiby gesteht gerne ein, dass "er mich in den Anfangsjahren unterstützt und über den Betriebsrat aufgeklärt hat". Man sei aufeinander zugegangen.
Warum Firmenleitung und Betriebsrat immer gut miteinander ausgekommen sind, formuliert Thomas Hiby so: "Probleme, die wir im Betrieb haben, können wir auch nur im Betrieb lösen. Sonst spielt die Politik mit rein, und dadurch kriegen wir die Kuh nicht vom Eis!" Das sah und sieht Hans Schulte genauso. Wenn Änderungen im Betrieb anstanden, wurden sie zunächst mit dem Betriebsrat besprochen. Hans Schulte als Betriebsratsvorsitzender verstand sich dabei immer als "Teamchef", die Kollegen, auch Fachkollegen, die nicht Mitglied im Betriebsrat waren, wurden hinzugezogen.
So manches graue Haar hat Hans Schulte verloren, als "Arbeitszeitkonten" und 1995 die Gruppenarbeit im Betrieb eingeführt werden sollten. Er machte sich sachkundig, schaute sich bei VW in Wolfsburg um, informierte sich bei der Gewerkschaft und fand einen für die Mitarbeiter gangbaren Weg. "Heute wollen die das alle nicht mehr missen", sagt Hans Schulte, der Hilfe auch von seinem Sohn, einem Juristen, bekam. Seine Offenheit, seine Flexibilität, seine Hilfsbereitschaft im menschlichen Bereich, die ihm den Beinamen "Pastor Schulte" einbrachte, fand Anerkennung sogar beim Arbeitgeberverband. Der lud ihn als ersten Gewerkschaftsvertreter zu einer Schulung der Arbeitgeber ein!
Also immer Friede, Freude, Eierkuchen im Familienbetrieb Hiby? Nein, gestreikt wurde bei Hiby zwar nie, aber es kam einmal in der Firmengeschichte zu einer spontanen Arbeitsniederlegung, als die Firmenleitung eine Zeit- und Leistungsaufnahme in der Produktion anordnete. Im Rückblick war das "viel Lärm um das Notwendige". Der Betriebsrat war umd ist in alle Entscheidungsprozesse eingebunden. Stolz ist Hans Schulte darauf, dass bei Hiby immer ausgebildet wurde und wird. Die heute rund 100 Mitarbeiter feiern, wie das bei Familien(-betrieben) so ist, Grillpartys und Feste, es gibt ein Rentnertreffen, Kranke werden besucht, eine Betriebszeitung "Hiby Info" informiert über die Firmengruppe.
Derzeit steht die Arbeit am "ERA" an, am Entgeltrahmenabkommen. Auch bei Hiby stehen die Mitarbeiter - wie überall - unter dem Druck einer notwendig wachsenden Produktivität, will man im Wettbewerb mithalten. Betriebsratsvorsitzender Hans Schulte wird seine Lebenserfahrung, sein Betriebsratswissen und seine christliche Überzeugung weiter einbringen, Kollegen und Geschäftsleitung zur Seite stehen.
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