Quelle: WR Plettenberg vom 15.11.2007
Stolpersteine bald auch in Plettenberg?
Von Marlis Denkert
Plettenberg. Man tritt sie mit Füßen, kann sie übergehen, aber nicht übersehen: "Stolpersteine" könnten ab Sommer nächsten Jahres beim Stadtbummel an die Opfer des schrecklichen nationalsozialistischen Terrors erinnern.
Bürgermeister Klaus Müller signalisierte im Gespräch mit der WR bereits, dass er diese Idee, Erinnerung sinnlich nachvollziehbar zu machen, positiv sieht und in der Kulturausschuss-Sitzung am heutigen Donnerstag vorstellen will. Einen entsprechenden Antrag auf "Genehmigung für das Verlegen von Stolpersteinen im öffentlichen Raum" hat die Plettenbergerin Anne Schulte-Lefebvre bei der Stadtverwaltung gestellt.
Gestern erreichte die WR Anne Schulte-Lefebvre in ihrem Büro bei der Administration der Schweizer Börse in Zürich, wo sie seit ihrer Heirat lebt. Geboren und aufgewachsen sind sie und ihr Bruder Jörg Schulte auf dem Hof Huxholl in Himmelmert. Hierhin war die Russin Nadeschda Tatarinova von 1942 bis 1945 als Zwangsarbeiterin verpflichtet worden. Vor einiger Zeit hatten Anne Schulte-Lefebvre und ihr Bruder die 72-Jährige zu einem Wiedersehen nach Plettenberg eingeladen. Dieser bewegende Besuch war ebenso ein Anlass, sich intensiver mit der Stadtgeschichte unter dem Nazi-Terror zu beschäftigen, wie der damit verbundene Besuch im Stadtarchiv, die Lektüre der Stadtgeschichte "Von Menschen, Mitläufern und Machthabern". Dazu kamen Erzählungen der Mutter von Anne, die Klassenkameradin der im Geschichtsband erwähnten Jüdin Gertrud Sakum war. Ein Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz führte letztendlich zum Antrag an die Plettenberger Verwaltung.
Der Entscheidung über den Antrag und dem Verhalten der Plettenberger Bürger dazu sieht Anne Schulte-Lefebvre gespannt entgegen. "Nicht immer werden die Stolpersteine einfach so akzeptiert." Ein solches Beispiel: Da weigerten sich andernorts die Nachfahren von Metzgern, die nach dem "Verschwinden" der einstigen jüdischen Besitzer die Metzgerei günstig erworben hatten, vor ihrem Geschäft einen erinnernden Stolperstein legen zu lassen... das sei "geschäftsschädigend". Die engagierte Plettenbergerin, übrigens Mitglied des Heimatkreises, hofft, dass man hier vor Ort sowohl mit der guten als auch mit der schlechten historischen und menschlichen Vergangenheit zu leben weiß: "Das gehört doch alles zu einem wahren Geschichtsbild."
Das Projekt Stolpersteine (www.stolpersteine.com) ist deutschlandweit inzwischen in 270 Gemeinden mit rund 12 500 Steinen aus Messing, die an entsprechenden Orten ins Pflaster eingelassen werden, realisiert worden. Am 3. November 2007 hat der Künstler Gunter Demnig Stolpersteine in Siegen, Eiserfeld, Weidenau und Bad Laasphe verlegt. In der Region sind bereits Mahnsteine in Soest, Iserlohn und Attendorn vorhanden. In Hilchenbach ist die Verlegung vom Rat bereits genehmigt.
Anne Schulte-Lefebvre selbst möchte, falls es auch in Plettenberg ein Ja für die Stolpersteine geben sollte - und darauf setzt die Plettenbergerin -, gerne die Kosten je eines Steines für die in Auschwitz "verschwundenen" Johanna und Hugo Neufeld übernehmen.
Wie die Antragstellerin bereits erfahren hat, sind auch noch andere Heimatkreis-Mitglieder zur Übernahme einer Stein-Patenschaft bereit. Sicherlich werden sich hier vor Ort viele wirklich Geschichtsbewusste Menschen als "Stein-Paten" anschließen. Die WR berichtet weiter.
INFO
• Ein Stolperstein kostet 95 Euro. Enthalten sind die Kosten für Vorbereitung, Herstellung (aus Messingmaterial) und Verlegung.
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