Quelle: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes, Nr. 2, Werdohl,
Anfang April 1930, 6. Jahrgang
Carl Friedrich Wilhelm Schirmer (1804-1875)
Seine Tätigkeit in seinem Berufe war die Veranlassung, dass er 1802 als
Forstmeister nach Altenkirchen berufen wurde. Dort hat er in glücklicher,
anerkannter Tätigkeit, im Kreise wohltuender Häuslichkeit und in angenehmer
Geselligkeit sich sehr wohl gefühlt. 1816 wurde er als Regierungs- und
Forstrat an die neu errichtete Regierung in Koblenz versetzt. Im vorgerückten
Alter erhielt er seine Versetzung nach Köln, wo ihm auch der Titel "Wirklicher
Oberforstmeister" und der "Rote Adler-Orden 4. Klasse" verliehen wurden,
ein Beweis dafür, wie sehr seine Vorgesetzten mit seiner Tätigkeit zufrieden
waren. Die letzten 6 Jahre seines Lebens verbrachte er in wohlvedientem
Ruhestande und wählte sich zum Wohnort Deutz. Hier lebte er nur für seine
Familie und die wenigen ihm noch gebliebenen Freunde.
Die Erziehung seiner Kinder leitete er mit größter Sorgfalt und einer
Mischung von Ernst und Freundlichkeit, die den Kindern sehr heilsam
gewesen ist und an deren schönen Früchten er sich im Alter erfreuen durfte.
Der jüngste Sohn schlug des Vaters Laufbahn ein und war bei dessen Tod
Stollbergischer Forstmeister; der älteste diente damals als Major in
Düsseldorf, und der zweite war als Richter in Köln tätig.
Der am 6. November 1804 in Altenkirchen geborene Carl Friedrich Wilhelm
Schirmer war der dritte Sohn Heinrich Christoph Schirmers. Dieser erhielt
den ersten Unterricht in seinem Geburtsort. Nachdem der Vater nach Koblenz
versetzt worden war, besuchte Carl Friedrich Wilhelm von 1816 - 1824 das
dortige Gymnasium. Diese Zeit stand unter den Nachwirkungen der Befreiungskriege
und des neu erwachenden Glaubenslebens und bestärkte ihn in seinem Entschluss,
Theologie zu studieren. Deshalb bezog er 1824 die Universität zu Bonn.
Die Erinnerung an jene schöne Zeit erhob ihn in späterem Alter noch zu
jugendlicher Begeisterung. Hier schloss er manche Freundschaft mit
Gesinnungsgenossen fürs ganze Leben. Unter seinen Freunden waren viele, die
später an hervorragender Stelle im Dienste des Vaterlandes standen. 1828
bestand er vor dem Konsistorium in Koblenz das erste theologische Examen.
Bald danach übernahm er die Rektorstelle in Herdecke. 1829 unterzog er sich
der zweiten theologischen Prüfung in Münster und bewarb sich um die erledigte
lutherische Pfarrstelle zu Plettenberg, in die er dann auch berufen wurde.
Schon am 1. November 1829 holte ihn die Gemeinde in festlichem Zuge von Werdohl
ab nach Plettenberg. Am 6. November fand seine Ordination und Einführung als
Nachfolger des verstorbenen Pastor Schlieper durch den Superintendenten
Keßler aus Werdohl statt.
In der Gemeinde Plettenberg bestanden eigenartige kirchliche Verhältnisse,
denn die nicht viel über 200 Seelen umfassende reformierte Gemeinde und die
ungefährt zehnmal so große lutherische Gemeinde benutzten abwechselnd dieselbe
1345 erbaute Kirche. Bis zum Jahre 1809 waren die Lutherischen von zwei
Pastoren bedient worden. Dann aber hatte die französische Regierung das
Eingehen der zweiten Pfarrstelle verfügt. Schirmers Arbeit in der großen
Gemeinde wurde noch dadurch wesentlich erschwert, dass fast sämtliche
Einwohner der neuen und zum Teil recht weit abliegenden und nur auf schlechten
Wegen zu erreichenden Bauerschaften zu seiner Gemeinde gehörten. Für sein
Amt brachte er reiche Geistesgaben und ein weiches Herz mit.
Es gelang ihm, einen heilsamen Einfluss auf die Gemeinde auszuüben und
gesunden kirchlichen Sinn zu fördern. Auf seine Veranlassung wandte sich
das Presbyterium 1834 an den Bürgermeister mit der Bitte, das Schnapstrinken
während des Gottesdienstes polizeilich zu verbieten. 1839 erhob Schirmer
den Vorwurf, einige der neu gewählten Repräsentanten hätten im Jahr nur
vier- bis fünfmal die Kirche besucht. Allmählich besserten sich die Zustände
in der Gemeinde, so dass im Jahre 1841 über dieselbe berichtet werden konnte,
"die Gemeinde nimmt am Gottesdienste fleißig teil, das Heilige Abendmahl
wird in Ehren gehalten".
Auch den kirchlichen Gebäuden wandte er seine Sorgfalt zu; daher wurden 1842
Dach und Turm der Böhler Kapelle gründlich erneuert und 1875 die Kirche für
1.740 Taler neu verputzt.
In Plettenberg bestand neben einer zweiklassigen lutherischen eine einklassige
reformierte Schule, deren Vereinigung zu einer leistungsfähigeren dreiklassigen
Schule auf seine Veranlassung 1853 durchgeführt wurde. Er besaß die Gabe, zu
organisieren, Schwierigkeiten zu beseitigen und die Gegensätze auszugleichen,
was sich bei der Regelung der Schulverhältnisse in den Bauerschaften Pasel,
Eiringhausen und Böddinghausen zeigte.
Sein gewandtes Auftreten, seine geistreiche Rede- und Schlagfertigkeit verschafften
ihm auch Ansehen in den obersten Verwaltungsstellen. 1839 bestimmte ihn der
Oberpräsident Freiherr Vincke, als Sprecher einer Abordnung den damaligen Kronprinzen
und späteren König Friedrich Wilhelm IV., bei seinem Besuch in Altena, um
Befürwortung des Baues der Lennestraße von Altena bis Pasel zu bitten. Als
1840 die Verlegung des Gerichtes von Plettenberg verfügt worden war, entsandten
Stadt und Amt ihn nach Berlin, und seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass
das Gericht nicht verlegt wurde. Für seine segensreiche Tätigkeit in seinem
Pfarramt und darüber hinaus wurde ihm die staatliche Anerkennung durch Verleihung
des Roten Adlerordens zuteil.
Sein Familienleben war ein vielbewegtes. Seine erste Gemahlin Karoline Thomee -
eine Plettenbergerin - mit der er seit 1830 verheiratet war, starb schon 1832
und bald danach auch das von ihr hinterlassene Söhnlein. 1837 vermählte er sich
mit dem Freifräulein Luise von Plettenberg-Schwarzenberg. Die meistend er aus
dieser Ehe geborenen Kinder starben im jugendlichen Alter. Dann riß der Tod auch
die Gattin von seiner Seite. Von den beiden ihm verbliebenen Söhnen wurde der
älteste Amtmann des Amtes Plettenberg. Zusammen mit diesem und seinem ältesten
Bruder, dem pensionierten Generalmajor Heinrich Schirmer, verlebte er die letzten
zehn Jahre seines Lebens. Besonders war ihm sein jüngster Sohn ans Herz gewachsen.
Dieser wurde für seinen Einsatz in dem Kriege 1866 mit dem Kronenorden geehrt
und berechtigte zu großen Hoffnungen. Darum war es dem Vater überaus schmerzlich,
dass dieser am 16. August 1870 bei Mars-la-Tour als Regimentsadjutant im
Infantrie-Regiment 56 den Heldentod erlitt.
Der Verlust dieses so sehr geliebten Sohnes schmerzte Schirmer so sehr, dass
seine Kräfte allmählich abnahmen. Es bildete sich bei ihm Darmkrebs, der ihm
wochenlang unsägliche Schmerzen bereitete, bis ihn am 10. Februar 1876 der Herr
durch einen sanften Tod erlöste.
Die Beerdigung fand am 14. Februar statt. Von seinen Freunden redeten am Sarge
Pfarrer Daniel aus werdohl und in der Kirche Pfarrer Spiritus von Lüdenscheid.
Ruhestätte der Familie Schirmer
Auf dem Grabstein der Familie Schirmer auf dem Böhler Friedhof finden sich folgende Eintragungen:
Meiner unvergesslichen Caroline Schirmer geb. Thomee und unserem lieben
Robert, den frühe vollendeten in der Hoffung eines baldigen und fröhlichen
Wiedersehens! Des hinterlassenen Gatten und Vaters einsam weinende Liebe.
An der rechten Seite der Steele:
An der linken Seite der Steele:
Hier ruhen ferner:
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