Quelle: WR Plettenberg vom 13.10.2012

Zwischen Streithähnen schlichten
Nach 22 Jahren ehrenamtlicher Arbeit als Schiedsmann geht Franz Scharwächter


Nachbarschaftsstreitigkeiten können häufig durch den Einsatz einer Schiedsperson beglichen werden. Foto: Dirk Bauer

Plettenberg. „Schlichten statt richten!“ ist seit mittlerweile 22 Jahren der Grundsatz von Schiedsmann Franz Scharwächter. Weil seine Hüfte nicht mehr mitmacht, wird er dieses Ehrenamt aufgeben. „Ich habe die Nerven auch nicht mehr“, schmunzelt er nicht ganz ernst gemeint.

In mehr als zwei Jahrzehnten als Schiedsmann hat Scharwächter natürlich viel erlebt. Dabei ist er sich all die Jahre treu geblieben: „Ruhig argieren, zuhören, in die Thematik eindenken und schnell Vorschläge machen, so habe ich schon immer gehandelt“, erzählt der 65-Jährige. „Wenn es mal laut wurde, habe ich den ,Streithähnen’ direkt einen Riegel vorgeschoben.“ Durch seine Ruhe und Klarheit kann er am Ende seiner Dienstzeit eine bewundernswerte Bilanz aufweisen: Rund 50 Prozent der Fälle konnte Scharwächter durch seine besonnene Art der Vermittlung lösen – und somit die Gerichte entlasten. Bei fast allen seiner Schlichtungen ging es um Nachbarschaftsstreitigkeiten, „also um den klassischen Streit um den Maschendrahtzaun“.

280 000 Euro Gerichtskosten
Bei fünf bis sechs Fällen pro Jahr hat der gelernte Kfz-Meister einige kuriose Schlichtungsversuche erlebt: „In einem Fall hat der Antragsgeber sein Grundstück ganze drei Mal vermessen lassen, bis er einsah, dass die Grenzen so stimmen – größer wurde das Grundstück dadurch übrigens nicht“ schmunzelt der Plettenberger über die kostspielige Sturheit des Mannes. „Auch als ich hörte, dass ein Gerichtsverfahren wegen eines Nachbarschaftsstreit insgesamt 280 000 Euro gekostet hat, habe ich mir an den Kopf gefasst“, blickt Franz Scharwächter zurück.

In einem weiteren außergewöhnlichen Fall wurde dem Schiedsmann eine dreiste Lüge aufgetischt: „Ein Antragsgeber erklärte, dass seine grundstücksbegrenzenden Tannen 2,50 Meter hoch seien. Als ich nachgemessen habe, waren sie ganze 6 Meter hoch!“, war Scharwächter damals entsetzt von der Lüge. „Glücklicherweise wurde ich sonst kaum belogen.“

Machtlos war der 65-Jährige allerdings bei einem Fall, bei dem sich die Ehefrauen der „Streithähne“ als zerstrittene Schwestern erwiesen. „Es gibt keine Schlichtung, wenn nicht beide einen halben Schritt zurückgehen.“

Häufig den Anwalt im Gepäck
Nach den 22 Jahren als Streitschlichter zieht Franz Scharwächter eine positive Bilanz seiner Tätigkeit: „Ich würde es jederzeit wieder tun, vor allem die Erfolgserlebnisse gaben mir neue Kraft. Wenn sich die beiden Parteien am Ende die Hände reichen ist alles gut.“ Die Streitfälle seien übrigens nicht mehr oder heftiger geworden, aber mittlerweile kommen die Bürger häufiger mit einem Rechtsanwalt, so die Erfahrung des Schiedsmannes. Erfahrungsgemäß mehr Streitfälle gibt es übrigens im Frühling und Herbst. Also Vorsicht!


Franz Scharwächter war 22 Jahre lang Schiedsmann. Foto: Florian Putz

INFO-Box
Stadt sucht neue Schiedsleute
- Die Stadt Plettenberg sucht ab März kommenden Jahres zwei neue Schiedspersonen.
- Interessenten sollten ihre schriftliche Bewerbung bis zum 31. Oktober an das Sachgebiet Kommunalverfassung senden.
- Die Schiedsperson muss bei der Wahl zwischen 30 und 70 Jahre alt sein und Wohnsitz im Schiedsamtsbezirk haben.
- Die vier Bezirke und ihre Schiedspersonen: Elsetal (Matthias Schröder), Nord (Franz Scharwächter), Oestertal und Stadtgebiet Südost (beide Edmund Balduin)
- Weitere Informationen unter: www.plettenberg.de – städt. Einrichtungen – Schiedswesen


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