Quelle: Süderländer Tageblatt vom 30.10.1975

Hebamme Prosser verhalf über 4.000 Kindern zum Leben
Frau Hedwig Prosser feiert ihr 40-jähriges Dienstjubiläum als Hebamme - Bei Wind und Wetter unterwegs

Plettenberg. Auf eine vierzigjährige Dienstzeit kann Frau Hedwig Prosser als Hebamme in Plettenberg zurückblicken. In den vier Jahrzehnten ihrer Tätigkeit verhalf sie in unserer Stadt über 4.000 Kindern zum Leben. Sie alle verdanken Frau Prosser, dass sie ihren ersten Schrei tun konnten und das Licht der Welt erblickten.


Frau Prosser fing am 1. Oktober 1935 nach bestandener Prüfung in Plettenberg als Hebamme an und arbeitete zunächst vier Wochen als Schwester im Krankenhaus bei Dr. Pleuger. Ihre Niederlassung als Hebamme erhielt sie am 1. November 1935. Im ersten Jahr ihrer Tätigkeit hatte sie bereits 59 Geburten. Die Zahl der Geburten stieg dann von Jahr zu Jahr. Die höchsten Geburtenzahlen waren in den Jahren von 1952 bis 1956.

Anfang der 1970er Jahre gingen dann die Geburten rapide zurück. Der sogenannte "Pillenknick" wirkte sich aus. Frau Prosser sagte, sie sei zu dieser Zeit oft tagelang im Kreissaal gewesen, ohne dass eine Geburt zu verzeichnen war. Zuvor waren es oft an einem Tag zehn Kinder, die das Licht der Welt erblickten. Eine große Zahl der Geburten macht heute die der Ausländer aus. Hausgeburten gibt es heute nur noch in den seltensten Fällen. Die werdenden Mütter bevorzugen die Entbindung in den Kliniken.

Neben ihrer eigenen Praxis versah Frau Posser auch Dienst in den Krankenhäusern in Plettenberg und in Lüdenscheid-Hellersen. In der Bommecke 9 hat die Hebamme auch eine eigene Praxis, in der die werdenden Mütter auf die schmerzarme Geburt vorbereitet werden. An diesen Kursen können die werdenden Mütter auf Überweisung des Arztes teilnehmen. Kurse dieser Art führt sie auch im Rahmen der Volkshochschule durch, desgleichen auch in Heggen. Um diese Kurse durchführen zu können, musste die Hebamme einige spezielle Prüfungen ablegen.

Viel Freud und Leid hat Frau Prosser in den vergangenen 40 Jahren während ihrer Tätigkeit erlebt. Sie hatte große Verantwortung zu tragen und stand oft mit dem Tod im Wettlauf. Doch immer blieb sie Sieger. Noch keine einzige Mutter ist während der Geburt gestorben. "Jede Geburt ist für mich ein glücklicher Augenblick", sagte sie im Gespräch mit dem "Süderländer Tageblatt". Sie weiß aber auch so manche hübsche Anekdote zu erzählen. Oft waren die Väter mehr hilfebedürftig als die Mütter und brauchten daher so manchen Schnaps. Aber auch schon unter Polizeischutz musste Frau Prosser ihres Amtes walten. Nicht selten kam es vor, dass die Hebamme für Kinder kochen musste, während die Mutter im Wochenbett lag. In einem Haus allein verhalf Frau Prosser 55 Kindern zum Leben.

Zehn Jahre lang fuhr die Hebamme mit dem Fahrrad zum "Einsatz" und später mit dem Motorroller. Einmal hatte sie nach einer Entbindung auf der Heimfahrt einen schweren Verkehrsunfall. Bei Wind und Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit war sie unterwegs. Wenn man nach Frau Prosser rief, dann kam sie auch. Sie sieht in ihrem Beruf gleichzeitig eine Berufung.

Aus Anlaß ihres Jubiläums wird der Amtsarzt des Märkischen Kreises Frau Prosser die Ehrenurkunde des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen überreichen. Den sicherlich zahlreichen Gratulanten schließt sich das "Süderländer Tageblatt" in herzlichster Weise an. Möge Frau Prosser noch lange Jahre segensreich in unserer Stadt ihr Amt versehen können.

düs (Hans Düsterer)


zurück