Quelle: Süderländer Tageblatt vom 30.10.1975
Hebamme Prosser verhalf über 4.000 Kindern zum Leben
Plettenberg. Auf eine vierzigjährige Dienstzeit kann Frau
Hedwig Prosser als Hebamme in Plettenberg zurückblicken. In den vier
Jahrzehnten ihrer Tätigkeit verhalf sie in unserer Stadt über 4.000
Kindern zum Leben. Sie alle verdanken Frau Prosser, dass sie ihren
ersten Schrei tun konnten und das Licht der Welt erblickten.
Anfang der 1970er Jahre gingen dann die Geburten rapide zurück.
Der sogenannte "Pillenknick" wirkte sich aus. Frau Prosser sagte,
sie sei zu dieser Zeit oft tagelang im Kreissaal gewesen, ohne
dass eine Geburt zu verzeichnen war. Zuvor waren es oft an einem
Tag zehn Kinder, die das Licht der Welt erblickten. Eine große
Zahl der Geburten macht heute die der Ausländer aus. Hausgeburten
gibt es heute nur noch in den seltensten Fällen. Die werdenden
Mütter bevorzugen die Entbindung in den Kliniken.
Neben ihrer eigenen Praxis versah Frau Posser auch Dienst in den
Krankenhäusern in Plettenberg und in Lüdenscheid-Hellersen. In
der Bommecke 9 hat die Hebamme auch eine eigene Praxis, in der
die werdenden Mütter auf die schmerzarme Geburt vorbereitet werden.
An diesen Kursen können die werdenden Mütter auf Überweisung des
Arztes teilnehmen. Kurse dieser Art führt sie auch im Rahmen der
Volkshochschule durch, desgleichen auch in Heggen. Um diese Kurse
durchführen zu können, musste die Hebamme einige spezielle
Prüfungen ablegen.
Viel Freud und Leid hat Frau Prosser in den vergangenen 40 Jahren
während ihrer Tätigkeit erlebt. Sie hatte große Verantwortung zu
tragen und stand oft mit dem Tod im Wettlauf. Doch immer blieb
sie Sieger. Noch keine einzige Mutter ist während der Geburt gestorben.
"Jede Geburt ist für mich ein glücklicher Augenblick", sagte sie
im Gespräch mit dem "Süderländer Tageblatt". Sie weiß aber auch so
manche hübsche Anekdote zu erzählen. Oft waren die Väter mehr
hilfebedürftig als die Mütter und brauchten daher so manchen Schnaps.
Aber auch schon unter Polizeischutz musste Frau Prosser ihres
Amtes walten. Nicht selten kam es vor, dass die Hebamme für Kinder
kochen musste, während die Mutter im Wochenbett lag. In einem
Haus allein verhalf Frau Prosser 55 Kindern zum Leben.
Zehn Jahre lang fuhr die Hebamme mit dem Fahrrad zum "Einsatz"
und später mit dem Motorroller. Einmal hatte sie nach einer
Entbindung auf der Heimfahrt einen schweren Verkehrsunfall. Bei
Wind und Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit war sie unterwegs.
Wenn man nach Frau Prosser rief, dann kam sie auch. Sie sieht in
ihrem Beruf gleichzeitig eine Berufung.
Aus Anlaß ihres Jubiläums wird der Amtsarzt des Märkischen Kreises
Frau Prosser die Ehrenurkunde des Ministers für Arbeit, Gesundheit
und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen überreichen. Den
sicherlich zahlreichen Gratulanten schließt sich das "Süderländer
Tageblatt" in herzlichster Weise an. Möge Frau Prosser noch lange
Jahre segensreich in unserer Stadt ihr Amt versehen können.
düs (Hans Düsterer) |