Quelle: Süderländer Tageblatt vom 02.07.2011

Prediger zu sein ist eine Berufung -
und der tägliche Gang über den Eschen

Eine Rückbesinnung zum 50. Ordinations-Jubiläum des ehemaligen Eschener Pfarrers Rudolf Patt


Idealbesetzung für die Pfarrstelle auf dem Eschen: Rudolf Patt als Pfarrer und seine Frau Sigrid als treue Begleiterin, 1986. Foto: Süderländer Tageblatt

PLETTENBERG Ein halbes Jahrhundert ist eine lange Zeit, in der ein Mensch viel erlebt. So erging es auch Pfarrer Rudolf Patt, der in diesen Tagen sein 50. Ordinations-Jubiläum feiert. Der 81-jährige begleitete als guter Hirte die Gläubigen der Evangelischen Kirchengemeinde Eschen-Eiringhausen seit 1961 und ist allen als guter Prediger und Zuhörer in Erinnerung.

Der am 20. Februar 1930 in Meggen geborene Patt fühlte nach eigener Aussage schon immer den Einfluss Jesu Christi in seinem Leben. Schon als kleines Kind stellte er sich auf den heimischen Schemel und predigte. Aus dem Kinderspiel erwuchs schnell eine Berufung, der er sich leidenschaftlich widmete.

Doch sein Berufsweg begann anders als für den "typischen" Pfarrer. Rudolf Patt war ein Quereinsteiger. Zunächst absolvierte er eine Lehre als Rechtsanwaltsgehilfe, ehe er 1952 sein Studium der Sozialpädagogik aufnahm. Erst ab 1955 beschritt er den Weg, auf den ihn "Jesus Christus immer hingezogen" habe, wie er sagt, und begann sein Theologiestudium. Anfänglich noch in der Gefängnisseelsorge in Bochum und der Jugendseelsorge in Köln beschäftigt, verschlug es ihn nach seiner erfolgreich abgelegten Prüfung zum Pfarrer im Jahr 1959 nach Plettenberg.

Hier war er zunächst als "Prädikant" im Dienst. Es war "eine Zeit der Bewährung", erinnert er sich, die er so gut meisterte, dass er am 2. Juli 1961 durch Superintendent Grünberg zum Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Eschen-Eiringhausen ordiniert wurde. Zu Grünberg, aber auch zu Pastor Herbert Kahle pflegte Patt immer eine besonders intensive Männerfreundschaft.

Bis 1963 hielt Pfarrer Rudolf Patt seine Gottesdienste in der Turnhalle am Eschen ab. Der Eschen war damals eine noch recht junge Wohnsiedlung, in der vor allem viele Umsiedler und Vertriebene Zuflucht fanden. Um bis zu 2 400 Menschen musste sich Patt damals kümmern. Und das tat er gerne, schließlich war der Eschen damals auch noch "voller Kinder". Obwohl alles noch sehr provisorisch war, "kamen die Menschen in Scharen zu den Gottesdiensten", erinnert sich Patt. Sein Engagement machte den Pfarrer in seiner Gemeinde sehr beliebt.

Zu seinen liebsten Tätigkeit gehörte - natürlich - die Predigt, die er jedes Mal bis zu acht Stunden lang vorbereitete. Gerade die Predigt sei immens wichtig als Pfarrer, doch diese Einstellung vermisst Patt in der heutigen Kirche sehr. Sie mische sich viel lieber in gesellschaftspolitischen Diskussionen ein, als ihrer Hauptaufgabe, der Verkündigung des Wortes Gottes, nachzukommen. Wichtig sei ihm aber stets auch das Zuhören gewesen. Jedes Gemeindemitglied konnte seinen Pfarrer rund um die Uhr erreichen. Er hörte zu bei Eheproblemen und gab Tipps bei Hausbesuchen.

Ohne die Unterstützung der zahlreichen Mitarbeiter, die stets eigene Aufgabenbereiche betreuen sollten, hätte Rudolf Patt die Arbeit nicht bewältigen können. So war und ist auch seine Frau Sigrid, mit der er seit 1964 verheiratet ist, eine der wichtigsten Stützen für ihn gewesen, eine "positiv kritische Begleiterin", so Patt. Sie leitete zwischen 1974 und 2005 die Frauenhilfe Eschen. So überschnitten sich die Tätigkeitsfelder des Ehepaares immer wieder, nur mit positiven Auswirkungen, wie beide bestätigen.

Auch außerhalb der Predigt engagierte sich Rudolf Patt sehr für die Gemeinde. Zwischen 1964 und 1985 organisierte er 19 Gemeindefreizeiten, die stets nach Tirol führten. Sie boten eine schöne Abwechslung für viele Gemeindemitglieder, von denen sich die meisten normalerweise keinen Urlaub leisten konnten. "Diese Freizeiten banden Pfarrer und Gemeinde auch intensiver zusammen", erzählt Rudolf Patt, der die Kommunikation sehr schätzt. Vielleicht auch deshalb hat er nie einen Führerschein gemacht. Denn zu Fuß kommt man mit den Menschen ins Gespräch und bleibt leichter in Kontakt.

Zwischen 1967 und 1983 fungierte Rudolf Patt auch als Religionslehrer am Albert-Schweitzer-Gymnasium. Eine sehr schöne Zeit, wie er heute sagt, denn hier bekam er auch mal "Wind von draußen". So fand er auch hier eine Berufung, abseits der Gemeindearbeit. Als Patt am 26. Februar 1995 in den Ruhestand verabschiedet wurde, waren nicht nur seine ehemaligen "Schäfchen" betrübt. "Ich fiel in ein Loch", gibt er heute zu.

Doch neue Aufgaben warteten bereits. Von seiner Berufung, das Wort Gottes zu verkünden, hat er sich nie ganz verabschiedet. Bis ins letzte Jahr hielt Patt Vorträge vor Frauenhilfsvereinen und leitete ehrenamtlich Gottesdienste. Und auch die Weiterbildung kam nicht zu kurz: In Dortmund studierte er Gerontopsychologie und -soziologie. Einen Führerschein besitzt Rudolf Patt bis heute nicht, denn das Spazieren gehen gehört weiterhin zu seinen großen Leidenschaften.

Auf die Frage, wie er die Jahre seiner Tätigkeit als Pfarrer zusammenfassen würde, antwortet Rudolf Patt - ganz Prediger - mit einem Zitat aus der Bibel: "Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten (1.Korinther 2, Vers 2)."

In seine Geburtsstadt Meggen zog es ihn immer wieder, doch letztendlich blieb er auch im Ruhestand Plettenberg treu. "In Meggen wäre ich mittlerweile fremd", sagt Patt. Die Verwurzelung, gerade mit dem Eschen, Eiringhausen und Ohle sei auch einfach schon viel zu groß.

So wird der Pfarrer und Prediger Rudolf Patt auch weiterhin seinen ehemaligen Gemeindemitgliedern treu erhalten bleiben. 34 Jahre lang war er der gute Hirte der Evangelischen Kirchengemeinde Eschen-Eiringhausen. Nicht in Ausübung eines Berufes, sondern aus Berufung. cc


  
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Rudolf Patt sagte nach 41 Jahren "ade"
PLETTENBERG Nach 41 Jahren hat sich Pfarrer i.R. Rudolf Patt gestern von der Pommerschen Landsmannschaft verabschiedet, die er in der ganzen Zeit regelmäßig unterstützt hatte. Im Rahmen der Adventsfeier der Pommern in der Heimatstube im Alten Rathaus erinnerte Vorsitzende Irmtraud Holzinger an die gemeinsame Zeit mit dem beliebten Pastor. Patt möchte nicht alle Kontakte zu den Pommern abrechen. Schließlich habe er keinem "Verein", einschließlich der Kirche, so lange gedient. Er möchte jedoch in Zukunft etwas kürzer treten, wird aber sicherlich noch hin und wieder als gern gesehener Gast in der Heimatstube zugegen sein. sr


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