Quelle: Süderländer Tageblatt vom 12.03.2009
Seine Filme sehen wir noch heute:
PLETTENBERG Ludwig Müller war begeistert von den bewegten Bilder, das sieht man
deutlich an der Menge alten Filmmaterials, das er der Nachwelt hinterlassen hat. Seine
Filme sind die einzigen aus dem Plettenberg der 30-er Jahre. Vor 37 Jahren starb er im
Alter von 72 Jahren.
Seine Tochter Irmgard Mertens sprach mit der Heimatzeitung über das Leben ihres Vaters.
Der Filmchronist wurde im Jahr 1900 in Bonn geboren, fünf Jahre zuvor wurden die ersten
Filmkameras entwickelt. Die Technik des Films muss neu, faszinierend und revolutionär für
den Mann gewesen sein, der mit 28 Jahren nach Plettenberg kam. Zunächst lebte er mit seiner
Frau Marie, die er 1925 ehelichte, in Münster. Dort arbeitete er bei der Heeresbildstelle.
Diese Tätigkeit weckte oder förderte sein Interesse an der Fotografie, die er später zu
seinem Beruf machte.
Mit der damals einjährigen Tochter Irmgard zog die Familie 1928 nach Plettenberg. Im
November des gleichen Jahres eröffnete Müller an der Wilhelmstraße das "Photo-Spezial-Geschäft",
das später "Foto Müller" hieß. Im Jahr 1931 zieht die Familie an den Maiplatz, der
Martin-Luther-Schule gegenüber. Im Geschäftsraum, in dem heute Foto Kleinsorge (als
Nachfolger der Foto-Familien Müller und Mertens) untergebracht ist, verkaufte Müller
Foto- und Projektionsgeräte. Hinter einer Trennwand hatte er sich eine kleine Dunkelkammer
eingerichtet, in der er Filme entwickelte und Bilder kopierte.
Die Wohnung der Familie lag direkt über dem Laden. Nachmittags sortierte dort die ganze
Familie gemeinsam Abzüge am Küchentisch. In seiner Freizeit filmte der Fotofachmann mit
einer 16-mm-Kamera das Tagesgeschehen in Plettenberg. Besonderes gerne hielt er die
Fliegergruppe mit der Kamera fest. "Er selbst hatte die Gruppe 1932 mitgegründet und war
begeistert von der Fliegerei", erklärt seine heute 81 Jahre alte Tochter Irmgard Mertens.
Ludwig Müllers zweiter Lieblingsort zum Filmen war die Martin-Luther-Schule, die seine Tochter
besuchte. Er begleitete den Schulalltag seit ihrer Einschulung im Jahr 1934. Seine Aufnahmen
zeigen die nationalsozialistischen Erziehungsideale, wobei Historiker nicht davon ausgehen,
dass Müller ein Nazi war. Er dokumentierte lediglich das Geschehen und war nie Mitglied der
NSDAP. Das 75 Minuten laufende Filmmaterial aus der alten Plettenberger Schule wurde bereits
2007 von einem Projektteam der Uni Münster zusammengeschnitten und thematisch aufbereitet.
Entstanden ist der 26-minütige Film "Schule unterm Hakenkreuz".
Die neuste Zusammenstellung aus dem Fundus der alten Müller-Filme heißt "Plettenberg - Kleinod im Sauerland" und wird demnächst im Weidenhofkino zu sehen sein. Der Kartenvorverkauf läuft bereits auf Hochtouren. Auch Irmgard Mertens wird sich den Film nicht entgehen lassen: "Ich freue mich schon sehr auf die Kinovorführung."
Fünf Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Weitere Karten gibt es für Vorstellungen am Samstag, 4. April, um 15 Uhr, und am Sonntag, 5. April, um 11 Uhr. Karten für die Samstagsvorstellung kosten fünf Euro, für den Sonntagstermin (inklusive eines Imbisses) acht Euro. vtw
Müller, Ludwig; *18.11.1900 Bonn, 1972 Plettenberg, Fotograf, Inhaber des Foto-Geschäftes "Foto-Müller" an
der Wilhelmstr. 32 (eröffnet am 29.11.1928), später am Maiplatz; schuf u. a. folgende dokumentarische
16-Millimeter-Filme über Plettenberg: 1.) Landwehrkameradschaft Plettenberg
1935/1936/1937; 2.) Abbruch der Kath. Kirche 1936/1937, Ballonfahrt Werdohl; 3.)
SGV-Treffen 1937 mit Aufnahmen aus Altena und Werdohl; 4.) Mein Plettenberg Teil
II, Hochwasser Oestertalsperre, Volksgenossen besuchen Plettenberg, Marsch durch
die Stadt, Wanderung Saley, Hestenberg; 5.) Mein Plettenberg Teil III, Burgruine
Schwarzenberg, Schwimmbad, Kartoffelernte Almecke, Schneebruch 1936; 6.)
Plettenberg Ferkelmarkt, Stadtansichten, Winteraufnahmen; 7.) Gasunglück
Königstraße, Die Feuerwehr in Aktion; 8.) Militärparade Maiplatz,
Erntedankfeier, Umzüge; 9.) Kreis Altena 1937, Landschaftsaufnahmen, Burg
Altena; 10.) Industrieaufnahmen, Drahtziehereien, Schmieden etc.; 11.)
Industrieaufnahmen, Drahtziehereien, Schmieden etc.; 12.) Frühling, 2. Schweinemarkt
in Neuenrade, 1. Maikundgebung in Altena und Plettenberg; 13.)
Frühling Teil II; 14.) Erntezeit mit Kreiswirtschaftsschau; 15.) Plettenberg -
vier Schmieden; 16.) Sommer, Industrie; 17.) Teil IV 1937; Ahe-Hammer;
19.) Sauerlandfahrt VDK;
18.) Herbst II,
20.) Fliegergruppe Plettenberg Teil 1; 21.)
Fliegergruppe Plettenberg Teil II; 22.) Jubiläumsschützenfest 100 Jahre
Plettenberger Schützengesellschaft 1936; 23.) Drittes Reich, SA,
Sonnenwendfeier, Beerdigung Dr. Weimann, Aufmärsche; 24.) Plettenberger
Feuerwehr, Übungen im Wieden, Hochwasserkatastrophe; 25.) Frühling Teil III;
26.) Musterung; 27.) Reichsarbeitsdienst (Halver, Wiblingwerde, Plettenberg);
28.) Ältester Film Anfang 1930, Schnee, Gärtnerei Osthoff, Ferkelmarkt,
Fertigstellung des Maiplatzes, Militär in Plettenberg; 29.) Letztes Schützenfest
vor Kriegsausbruch September 1939; 30.) 1. Mai-Aufmärsche der NSDAP, Hammerwerk
Schulte, Freibad; bei den im Stadtarchiv lagernden Filmen handelt es sich
um ca. 3500 Meter Filmmaterial;
|