Quelle: Stadtgespräch vom 21.10.2015: Elisabeth Krahn las ihren Besuchern aus den Karten immer nur die guten Ereignisse in deren Zukunft
Quelle: Westfälische Rundschau vom Samstag, 7. Juni 1975
Sogar Geistliche zählen zu ihren Kunden
Plettenberg. (jam) Die meisten werden sie sich anders vorgestellt
haben: kein Rabe, allenfalls ein übermütiger Wellensittich hockt auf
ihrer Schulter, mit anstatt durchdringendem Blicke über eine scharf-gebogene
Hakennase zu schießen, verbreitet sie ansteckende Fröhlichkeit, wenn
sich ihr Gesicht in viele kleine Lachfältchen legt und ihr kleiner runder
Körper unter kullerndem Gelächter zu beben beginnt: Elisabeth Krahn ist
Plettenbergs einzige Kartenlegerin - das Attribut Wahrsagerin mag sie
nicht hören -, und sie sorgt sich, dass es so bleibt. Das Schicksal ihres
gemeuchelten Lüdenscheider Berufskollegen Faltus treibt ihr ab und an
Wölkchen vors ansonsten sonnige Gemüt.
Zu ihren Kunden gehören, so weiß sie glaubwürdig zu versichern, neben
Geschäftsleuten aus dem ganzen Kreis auch viele Polizeibeamte, selbst
aus Dortmund. Weniger Hinweise zur Aufklärung verzwickter Fälle, denn
Erhellung allernächster privater Zukunft erhoffen sie aus Elisabeths
Karten.
Mit verschmitzt-geheimnisvollem Schmunzeln deutet die so gar nicht
Geheimnisvolle an, dass selbst aus höchsten Kreisen der Regierung in
Arnsberg "Kundschaft" kommt. Auch Priester, die eigentlich von Amts
wegen mit Kartenlegerei und ähnlichem Teufelswerk nichts zu tun haben
dürften, holen sich von Zeit zu Zeit einen Ratschlag in der kleinen
Wohnung am Grafweg, wo zumeist neben Spielkarten noch Fingerzeige
auf Elisabeth Krahns andere Einnahmequelle herumliegen: Preisschilder
für Kleidungsstücke, die sie für Heimarbeiterlohn mit Fädchen und
Metallnädelchen verknüpfen muß, und zwar schon seit recht vielen
Jahren.
Die Begabung zu ihrer wesentlich einträglicheren Tätigkeit will sie
1946 entdeckt haben, als sie in ihrer schlesischen Heimat eines Abends
die Rückkehr dreier Kriegsgefangener ankündigte.
Quelle: Süderländer Tageblatt vom ??
Kartenlegerin verfügt über große Kundschaft
Plettenberg. Es geht überhaupt nicht finster bei ihr zu, keine
schwarzen Messen und solche Dinge. Elisabeth Krahn, 64 Jahre, legt seit
1946 Karten und verfügt über einen recht derben Humor. "Ich bin keine
Hellseherin", betont sie, und statt des Raben hockt auf ihrer Schulter
der Wellensittich Peter. Ihren Nachmarn am Grafweg ist sie keine Unbekannte;
man mag sie.
Angefangen hat alles in Schlesien, genauer in Neustadt. Viele Männer der
Gemeinde waren im Kriege, die Frauen warteten verzweifelt auf deren
Rückkehr. Elisabeth Krahn ließ sich Karten bringen und sie weissagte
einer Kundin, ihr Mann käme in den nächsten Tagen aus dem Krieg zurück.
Und er kam zurück. Die Karten, aus denen sie 1946 las, besitzt sie noch
heute, und sie erzählen ihr angeblich etwas über jeden Menschen, der sie
besucht, und das sind nicht wenige.
Mindestens vier Besucher pro Tag, ab und an bleiben Kunden bis Mitternacht.
Darunter waren schon Polizeibeamte aus dem Ruhrgebiet, Mitglieder der
Arnsberger Bezirksregierung, Geschäftsleute aus Lüdenscheid, Meinerzhagen
und Kierspe. Selbstverständlich auch Nachbarn, junge Leute und alte
Bekannte.
"Die meisten wollten wissen, ob sie Glück in der Liebe haben", platzt die
Kartenlegerin heraus, und manchem hat sie schon Hoffnung gemacht. "Oft
werde ich eingeladen und bin auch ganz gut bei den Leuten gelitten", plaudert
sie vergnügt. Es folgen die kuriosesten Geschichten über Weissagungen, die
zutrafen - oder auch nicht. Elisabeth Krahn gesteht: "Das eine oder andere
trifft nicht sofort zu, doch im Laufe der Zeit behalten die Karten recht."
hapo- (Harald Polenz)
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