Quelle: WR Plettenberg vom 02.07.2007
Die letzte Schicht für Günter Heerich
Plettenberg. (jam) "Das war schon hart: Du hast einen Bruch geschient, eine Blutung gestillt und bist dann ganz alleine mit dem Verletzten hinten im Auto ins Krankenhaus gefahren".
Was irgendwie nach Ende 2. Weltkrieg klingt, ist noch gar nicht so lange her. Günter Heerich hat am 15. Dezember 1972 als Krankentransportfahrer bei der Stadt Plettenberg angefangen. Nach 35 Jahren ist er jetzt kurz vor seinem 60. Geburtstag als Oberbrandmeister in den Ruhestand getreten. Seine letzte Schicht auf der Feuer- und Rettungswache am Wall endete am Sonntag, 8 Uhr - ohne besondere Vorkommnisse.
Funkgerät gab es nur auf der Wache
Ein Funkgerät gab es dam als nur in der Wache, nicht im Auto. Insgesamt neun Mann teilten sich schichtweise den Dienst. Erst als 1973 durch Beschluss des Rates am Wieden eine regelrechte Feuerwache mit feuerwehrtechnischen Angestellten gegründet wurde, kamen Aufgaben des Brandschutzes hinzu. Allerdings lag die Hauptlast auf der Freiwilligen Feuerwehr. "Wir von der Wache sind mit zwei Mann rausgefahren - einer an der Pumpe, der andere machte den Löschangriff" erinnert sich Heerich. Eine Feuer- und Rettungswache wurde durch Verordnung des RP erst 1978 eingerichtet.
Sehr präsent ist Heerich noch der Brand des damaligen Aldi-Neubaus 1974. "Helmut Groß und ich sahen hinter der Schützenhalle eine dichte schwarze Wolke. Als wir in der Uhlandstraße eintrafen, explodierte eine Gasflasche. Sie traf unser Löschfahrzeug. Hätten wir da nicht gestanden, wäre sie zwischen den Schaulustigen eingeschlagen."
Eine Gurtpflicht existierte damals noch nicht, passive Sicherheit war ein Fremdwort: Auch leichtere Unfälle gingen damals deshalb selten ohne Schwerverletzte ab. "Heute kommst du zu einem Wrack, fragst nach den Insassen - und sie stehen völlig unversehrt neben dir".
Nicht nur in der feuerwehrtechnischen Ausrüstung hat sich sei jener Zeit eine Revolution vollzogen, auch die Arbeitsbedingungen der Feuerwehrleute sind viel, viel besser geworden. Die Wache zählt heute 40 Mann. Wo die "Hauptamtlichen" früher bei gefährlichen Einsätzen alleine auf ihren Partner angewiesen waren, steht heute stets ein Rettungstrupp zur Sicherheit bereit.
Viele schreckliche Erlebnisse
Lieber erzählt er von den skurrilen Begebenheiten, darüber, welcher Überredungskünste es manchmal bedurfte, "Mondscheinkandidaten" zur psychiatrischen Behandlung zu bringen.
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 03.07.2007
Erst Krankenwagenfahrer und
PLETTENBERG "Als ich 1972 anfing, waren wir Einzelkämpfer", erzählt Günter Heerich, der am Samstag und Sonntag seine letzte 24-Stunden-Schicht bei der Feuer- und Rettungswache Am Wall absolvierte. "Wir waren allein auf dem Krankenwagen, allein auf der Nachtschicht. Wir hatten zwar ein Funkgerät in dem alten Daimler 200 Diesel, aber niemanden, den wir hätten anfordern können – einen Notarzt gab es zunächst nicht", erinnert sich der Oberbrandmeister, der damals als Krankenwagenfahrer anfing. Er tritt am heutigen Montag seinen wohlverdienten Ruhestand an und ließ am Wochenende noch einmal seine 35 Dienstjahre Revue passieren.
"Bevor die Feuer- und Rettungswache Mitte der 70-er Jahre eingeführt wurde, waren wir neun Leute im Feuerwehrgerätehaus Im Wieden", erzählt Heerich. Bis 1982 sei das Personal dann auf 17 Mann aufgestockt worden – heute sind 40 Mann hauptamtlich beschäftigt. "Wir haben zwar die selbe Arbeit geleistet, aber hatten weniger qualifiziertes Material." Ein Erste-Hilfe-Koffer, Auto-Werkzeug und ein Sauerstoffgerät – "das musste für jeden Einsatz reichen". Solange die Fahrer im Einsatz allein gewesen seien, mussten sie sich jedes Mal, wenn ein Patient auf die Trage sollte, Hilfe bei Passanten holen. "So war das damals."
Die Versorgung der Patienten vor Ort habe sich in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert. Nicht nur im Rettungsdienst, auch in den Krankenhäusern der Umgebung. "Früher sind wir mindestens einmal die Woche Krankentransporte an die Unikliniken Köln, Bonn, Gießen, Münster oder Dortmund gefahren." Seine erste Transportfahrt habe ihn gemeinsam mit Heinz Wilhelm Klaucke an das Essener Klinikum geführt. Dort arbeiteten damals Spezialisten in der Kardiologie. Mitte der 70-er Jahre kam dann der große Aufschwung im Rettungsdienst: Mehr Personal wurde eingestellt, ein Notarzt fuhr direkt auf dem neu angeschafften Rettungswagen mit, das Personal erhielt klinische Ausbildungen in Hellersen. Gleichzeitig kamen aber die Aufgaben der heute selbstverständlichen hauptamtlichen Feuerwehr hinzu. "Von da an waren wir dann zu zweit auf dem Wagen – das war schonmal ein Riesenfortschritt." Der erste Notarzt sei Dr. Günter Schröder gewesen, später sei fast immer Dr. Hugo Joeris mitgefahren, da der Chirurg seine Praxis direkt am Wieden hatte. Auch Dr. Pahde, Dr. Immekus, Dr. Altenkämper und weitere Ärzte kamen nach einer Weile hinzu. Ende der 70-er sei dann auch das erste Notarztfahrzeug angeschafft worden.
"Unser erstes Löschfahrzeug war ein Magirus Baujahr 1954", erzählt Heerich, dessen Vater schon als Krankenwagenfahrer in Werdohl und Plettenberg gearbeitet hatte. "Die heutigen Fahrzeuge sind drei Generationen weiter – das sind Welten." Er muss es wissen, fiel in seinen Aufgabenbereich doch auch der Fuhrpark der Feuer- und Rettungswache. Das liegt nahe, schließlich ist Heerich begeisterter Motorsportler. Vor 1974 hatte die Freiwillige Feuerwehr allein die Brandbekämpfung unternommen, danach fiel die Brandbekämpfung auch den Aufgabenbereich der Hauptamtlichen. "Mit dem 800 Liter Wassertank des Magirus haben wir dann die ganze Welt gerettet", lächelt der Oberbrandmeister. So hätten er und Udo Heßmer als das Krankenhaus brannte, allein den Brand bekämpft, bis die Freiwillige Feuerwehr eintraf.
Heikel sei es aber schon einige Male gewesen, zum Beispiel als in den 70-ern der Aldi-Neubau an der Uhlandstraße brannte. "Wir sahen eine schwarze Rauchwolke über die Schützenhalle ziehen und rückten aus. An der Uhlandstraße angekommen – wir waren inzwischen auch alarmiert worden – gab es einen lauten Knall." Im gerade im Bau befindlichen Aldi hatte sich, wie sich später herausstellte, bei Handwerksarbeiten Styropor entzündet. In der Folge waren zwei Gasflaschen explodiert, von denen eine in den Holm des LF 15 einschlug – direkt hinter Günter Heerich. "Das war verflucht knapp und Glück im Unglück", berichtet Heerich weiter. "Hätte das Löschfahrzeug nicht an eben dieser Stelle gestanden, so wäre die Gasflasche mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Schaulustigen geschossen, die auf der anderen Straßenseite standen."
Nicht immer gingen Einsätze so glimpflich für alle Beteiligten aus. Mit Grauen denkt Heerich auch heute noch an den Tag zurück, als ein Kind bei den Bauarbeiten zur Straße Im Diergarten von einem Lkw überfahren wurde. Ebenso an das Unglück im Teindelner Eisenbahntunnel, als drei belgische Soldaten von einem Zug erfasst wurden. "So etwas vergisst man nicht mehr. Das war schlimm." Zum Glück überwogen aber meist die weniger schlimmen Einsätze und so denkt Heerich gern an seine Zeit in der Feuer- und Rettungswache zurück. "Wir hatten früher und haben heute einen tollen Zusammenhalt in der Truppe. Das ist wichtig, schließlich sind wir alle im Einsatz aufeinander angewiesen." jmt
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