Quelle: "Heimatblätter des mittleren Lenne-Gebietes" (Beilage zum Süderländer Volksfreund), Nr. 27, Werdohl, Ende November 1925

Zum 100. Geburtstage Friedrich Hammerschmidts

Wie den Lesern der "Heimatblätter" aus den Tageszeitungen bekannt sein wird, feierte am 6. ds. Mts. der Rentner und frühere Papierfabrikant Herr Fr. Hammerschmidt zu Himmelmert im Kreise seiner zahlreichen Verwandten, der Freunde und Nachbarn, geehrt von Vereinen und den Spitzen der Behörden durch Glückwünsche, die von dem Herrn Amtmann Abel, Pfarrer Maas und Landrat Dr. Thomee persönlich überbracht und vom Reichspräsidenten durch ein Handschreiben übersandt worden sind, in außergewöhnlicher körperlicher und geistiger Rüstigkeit seinen 100. Geburtstag. Weil die Familie Hammerschmidt seit 300 Jahren in der Gemeinde Plettenberg ansässig gewesen ist, und manche Glieder derselben öffentliche Ämter verwaltet haben, so soll hier einiges über sie mitgeteilt werden.

Die Hammerschmidts sollen aus Meinerzhagen nach Plettenberg gezogen sein. Der erste von ihnen, der im öffentlichen Leben hervortrat, war Johannes Hammerschmidt, der Schwager des Pastors H. B. Dübbe und der Vetter des Richters Essellen. Er hatte in Marburg studiert und verwaltete von 1628-1675 die lutherische Schule zu Plettenberg. Nebenamtlich war er Notarius publicus und besorgte auch die Geschäfte des Stadtsekretärs.

Sein Nachfolger im Schulamte wurde einer seiner jüngsten Söhne, Freydag Adam Hammerschmidt, der von 1675 bis 1735 Rektor war. Dieser zeichnete sich durch vielseitige Bildung aus und betätigte sich nebenamtlich noch als Organist, kaiserlicher Notar und seit 1694 aus als Stadtsekretär. J. von Steinen rühmt von ihm: "Er war ein sehr geschickter Mann, guter Advokat, Orgelmacher, Landmesser und Tuchmacher (1686 machte er sein Meisterstück), welches gewiß etwas Seltenes ist. Seiner vielen Arbeiten wegen hat er oft einen Gehülfen gehabt."

1699 behaupteten die Vorsteher des Amtes Plettenberg von ihrem Richter, sie seien "wegen seiner Capacität in handgreifliche Zweifel gerathen, daß er allemahl, wenn beim Gericht was hauptsächlich vorfällt, der Stadt Plettenberg Sekretarius Freydag Adam Hammerschmidt adhibiret, derselbe alsdann das gericht heget und das Direktorium darin führet." Fr. A. Hammerschmidt demnach auch ein praktischer Jurist gewesen zu sein. Er war 60 Jahre im Amt und starb 1739.

Zwei seiner Brüder waren lutherische Prediger, beide hießen Caspar; der jüngste war der Nachfolger und Stiefbruder des ältesten. Der ältere Caspar Hammerschmidt wurde vom Magistrat schon 1654 im Alter von 22 Jahren zum Vikar der luth. Gemeinde bestimmt, obwohl er noch bis 1656 seine Studien in Gießen obliegen musste. Solange er noch studierte, verwaltete der Herscheider Vikar Fabricius seine Stelle mit. Seiner geringen Einkünfte wegen versah er zugleich das Stadtsekretariat und war als Advokat tätig. Bädeker-Heppe bezeichnen ihn zu Unrecht als "Winkeladvokat"; denn er hat in Gießen auch Rechtswissenschaft studiert und wird ausdrücklich als "Studio so pleno jure" bezeichnet.

Nach dem er 35 Jahre Vikar gewesen war, erwählte die Gemeinde den Kandidaten Herman Eberhard Brockhaus aus Altena zu Prediger. Es entstand nun in der Gemeinde ein Streit, welcher von beiden Predigern Vikar und welcher Pastor sein sollte. Am 25. Mai 1694 entschied der Kurfürst, es solle Gleichheit unter beiden Predigern herrschen und beide sollen den Titel Pastor führen.

Wie der Pastor H. B. Dübbe so wurde auch er 1679 von den Franzosen als Geisel mit über Unna nach Wesel geschleppt und so lange in Gefangenschaft gehalten, bis die Gemeinde Plettenberg die geforderte Geldsumme bezahlen konnte. 1696 begannen die beiden Pastoren Caspar Hammerschmidt und H. E. Brockhaus damit, die Frühpredigten in der Kapelle auf dem Böle zu halten. Im Frühjahr 1706 wurde Caspar Hammerschmidt "mit einem Schlagfluss überfallen" und hat lange zu Bett liegen müssen. Er starb 1709.

Weil er seit 1706 dienstunfähig war, so beriefen die Berufungsberechtigten am 14. Oktobober 1706 den Candidaten ministerii Casp. Hammerschmidt jr., der schon 1690 in Gießen studiert hatte, und dem sie bezeugten, sie hätten nichts einzuwenden "gegen dessen Lehr und Leben, wegen sie so lang mit ihm umbgangen, auch dessen Predigten angehört und erbaulich befunden." Bis zum Tode seines Stiefbruders sollte er dessen "Substitut" sein und dann Vikar werden. Caspar junior war aber bald in der Gemeinde so beliebt, dass man ihn schon 1708, nach dem frühen Tod des Pastors Brockhaus, zum Pastor wählte. Er starb schon 1720.
Im 18. Jahrhundert waren mehrere Hammerschmidts Tuchmacher in Plettenberg, z. B. 1762 Adam, der auch am Stapel beteiligt war, 1780 Peter, 1785 Johann Bernhard.


Friedrich Hammerschmidts Familie siedelte in seiner Jugend von Plettenberg nach Himmelmert über, wo sie sich mit der Papierfabrikation beschäftigte. Nach dem Tode seines Vaters, der im Alter von 80 Jahren an den Folgen eines Falles von der Leiter starb, übernahm Friedrich das Werk und baute es aus, bis es bei der Anlage der Oestertalsperre (1904-1906) in dem langen Stausee verschwand. [Anm.: das stimmt nicht. Im geolog. Gutachten vom 20.10.1899 zum Bau der Talsperre heißt es u. a.: ". . . und deren Sperrmauer etwa 500 Meter oberhalb der Papiermühle errichtet werden soll . . ." Im Häuserbuch des Plettenberg-Lexikon, Himmelmert, findet man: Rohstahlhammer Auf'm Stockstücke hat 1853 K Papierfabrikant Heinrich Hammerschmidt für 49 Tlr. erworben und 1856 eine Papiermühle darauf gebaut lt. polizeil. Attest vom 11.04.1858. Mitgebrauch des Wassers und Teich (Vol. XI fol. 19); Band VI Art. 109: Papiermühle erbaut 1858. Das Gelände der Papiermühle wurde um 1906 an Aug. Meyer verkauft(?).]

Friedrichs Großvater erreichte ein Alter von 99 Jahren. Vor 200 Jahren gab es in der Gemeinde Plettenberg auffalend alte Leute. Es betrug das höchste Alter der Gestorbenen: 1714 = 101 Jahre, 1727 = 108 Jahre, 1728 = 100 Jahre, 1729 = 99 Jahre, 1730 = 105 Jahre. Im Sterberegister der lutherischen Gemeinde Plettenberg steht: "1775 den 6ten Junii Johan Henrich Schulte von Holtzhausen, ein Witwer, alt 100 Jahr, so zuletzt des gehörs und gesichts fast beraubt, jedoch noch bei gutem verstande, von alter gestorben."

In der Gemeinde Ohle haben in der Zeit von 1696-1809 nur 3 Personen 100 Jahre gelebt. 1702 starb die "Vößsche", 100 Jahre alt, 1729 Johannes Werdes, ebenfalls 100 Jahre alt, und 1772 in Grimminghausen die in Soest geborene Anna Gertrud Böhmer im Alter von 110 Jahren, nachdem sie in Grimminghausen 80 Jahre lang Kammerjungfer gewesen war.
Die am 1. Januar 1814 in Elsen geborene Sophie Luise Wilhelmine Scheffen starb 1917 als Witwe Adamy in Lüdenscheid im Alter von 103 Jahren.


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