Quelle: WR Plettenberg vom 02.09.2005
Zeiten des "Eckenkriegens"
Von Bernd Maus
Plettenberg. Norbert Geistert und Klaus Hägerbäumer dürften knapp 5000 Plettenbergern die ersten Schwimmzüge beigebracht haben, hochgerechnet. "Bei übern Daumen 90 Prozent Erfolgsquote", merkt Geistert nicht ohne Stolz an. Wenn sich die beiden Schwimmmeister-Legenden jetzt nach 40 bzw. 35 Dienstjahren an den Beckenrändern der Vier-Täler-Stadt auf den nahen Tag ihrer offiziellen Pensionierung freuen, wird an ihrem langen Berufsweg auch der Wandel in einer bewegten heimischen Bädergeschichte lebendig.
Drei Jahre lang, von 1967 bis 1970, "schmiss" Geistert "den Laden" im Freibad Grünetal allein. Als 1970 das Hallenbad in Böddinghausen eingeweiht wurde, erhielt er Verstärkung durch Gerhard Hirche und Klaus Hägerbäumer; nur ein Jahr später machte Reiner "Doc" Holterhof das Quartett komplett.
Ob im Grünetal oder im Hallenbad - es ging familiär zu zwischen Schwimmmeistern und Badegästen. Generationen von Frühschwimmern genossen im Schwimmmeisterhäuschen gern mal ein Tässchen Kaffee oder donnerstags die obligatorische heiße Fleischwurst.
Seit im Februar 2003 das über 20 Millionen Euro teure AquaMagis öffnete, war es mit der Beschaulichkeit endgültig vorbei. Ein Schwätzchen hier, ein Witzchen dort, wie bei meist überschaubarer Gästezahl in Frei- oder Hallenbad an der Tagesordnung, blieben im neuen Erlebnisbad eher die Ausnahme.
"Die nervliche Belastung für uns war spürbar größer", bilanziert Geistert "seine letzten Jahre" im AquaMagis. Mit Schrecken erinnert sich Hägerbäumer an den Tag, als von Ohle ein schweres Gewitter heranzog, er wegen der drohenden Gefahr sofort sämtliche Außenbereiche und den Rutschenturm sperren musste und sich plötzlich knapp 2400 Badegäste dicht an dicht in der Schwimmhalle drängten - "da wird die Aufsicht verdammt stressig".
Keine Namen!
An die ständigen nächtlichen "Badegäste", besonders an Schützenfesttagen. Ans berüchtigte "Eckenkriegen". An rasante Fahrradrennen auf schmalen Beckenmauern. "Klar, es wurde damals jede Menge Blödsinn gemacht und vieles stillschweigend geregelt", sagt Geistert. "Aber es wurde im Gegensatz zu heute eben nichts oder nur sehr selten etwas kaputt gemacht."
Von dem, was ein letztes unvergessliches Ereignis im Berufsleben hätte werden können, haben beide nichts mitbekommen: Als am 30. Juli 2004 die AquaMagis-Saunawelt in Flammen aufging, weilte Geistert im Urlaub; und Hägerbäumer kam zur Nachmittagsschicht, als die Feuerwehr bereits wieder abrückte.
Im Gegensatz zu vielen anderen können die beiden Neu-Rentner in ihrer Erlebnissammlung auf Letzteres allerdings gern verzichten. Fakt bleibt: Sie beide haben ein wasserdichtes Alibi und können die Matte, die den Brand ausgelöst hat, nicht auf den Saunaofen gelegt haben. . .
In einem kleinen Ort bei Bremen, wo Norbert Geistert aufwächst, erlernt er den Beruf des Klempners, Installateurs und Heizungsbauers. Nicht zuletzt wegen seiner Leidenschaft für die DLRG schult Geistert über Praktika in Bädern in Norddeutschland sowie Wachdienste an deutschen Küsten um zum Schwimmmeister. Von 1965 bis 1967 ist er im Bremer Zentralbad tätig, ehe er sich auf die Stellenausschreibung in Plettenberg bewirbt. Drei Jahre lang ist Geistert einziger Schwimmmeister im Freibad Grünetal, ehe mit der Eröffnung des Hallenbads 1970 sein Vorgänger Hirche nach kurzem Intermezzo nach Plettenberg zurückkehrt und auch Klaus Hägerbäumer sein Kollege wird. Als Schwimmmeister zum Lehrberuf wird, drückt Geistert erneut die Schulbank und besteht 1977 seine Meisterprüfung. Seit 1983 ist der heute 63-Jährige verantwortlich für alle Bäder der Vier-Täler-Stadt, seit AquaMagis-Eröffnung im Februar 2003 als Chef eines 12-köpfigen Teams für das neue Erlebnisbad, in dessen Planung er von Anfang an eingebunden ist, und Lehrschwimmbecken Holthausen. Seine Hobbys: DLRG (Ehrenvorsitzender), Rettungstauchen, Jagd, PSG, Basteleien.
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