Zwangsarbeiter in Deutschland
(tb) Nach dem Überfall auf Polen
wurden in den besetzten Gebieten Arbeitskräfte für die deutsche
Kriegswirtschaft zwangsrekrutiert. Hatte man vor dem "Polenfeldzug"
nur eine zeitlich begrenzte Heranziehung von Kriegsgefangenen als
Arbeitskräfte geplant, so war der Einsatz sogenannter Fremdarbeiter in
großem Umfang spätestens nach der gescheiterten Offensive vor
Moskau Ende 1941 für die deutsche Kriegswirtschaft unerläßlich.
Da der Versuch, Arbeitskräfte aus der besetzten Sowjetunion als
Freiwillige anzuwerben, fast gänzlich gescheitert war, schritt man auch
hier zur Zwangsrekrutierung.
Ohne den Arbeitseinsatz von Millionen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und
KZ-Häftlingen wäre die Weiterführung des Krieges nicht
möglich gewesen. Ende 1944 arbeiteten mehr als 7,5 Millionen ausländische
Arbeitskräfte, davon ein Drittel Frauen, für geringe Bezahlung
oder auch ohne Lohn in fast allen Bereichen der Wirtschaft. Nur so konnte
die NS-Führung der deutschen Bevölkerung bis Kriegsende einen
relativ hohen Lebensstandard sichern und den massenhaften Einsatz von
deutschen Frauen in der Wirtschaft lange vermeiden. Die Beschäftigung
ausländischer Arbeiter, die etwa aus der Sowjetunion oder aus Polen
kamen, stand im Widerspruch zur NS-Ideologie; Vertreter der
Schutzstaffel (SS) und der Nationalsozialistischen Deutschen
Arbeiterpartei (NSDAP) wandten sich gegen die Rekrutierung von
"Fremdvölkischen". Angesichts der kriegsbedingten
Notwendigkeit des Einsatzes von "Fremdarbeitern" wurde eine
umfassende Reglementierung ihrer Lebensbedingungen durchgesetzt.
Auch "Fremdarbeiter" aus Westeuropa sollten wie alle anderen
ausländischen Arbeitskräfte von der deutschen Bevölkerung
getrennt leben. "Ostarbeiter" aus der Sowjetunion und polnische
Arbeiter mußten auf ihrer Kleidung die Aufnäher "OST"
beziehungsweise "P" tragen. Öffentliche Einrichtungen wie
Kinos oder Schwimmbäder blieben ihnen verschlossen, die meisten
Zwangsarbeiter lebten in Lagern. Vor allem sexuelle Kontakte zwischen den
"Fremdvölkischen" und Deutschen sollten verhindert werden.
Für "Ostarbeiter" und für Polen bedeutete in der Regel
schon der Verdacht auf Geschlechtsverkehr mit Deutschen die nicht selten
öffentlich vollzogene Hinrichtung. Je tiefer "Fremdarbeiter"
in der NS-Rassenlehre angesiedelt waren, desto schlechter waren ihre
Lebensbedingungen; ungenügende Ernährung und Mißhandlung
durch deutsche Vorarbeiter gehörten zu ihrem Alltag, viele von ihnen
gingen an den Arbeitsbedingungen zugrunde.
Auf dem Lande - also zum Beispiel im heimischen Sauerland - griffen die gegen
Zwangsarbeiter gerichteten Maßgaben nicht immer. Aber auch hier wurde
bestraft, wer sich ihnen gegenüber menschlich verhielt.
|