Tagesschau 10.06.2000
NS-Zwangsarbeiter: US-Anwälte wollen wieder vor Gericht

Die US-Opfer-Anwälte haben aus Sorge um ein Scheitern der Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern eine Wiederaufnahme der Gerichtsverfahren angekündigt. Der New Yorker Anwalt Mel Weiss erklärte, es werde am Donnerstag vor einem Bundesgericht Einspruch gegen ein Urteil zur Rechtmäßigkeit von Klagen gegen deutsche Firmen eingelegt. Ein untergeordnetes US-Gericht hatte zuvor entschieden, dass Sammelklagen im Namen der Opfer durch eine Reihe deutsch-amerikanischer Verträge blockiert seien.

Opfer-Anwalt Ed Fagan erklärte, er und seine Kollegen überlegten nun, ob sie eine höhere Entschädigungssumme verlangen sollten. Man habe der Summe von zehn Milliarden Mark zugestimmt, weil zugesagt worden sei, dass dies die Chance auf eine baldige Auszahlung erhöhe. Ursprünglich hatten die Verhandlungsführer eine Unterzeichnung des fertigen Abkommens am 2. Juni geplant.

Damit das Gesetz verabschiedet werden kann, müssen die deutsche und die US-Regierung sowie die deutsche Wirtschaft aber den Streit um die Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen lösen.

Treffen am Montag in Frage gestellt

Die deutsche Industrie erwägt der "Berliner Zeitung" zufolge, die für Montag in Washington geplante Gesprächsrunde platzen zu lassen. Die Wirtschaftsvertreter sähen trotz mehrfacher Konsultationen keine Signale, dass die Amerikaner Entgegenkommen in der Frage der Rechtssicherheit zeigen wollen, heißt es. Der Industrie geht es darum, dass eine erneute Anklage von deutschen Firmen, vor allem in den USA, ausgeschlossen ist.

Der Präsident des Industrie- und Handelstags, Hans-Peter Stihl, äußerte sich optimistisch, dass die Wirtschaft ihren Beitrag in Höhe von fünf Milliarden Mark zur Opfer-Entschädigung beitragen werde. Die schleppenden Einzahlungen in den Stiftungsfonds erklärte Stihl mit der fehlenden Rechtssicherheit.