Zwangsarbeiter

Als sie kamen, waren sie oft Kinder. Als die Amerikaner sie befreiten, standen ihnen die Zeichen der Zwangsarbeit ins Gesicht geschrieben. Jenen, die in Plettenberg geknechtet wurden, wenigstens im Alter eine kleine Entschädigung zu zahlen, ist Anliegen von Eckhard Brockhaus. Wer in den von ihm initiierten Fonds einzahlen möchte, kann sich auch schriftlich an die WR wenden. Das Foto entstand am 28. April 1945 und stammt von dem amerikanischen Armee-Fotografen Joseph D. Carr.

Westf. Rundschau Plettenberg vom 24.11.1999

Die meisten Firmen beschäftigten Zwangsarbeiter
Münchner Rentner beschämt
Plettenberger mit Spende

Plettenberg. (HH) Eisiges Schweigen herrscht in der Plettenberger Industrie, wenn es um den Aufruf von Eckhardt Brockhaus zur Gründung eines Plettenberger Fonds zur Unterstützung der noch lebenden Zwangsarbeiter geht. Mit deren Hilfe konnten heimische Betriebe in den Jahren 1942 bis 1945 Rüstungsgüter produzieren und als Zulieferer der Flug- und Fahrzeugindustrie ihre Fertigungsanlagen erweitern (Band VI der Stadtgeschichte).

Eckhardt Brockhaus hatte sowohl die Stadt als auch die mittelständische Industrie gebeten, aus dem Gefühl der historischen Mitverantwortung für das Schicksal der wenigen noch lebenden Plettenberger Zwangsarbeiter humanitäre Hilfestellung zu leisten. Dieser Aufruf verhallte in der Stadt bislang ungehört.

Geradezu beschämend für Rat, Verwaltung und Industrie: Aus München (!) schrieb vor wenigen Tagen der Rentner Hans Laufs: "Sehr geehrter Herr Brockhaus, ich habe die Sendung zum Thema in WDR 3 gesehen und gehört und heute darüber in 'Die Welt' gelesen. Ich begrüße Ihre Initiative und möchte mich mit einer Spende an dem Plettenberg-Fonds von 1000 Mark beteiligen."

Eisiges Schweigen der Industrie zum Thema Hilfsfonds

Mindestens 1706 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene wurden in Plettenberg beschäftigt. Das ergibt sich aus der Ostarbeiterkartei im Stadtarchiv. Sie kamen aus der Sowjetunion (1400), Polen (184), Italien (103) Belgien (11), Frankreich (3), Tschechei (1), waren Esten (1), Staatenlose (3). (Quelle: Band VI der Stadtgeschichte, Von Menschen, Mitläufern und Machtbhabern, 1997). Die tatsächlichen Zahlen dürften deutlich höher sein, denn weder die in Ohle und am Hirtenböhl begrabenen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen noch zahlreiche in Firmenlisten aufgeführte Ostarbeiter finden sich in der Ostarbeiterkartei wieder.

Nahezu jeder Plettenberger Industrie- oder landwirtschaftliche Betrieb beschäftigte Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. In Band VI der Stadtgeschichte sind die Unternehmen aufgelistet, die mindestens zehn Zwangsarbeiter beschäftigten (Männer/Frauen):

Achenbach & Sohn (40/1), Albert Bieker (23/-), Brockhaus Söhne (77/-), Budde & Steinbeck (10/-), Deutsche Arbeitsfront (16/-), Ernst E. Fastenrath (12/-), Graewe & Kaiser (53/72), Gregory & Co (17/-), Albert Hiby (11/7), Krächter & Neuhaus (8/5), Wilhelm Kühne (10/-), Langemann & Co (4/7), Langenbach & Köster (13/6), Lennetaler Hammerwerk (30/8), Franz Mayer (27/-), Messingwerk Plettenberg (11/-), Ohler Eisenwerk (210/1), Plettenberger Kleinbahn (11/-), Plettenberger Sägewerk (13/-), Gustav Rasche Nachf. (30/5), Joh. Rempel (24/-), Wilhelm Schade (8/177), Johann Schürholz (3/17), W. O. Schulte (3/8), H. B. Seissenschmidt (61/27), Stadt Plettenberg (22/2), Voß & Schröder (23/-), Gebr. Wirth (29/-).