WR vom 30. Oktober 1999
Erben einer Plettenberger Gesenkschmiede machen Opfer ausfindig - Appell an heimische Industrie
Zwangsarbeiter - Suche beginnt im Sauerland

von Horst Hassel

Während die Bundesdiplomatie in den USA um Millarden an Zwangsarbeiter-Entschädigungen feilscht, hat Diplompsychologe Eckhardt Brockhaus aus Fuldabrück, Mitgesellschafter des mittelständischen Unternehmens Brockhaus Söhne aus dem Sauerland, längst begonnen, in Eigeninitiative ehemalige Zwangsarbeiter des Unternehmens in der Ukraine zu entschädigen.

Eckhardt Brockhaus wartete nicht, bis die Bundesregierung oder die eigene Unternehmensleitung Wege zwischen moralischer und tatsächlicher Verantwortung ausgelotet und über angemessene Wiedergutmachung verhandelt hatte. Mit Adressen ehemaliger Zwangsarbeiter im Gepäck, machte sich Brockhaus in der Ukraine auf die Suche nach den betroffenen Menschen.

Ein inzwischen verstorbener ukrainischer Zwangsarbeiter, der 1997 für die Jahre der Zwangsarbeit im sauerländischen Unternehmen schriftliche Bestätigung suchte, konfrontierte Eckhardt Brockhaus erstmals hautnah mit der Erkenntnis, als Miterbe des Unternehmens ungewollt auch zu den Profiteuren der Zwangsarbeit zu gehören.

Der Ruf von Eckhardt Brockhaus an die gesamte mittelständische Plettenberger Industrie, in der rund 1500 Zwangsarbeiter eingesetzt waren, sich an einem gemeinsamen Fonds zur kollektiven Wiedergutmachung zu beteiligen, verhallte bislang. Erfolgreicher war da seine Suche nach betroffenen Menschen in der Ukraine.

Selbst erst 1945 geboren, erfuhr Eckhardt Brockhaus von den ehemaligen Zwangsarbeitern, was ihnen im Alter von 15, 16 oder 17 Jahren widerfahren ist. Er hörte von Erinnerungen an die Jahre 1942 bis 1945 im Plettenberger Ostarbeiterlager, erfuhr Details vom harten Arbeitsalltag in der elterlichen Gesenkschmiede, aber auch von Begegnungen mit hilfsbereiten Arbeitskollegen oder Nachbarn.

Hilfsbereit zeigte sich auch Eckhardt Brockhaus. Gemeinsam mit seiner Schwester Gudrun setzte er aus privatem Vermögen den ehemaligen Zwangsarbeitern des elterlichen Unternehmens eine Rente von 100 Mark/Monat aus - ohne Entschädigungsverhandlungen, ohne gesetzliche Grundlagen, einfach aus der ganz persönlichen, moralischen Verantwortung eines überzeugten Christen heraus.