Westfälische Rundschau Plettenberg v. 25. März 2000

"Plettenberg Fonds"
startet Entschädigung
für Zwangsarbeiter

Plettenberg. Heimische Unternehmen lehnen es ab, ehemalige Zwangsarbeiter persönlich zu entschädigen. Das ist das bsiherige Ergebnis eines Spendenaufrufs für den "PlettenbergFonds". Drei Unternehmen beteiligen sich immerhin an der Stiftungsinitiave der Deutschen Wirtschaft.

Unzählige Plettenberg Firmen wurden vor geraumer Zeit vom "Plettenberg Fonds" angeschrieben und aus moralischen Gesamtverantwortung um eine Spende für die persönliche, schnelle Entschädigung ehemaliger Plettenberger Zwangsarbeiter gebeten. Eingezahlt hat keines der Unternehmen, eines (DURA) antwortete wenigstens und verwies auf den Beitritt zur Stiftungsinitiative. Die Masse der heimischen Unternehmen hat sich bislang weder an der persönlichen Entschädigung noch an der Bundesstiftung beteiligt.

Eingezahlt in den "Plettenberg Fonds" haben bislang überwiegend auswärtige Bürger oder ehemalige Plettenberger. Aus den bescheidenen Mitteln des Fonds - bisher rund 6500 Mark - werden in der zweiten April-Woche ehemalige Zwangsarbeiter aus der Ukraine direkt entschädigt. Ihnen wird eine monatliche Zusatzrente von 50 Mark gewährt, die ihnen den Lebensabend erleichtert. Schnelle Hilfe ist das Ziel des Plettenberg Fonds. Durchschnittlich sterben pro Tag etwa 1000 ehemalige Zwangsarbeiter, und die Gelder der Bundesstiftung fließen frühestens im September - für viele wird dieses Geld zu spät kommen.

Aus Jenakiewo, der Stadt der Zwangsarbeiter, schrieb kürzlich ein ehemaliger Plettenberger Zwangsarbeiter über seine Alltagssituation:

"Jetzt ist der Winter gekommen, es ist sehr kalt, es liegt viel Schnee, es ist alles zugeschneit und wir haben keine Kräfte mehr, den Schnee aufzuräumen. Nur gut, dass wir etwas Holz im Hause haben und Kohlen auch, denn das andere liegt alles im Garten. Aber wir haben manchmal nicht die Kraft, den Ofen anzuzünden. Keiner ist da, der uns Brot einkaufen gehen kann, und unsere Rente wird auch nicht pünktlich bezahlt. Dennoch müssen wir unserer großen Familie helfen, weil alle keinen Lohn bekommen. Das ist so, nachdem die Ukraine jetzt unabhängig ist, und die gierigsten Mafiosi bereichern sich, und die Arbeiterklasse bekommt nichts. Und jetzt ist derselbe Präsident wieder gewählt worden und es ist noch schwieriger zu leben. Alle Lebensmittel sind teurer geworden. Für die Reichen und die Kapitalisten ist es egal, weil die das Geld haben. Wir haben es nicht, und wir warten auf die Rente und sie kommt nicht. Es wird gesagt, wir hätten die Steuern nicht gezahlt und deshalb bekämen wir keine Rente. Die Arbeiter haben seit sieben Monaten, manche sogar ein Jahr keinen Lohn mehr bekommen. Es ist schwer geworden, zu leben."

Wieviele der im Dezember 1999 in Jenakiewo noch lebenden 25 ehemaligen Plettenberger Zwangsarbeiter heute noch auf die "zweite Rente" aus Deutschland hoffen, wieviel davon inzwischen verstorben sind, wird ein Vertreter des Plettenberg Fonds in der zweiten Aprilwoche erfahren. Dann wird er die Gelder aus dem Fonds in Jenakiewo an die Ex-Zwangsarbeiter verteilen. Bis dahin hofft man auf weitere Spenden, um möglichst viele der in Jenakiewo und Umgebung noch lebenden Plettenberger Zwangsarbeiter durch eine Monatsrente unterstützen zu können. Wer diese humanitäre Geste unterstützen möchte, kann das durch eine Spende für den "Plettenberg Fonds" (Kto.-Nr. 71 897 441 bei der Vereinigten Sparkasse MK, BLZ 458 510 20) tun.