Mehr als 1500 Ost- und Zwangsarbeiter in Plettenberg
Zwangsarbeit wurde in der UdSSR als "Kolaboration mit dem Feind" gewertet
Plettenberg. (HH) Mehr als 1500 sogenannte Ost- und Zwangsarbeiter
waren in den Jahren von 1942 bis 1945 in heimischen Betrieben oder für die
Stadtverwaltung Plettenberg tätig. Nach der Befreiung durch die Amerikaner
mußten die Ostarbeiter in ihrer Heimat aber verschweigen, dass sie "mit dem
Feind kolaboriert" hatten. Erst seit der Perestroika wagen sie es, nach
Belegen für die Zwangsarbeit für ihre Rentenansprüche zu suchen.
Aktualität hat das Thema durch die andauernden Entschädigungs-Verhandlungen
von Otto Graf Lambsdorff in USA und durch Eckhardt Brockhaus, Mitgesellschafter
eines mittelständischen Plettenberger Unternehmens, der sich aus privatem
Antrieb und höchstpersönlich mit Besuchen bei ehemaligen Zwangsarbeitern in
der Ukraine um Wiedergutmachung bemüht (WR berichtete).
In vielen Gesprächen mit ehemaligen Zwangsarbeitern erfuhr der Chronist immer
wieder die gleiche Geschichte: Wer nach dem Ende des II. Weltkrieges als
Ost- oder Zwangsarbeiter in seine Heimat zurückkehrte, vernichtete oder
versteckte alle Hinweise auf seine Tätigkeit in Deutschland.
Wurde sie bekannt, drohte den Ostarbeitern ein Arbeitslager in Sibierien als
Strafe für die "Kolaboration mit dem Feind". Jahrzehntelang wagten die
ehemaligen Zwangsarbeiter deshalb nicht, von diesem Teil ihres Lebens zu
sprechen. Erst seit dem Fall des eisernen Vorhangs durch die "Perestroika"
Gorbatschows, und ermuntert durch avisierte Entschädigungszahlungen und
Anrechnung der Zeiten auf die spärliche Rente, suchen viele nach Belegen für
die Jahre der Arbeit in Deutschland.
Ostarbeitern drohte Arbeitslager in Sibirien
Nicht nur in Plettenberg, auch in Altena und anderen märkischen Städten gibt
es in den Archiven Karteien mit den Namen der ehemaligen Ost- und
Zwangsarbeiter. Das meldete jetzt Kreisarchivar Ulrich Bieroth der WR.
Das Kreisarchiv bekommt schon seit Jahren Anfragen von ehemaligen
Ostarbeitern, die für die Rentenanträge eine Bescheinigung über ihre Zeit
in Deutschland benötigen. Für die Bereich Werdohl, Neuenrade und Herscheid
liegen solche Unterlagen (insgesamt rund 2400 Namen von Ostarbeitern) im
Kreisarchiv vor. Andere Städte wie Plettenberg (rund 1500 Karteikarten) oder
Altena (rund 1100 Karteikarten) haben eigene Dateien.
Kreisarchivar Bieroth hat jetzt alle Archivleiter im Märkischen Kreis
angeschrieben, ihm Kopien eventuell vorhandener Ostarbeiterkarteien zur
Verfügung zu stellen. Neben den Unterlagen in den Kommunalarchiven gibt es
Datenbestände aus Firmenarchiven, Unterlagen aus dem Nachlass eines Arztes
und Daten der AOK. Letztere hat aber schon signalisiert, dass sie Auskünfte
nur an Berechtigte erteilen darf - das wären die Firmen oder die Ostarbeiter
selbst.
Im Oktober 2000 soll eine Ausstellung des Kreisarchivs zum Thema
Zwangsarbeiter im Deutschen Drahtmuseum auf der Burg Altena stattfinden.
Exponate für die Ausstellung gibt es reichlich: Karteikarten, Bauzeichnungen
und Fotos der Barackenlager, von Ostarbeiter bei der Arbeit bis hin zu
handwerklichen Arbeiten, die von Ostarbeitern in jener Zeit gefertigt wurden. |