Kölnische Rundschau vom 03.07.2000
Neue Hürden bei Entschädigung für Zwangsarbeiter

Rücknahme von 55 Klagen Voraussetzung für Zustimmung?

Hamburg. (dpa) Einer Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern stehen immer neue Hürden entgegen. Die deutsche Industrie wolle ihr Geld für den Fonds erst dann freigeben, wenn alle 55 Klagen gegen deutsche Firmen vor US-Gerichten zurückgezogen seien, sagte der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski. Der Münchener Opfer-Anwalt Michael Witti wandte sich scharf gegen ein solches "Junktim". Zwei Kläger hätten ihm bereits gesagt, sie würden ihre Klagen nicht zurückziehen, so Witti.

Auch der Unterhändler der rot-grünen Bundesregierung für die Zwangsarbeiterfrage, Otto Graf Lambsdorff (FDP), sagte: "Jetzt hängt es davon ab, dass die Klagen vor den amerikanischen Gerichten so schnell wie möglich zurückgenommen werden." Wenn das zügig vor sich gehe, "könnten wir noch in diesem Jahr aus der Stiftung Geld an die Partnerorganisationen zur Verfügung stellen".

Der Bundestag will das Gesetz für eine Entschädigungsstiftung am Donnerstag verabschieden, der Bundesrat am 14. Juli. Nach Einschätzung von Lambsdorff wird es für den Gesetzentwurf in Bundestag und Bundesrat große Mehrheiten geben.

Die Stiftungsinitiative hat sich verpflichtet, die zugesagten fünf Milliarden Mark einzuzahlen. Die anderen fünf Milliarden Mark für den Fonds bringt die öffentliche Hand auf. Bislang sind über 3,1 Milliarden Mark zusammen gekommen. Die Initiative bereite jetzt eine bundesweite Aktion mit Prominenten vor, die öffentlich die Firmen zur Zahlung in den Fonds aufrufen sollen, sagte Gibowski.