Kieler Nachrichten vom 07.03.2001

Zwangsarbeiter können auf baldige Zahlungen hoffen

Koordinierungsstelle beim Suchdienst des Roten Kreuzes - Wirbel um neuen Vorschlag von DaimlerChrysler-Vorstand

Bad Arolsen (AP) Ehemalige NS-Zwangsarbeiter können noch vor Ostern auf erste Entschädigungszahlungen hoffen. Das sagte der Vorstandschef der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Michael Jansen, am Montagabend in Bad Arolsen. Zuvor müssten aber amerikanische Gerichte Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen gewährleisten. Für Wirbel sorgte laut "Spiegel Online" derweil ein Vorschlag, die Zwangsarbeiter mit Steuergeldern sofort zu entschädigen.

In einem Brief an den Regierungsbeauftragten Otto Graf Lambsdorff schlug DaimlerChrysler-Vorstand Manfred Gentz nach einem Bericht des Online-Magazins vor, die Milliarden der Industrie so lange einzufrieren, bis der letzte Prozess entschieden sei. Das Mitglied im Stiftungsvorstand äußere in dem Schreiben Verständnis dafür, dass "die Zahlung an die Opfer wegen deren Alter Vorrang vor der Rechtssicherheit haben soll". Die Bundesregierung dürfe aber nicht erwarten, dass das Geld dafür von der Stiftungsinitiative komme. Stattdessen solle für die ersten Zahlungen die Bundesstiftung aufkommen.

Politiker von SPD, FDP und PDS erteilten diesem Vorschlag laut "Spiegel Online" eine klare Absage. "Wir haben Wort gehalten, und wir erwarten das von der Wirtschaft auch", zitierte das Online-Magazin den innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz. Auch der FDP-Abgeordnete Max Stadler erklärte den Angaben zufolge: "Ich glaube, wir können nicht darauf eingehen." Die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke nannte den Vorschlag absolut inakzeptabel und einen "Schlag in das Gesicht der Opfer". Nur der Grünen-Abgeordnete Volker Beck habe den Vorstoß begrüßt, schrieb das Magazin. Die Wirtschaft zeige einen Weg auf, wie es zu einem schnellen Auszahlungsbeginn kommen könne.

Jansen kündigte nach einem Treffen mit dem Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes in Bad Arolsen an, die Stiftung wolle innerhalb von zwei bis drei Jahren das ganze Geld an die ehemaligen Zwangsarbeiter und Sklavenarbeiter aus den Konzentrationslagern auszahlen: "Das Geld der Wirtschaft wird dann da sein." Nach Schätzungen der Stiftung gibt es weltweit rund 1,2 Millionen Berechtigte.

Bei den Gesprächen mit dem Suchdienst des Roten Kreuzes wurde vereinbart, eine Koordinierungsstelle für Anfragen von Zwangsarbeitern einzurichten, die nicht über ausreichende Dokumente verfügen. Die Koordinierungsstelle soll dann in den einzelnen Landesarchiven nach Belegen für die Zwangsarbeit forschen. Einzelheiten sollen am kommenden Montag in Berlin besprochen werden.

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