NGZ-Online vom 27.05.2001 "Kaltschnäuzig und hartherzig" Grass kritisiert Wirtschaft Köln (rpo). Als "kaltschnäuzig und hartherzig" hat Literatur- Nobelpreisträger Günther Grass das Verhalten der deutschen Wirtschaft bei der Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter kritisiert. Das Gerangel um Rechtssicherheit sei blamabel. Bei aller Erleichterung, dass die Gelder nun endlich ausgezahlt würden, bleibe ein Gefühl der Beschämung zurück, sagte Grass in einem vorab veröffentlichten Interview mit dem WDR-Magazin "polis" (Montag, 22.00 Uhr): "Die Blamage der deutschen Wirtschaft vor der Weltöffentlichkeit wird nicht wegzuwischen sein." Die Entscheidung der Wirtschaft, nur einen Teil der angefallenen Zinsen auszuzahlen, sei "ein Beleg dafür, mit welcher Mentalität man es zu tun hat", sagte Grass. Der Schriftsteller bezeichnete es als Fehler, für seine eigene, im vergangenen Sommer gestartete Sammelaktion, das Konto der Stiftungsinitiative angegeben zu haben. Er sei davon ausgegangen, das von Privatleuten gespendete Geld könne gegebenenfalls schon vorher ausgezahlt werden. Das sei von Wirtschaftsseite blockiert worden. "Ich hoffe, das jetzt die vier Millionen, so wenig es sein mag, nicht einbezogen werden in das, was Regierung und Wirtschaft aufbringen müssen." Als positiv würdigte Grass, dass es in der nachgeborenen Generation ein Verantwortungsgefühl gebe. Ohne den Druck der Öffentlichkeit und auch junger Leute wäre es nicht zu der bevorstehenden Auszahlung gekommen. |