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Manuskript der Sendung vom 25.01.2000


Beitrag: Entschädigungsinitiative für Zwangsarbeiter; Autorin: Margit Eberlein

Die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter steht am Mittwoch wieder einmal auf der Tagesordnung: Das Bundeskabinett befasst sich mit dem Gesetzentwurf über die Errichtung einer Stiftung mit dem Namen “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft”. Sie soll die Aufgabe übernehmen, die Gelder aus dem zehn Millionen Mark umfassenden Fonds zu verteilen. Noch hat die deutsche Industrie ihren Anteil nur zu einem geringen Teil eingezahlt.

Sehr viel unbürokratischer und schneller sind zwei Privatpersonen in Deutschland vorgegangen. Deutschland heute berichtet von ihrer Initiative:

Eine kleine Industriestadt im Sauerland. So gut wie jeder Betrieb in Plettenberg hat zwischen 1942 und 45 Zwangsarbeiter beschäftigt. Nicht mehr und nicht weniger als andere deutsche Städte. In der Gesenkschmiede Brockhaus & Söhne, noch heute in Familienbesitz, arbeiteten in dieser Zeit 80 Zwangsarbeiter.

Gudrun Brockhaus, Psychologin

"Bei uns zu Hause wurde wie wohl überall über die Nazizeit sehr wenig - fast gar nicht - gesprochen. Aber ab und zu wurde eben etwas erzählt von den Ostarbeitern, von den Zwangsarbeitern. Und ich hab das nie so politisch verstanden oder eingeordnet, aber gewusst habe ich es schon als Kind."

Gudrun Brockhaus lebt in München und hat mit der Firma ihres Vaters nichts mehr zu tun. Trotzdem stellte sie letztes Jahr aus ihrem Privatvermögen 80.000 DM für eine Rentenzahlung an Brockhaus-Zwangsarbeiter zur Verfügung.

Gudrun Brockhaus, Psychologin

"Am Anfang waren wir sehr optimistisch und haben gedacht: Wir finden die Leute, wir geben ihnen das Geld. Und haben gedacht: ein Jahr oder was - das ist schon gut gerechnet."

Doch die Suche nach aktuellen Adressen ehemaliger Zwangsarbeiter erwies sich als schwieriger als gedacht. Erste Spuren fanden sich im Plettenberger Stadtarchiv: Dort lagern 1.700 Karteikarten, darunter auch 80 von Zwangsarbeitern der Firma Brockhaus.

Der größte Teil kam wie auch bei anderen Firmen der Stadt aus der Ukraine. Sie waren halbe Kinder, als sie nach Deutschland verschleppt wurden. Das, und die persönlichen Daten der Zwangsarbeiter gab die Kartei preis.

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