Mittelbayerische Zeitung vom 09.03.2001 Wirtschaft wegen NS-Entschädigung unter Druck Bundesregierung fordert schnelle Zahlung ausstehender Gelder Die deutsche Wirtschaft ist nach der Weigerung einer US-Richterin, Sammelklagen von NS-Opfern abzuweisen, unter massiven Druck geraten. Vertreter der Bundesregierung riefen die Unternehmen auf, möglichst schnell die fehlenden Entschädigungsgelder bereit zu stellen und damit die Voraussetzung für eine mögliche Aufhebung der Gerichtsentscheidung zu schaffen. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wollte sich einschalten. Die New Yorker Richterin Shirley Kram hatte entschieden, sie werde die Sammelklagen gegen deutsche und österreichische Banken erst dann abweisen, wenn das Geld für die geplante Stiftung zur Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter beisammen sei. Wirtschaft und Bundesregierung wollen nun eine schnelle Revision der Gerichtsentscheidung erreichen. Die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft beharrte darauf, erst bei Rechtssicherheit die bereits eingesammelten Gelder an die dafür eingerichtete Stiftung weiterzuleiten. Industrie und Bundesregierung haben jeweils fünf Milliarden Mark für die Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter zugesagt. Der Stiftungsinitiative fehlen aber immer noch 1,4 Milliarden Mark. Voraussetzung für die Entschädigung ist die Rechtssicherheit deutscher Firmen. Die Zahlungen sollen demnach erst erfolgen, wenn der Bundestag formell festgestellt hat, dass die Unternehmen in den USA keine Klagen auf Entschädigung mehr zu fürchten haben. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Entschädigung der NS-Opfer, Otto Graf Lambsdorff, wertete die Entscheidung der New Yorker Richterin als schweren Schlag für die Entschädigungsbemühungen. Alle Beteiligten seien "stinkwütend". Mit Blick auf die fehlenden Gelder forderte er die Unternehmen auf, "die Lücke schleunigst zu schließen". Gleichzeitig hob er hervor, es müsse alles getan werden, um die Gerichtsentscheidung aufzuheben und noch vor der Sommerpause mit der Auszahlung der Entschädigungsgelder zu beginnen. "Es wird wirklich höchste Zeit", sagte Lambsdorff mit Hinweis auf die Tatsache, dass monatlich weitere NS-Opfer sterben, ohne entschädigt worden zu sein. Eine so genannte Dringlichkeitsberufung bei einem US-Berufungsgericht könnte laut Lambsdorff schon in drei bis fünf Wochen zu einer Entscheidung führen. Der Kanzler wollten mit den Spitzen der führenden Unternehmen der Stiftungsinitiative "nochmals kurzfristig" über die noch fehlenden Gelder beraten, wie Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye mitteilte. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte im ZDF: "Jetzt ist die Wirtschaft am Zuge und zwar schnell, ihre fünf Milliarden Mark wirklich beizubringen." Weitere Zahlungen des Bundes schloss Eichel aus.
Entschädigung von Zwangsarbeitern |