04.09.1998 "Begegnungen am Tatort" Düsseldorf "Als wir im Juni 1942 verschleppt wurden, war ich kaum 17 Jahre alt. Bewaffnete Soldaten gingen von Haus zu Haus; es war die örtliche Polizei, die von der deutschen Besatzung bestimmt wurde. Es war sinnlos sich zu verstecken, weil sie die ganze Dorfbevölkerung erschießen konnten. Wie eine Vieherde wurden wir zu Fuß weggetrieben, aber wohin und warum wußten wir - kleine, verängstigte Mädchen und Jungen - nicht. Wir hofften, daß es nicht zur Erschießung ginge ...". Anna Nesteruk wurde im Sommer 1942 nach Köln verschleppt, wo sie bis zur Befreiung im April 1945 Zwangsarbeit leisten mußte. Fast fünfzig Jahre später erreicht sie eine Einladung, im Rahmen eines Besuchsprogramms für ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter die Stadt Köln zu besuchen. Über dieses und andere beispielhafte Programme dieser Art informiert ein von der Hans-Böckler-Stiftung des DGB gemeinsam mit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. und dem Deutschen Städtetag herausgegebener Leitfaden. Er soll zur baldigen Nachahmung anstiften. Denn in einigen Jahren werden die von Verschleppung und Zwangsarbeit Betroffenen nicht mehr leben. "Das Vergangene ist nicht vergangen" - gerade in den letzten Wochen wird der Öffentlichkeit vor Augen geführt, daß die Verschleppung von Millionen Menschen - zum Beispiel zu Großkonzernen wie BMW, Volkswagen oder Siemens, aber auch zu ungezählten anderen mittleren und kleineren Betrieben - eine Hypothek darstellt, die auch mehr als 50 Jahre nach Kriegsende nicht abgetragen ist. Schätzungsweise zehn Millionen Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs zwangsweise zur Arbeit im Deutschen Reich verschleppt. Mit Entschädigungen ist es nicht getan. Die Hans-Böckler-Stiftung hat diese Broschüre über Besuchsprogramme mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern herausgegeben, um Initiativen vorzustellen, die seit mehreren Jahren Begegnungen mit Überlebenden organisieren. Konzipiert ist die Broschüre als Leitfaden, der konkrete Hilfestellungen für alle Gruppen und Initiativen bereithält, die den Vorbildern nacheifern wollen.
Karola Fings, Begegnungen am Tatort. Besuchsprogramme mit ehemaligen
ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen.
Ein Leitfaden.
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