"Wehe dem, der lügt!"
Welche schlimmen Vergehen vom hohen Biergericht in den Anfangsjahren geahndet
wurden, wird aus einem Bericht über das Gerstensafttribunal 1928 deutlich.
Fast zwei Stunden dauerten die Verurteilungen, Ein Schütze erhielt einen
"Strafbefehl", weil er "als Hauptmann beim vorjährigen Schützenfest den Degen
anstatt an der Seite auf dem Rücken gegenüber dem Bauch trug". Ein anderer
erhielt das "nassauische Bürgerrecht", weil er sich nicht unter preußische
Gesetze beugen kann. Ein dritter Schütze schließlich bekam einen Strafbefehl,
weil er "die Tagesneuigkeiten früher bringe als die Tagespresse".
Über das Biergericht des Jahres 1929 schrieb das Süderländer Tageblatt:
Jeder, der das Schützenfest mitfeierte, muß es bestätigen: Der letzte Tag war
der schönste. Und dazu trug in erster Linie das Biergericht bei, das
nach Rückkehr des Morgenfestzuges, der übrigens eine verhältnismäßig hohe
Teilnehmerzahl aufzuweisen hatte, im Festzelt seine große Sitzung abhielt.
Schon der Einzug des hohen Gerichtshofes unter Vorantritt des Tambourkorps
brachte die nötige Stimmung.
|
![]() Das Grüner
Biergericht im Jahre 1938 mit Biergerichtspräsident Julius Reineke an der Spitze (2. v. re.) |
Sein Präsident Julius Reineke, ein echter "Grüner Junge", trug einen langen grünen Talar mit weißen Aufschlägen, einem weißen und einem grünen Ärmel. Die Brust schmückte ein saurer Hering, der höchste Orden in der Grüne. Mit den drei schwarz befrackten Staats- anwälten Alfred Heßmer, Eugen Reinländer und Wilhelm Köster mit grün-weiß bebänderten Zylindern und seinem Schutzmann Willi Reinländer nahm er würdevoll Platz auf seinem Podium, das die Aufschrift trug "Wehe dem, der lügt!" |
Biergericht 1938: Sünder am Zeltbalken "aufgehängt"
Über das
Biergericht beim Schützenfest im Jahre 1938 schrieb das Süderländer Tageblatt:
"Das Biergericht mit Frühkonzert ging unter den traditionellen Zeremonien vor
sich und bereitete den Schützen, die das weite Zelt erwartungsvoll füllten,
zwei Stunden voll ungetrübter Freude. Das Biergericht der Grüne hat diesmal
seinen alten Ruf in glänzender Weise unter Beweis gestellt. Die originellen
Urteile, die hier von der hohen Biergerichtskommission unter Vorsitz des
1. Präsidenten Julius Reineke verkündet und anschließend vollstreckt wurden,
riefen immer wieder Stürme der Heiterkeit hervor.
Zwei handfeste Gerichtsdiener und ein auf der Bühne aufgestelltes
Gefängnis, in dem es recht fidel zuging, dazu das große 'Tuthorn' des Weihnachtschores
und ein langer Strick, mit dem die ganz schweren Sünder gleich an einem
Zeltbalken 'aufgehängt' wurden, vervollständigten dieses Gerichtsmillieu."
|
Biergerichtspräsidenten:
Julius Reineke (1929-)
|
![]() Vorsitzender Gerd Funke (li.) verleiht Rudolf Heinzemann den "Grüner Nobelpreis des Humors" - den Gartenzwerg. | ![]() Vorsitzender Günter Tengler (re.) überreicht auf dem Biergericht 1999 den Gartenzwerg an Bürgermeister Otto Klehm |