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Süderländer Tageblatt vom 10. Juli 1928 Das Schützenfest in der Grüne
Plettenberg -ie- Die
Fahnen wehten, Girlanden grüßten, die Straßen der Grüne standen im Schmuck
der bunten Wimpeln mit den Schützenfarben und des Birkengrüns. Zum 4. Male
rüstete man in der Grüne zu dem Schützenfeste, das sich von Jahr zu Jahr
steigernder Beliebtheit erfreut. Ein Volksfest war es auch diesmal wieder im
wahrsten Sinne des Wortes, getragen von Einigkeit und kameradschaftlichem
Geist.
Am Samstagnachmittag um 2 Uhr trat die 2. Kampagnie zur
Abholung des Vogels an. Unter Vorantritt des Trommlerkorps, das in den neuen
schmucken grünen Uniformen besonders auffiel, gings durch die Straßen der
Grüne. Inzwischen formierte sich die 1. Kompagnie und nach der Rückkehr der
2. Kompagnie marschierte man unter den flotten Marschweisen des Städtischen
Orchesters unter der Leitung von Musikdirektor Krämer zum Schießstand auf der
Bermecke.
Mit kurzen Worten eröffnete der 1. Vorsitzende, Herr Aug.
Reineke, das Vogelschießen. Den ersten Schuß tat "Se. Majestät", dann folgten
die Adjutanten, das Offizierskorps und die Schützen. Heiß war der Kampf und
dementsprechend noch heißer der Durst. Warum auch nicht? Zu einem echten wahren
Volksfest gehören Stimmung, Fröhlichkeit, Humor. Und wenn vor dem Schützenstande
die Gläser klangen und die Lieder stiegen, so zeugte das von der Art, wie echte
Schützen wissen, fröhlich zu sein und Feste zu feiern.
Die Zeit verflog rasch. Da - um 6.15 Uhr fiel der Vogel. Die Hochs erklangen,
und der Jubel wollte kein Ende nehmen, als man den Eichenkranz dem neuen
Schützenkönig, Herrn Otto Wiegand, überreichte...
...Um 9 Uhr zog unter den wuchtigen Klängen des Präsentiermarsches der Hofstaat
ein. Nach einigen weiteren Konzertstücken folgte der Höhepunkt des Abends:
Die Königskrönung und anschließend daran die Auszeichnung der 15 besten
Schützen. Die Königskrönung nahm der 1. Vorsitzende des Vereins, Herr Aug.
Reineke unter Assistent des Obersten, Herrn Fritz Klauke vor. Er führte aus:
"Zum 5. Male feiern wir das Schützenfest, zum 5. Male nehmen wir die Königskrönung
vor. 665 Schuß waren notwendig, um den Vogel zur Strecke zu bringen. Es war ein
heißer Kampf. Den Sieg trug Schützenbruder Wiegand davon, den wir jetzt zum
König proklamieren. Als Schützenkönigin hat er sich Frau Karl Müller auserkoren.
Nach der Proklamation fuhr Herr Reineke fort: "Wir haben dem neuen König den
Namen "Otto der Lustige" zugelegt (Stürmische Heiterkeit). Ich danke der alten
Majestät "Wilhelm dem Sanften", dem nunmehr Enthronten, für sein mildes Regiment
und wir hoffen, daß unter "Otto dem Lustigen" sich der Schützenverein zu weiterer
Blüte entwickelt...
Anschließend daran nahm Herr Tillmann die Auszeichnung der 15 besten Schützen
vor. Um das Schießen zu fördern, habe der Schützenverein in diesem Jahr ein
Medaillenschießen ausgeschrieben. Das Medaillenschießen hat stattgefunden am
28.5., 3.6., 10.6., 810 Schuß. Die besten Schützen sind: Walter Schnippering
(35 Ringe), Aug. Reineke (33 Ringe), Erich Hagen (33 Ringe), Walter Meese (34),
Karl Hoffmann (32), Alfred Heßmer (32), Erich Hoffmann (32), W. Müller (32),
Gust. Bullicke (32), Ernst Selle (32), Fritz Klauke (31), Josef Klut (31), Karl
Siebert (31), Aug. Rüsing (31) und Willy Hoffmann (30 Ringe).
...Im Verlauf der Nachmittagsveranstaltung nahm Herr Prokurist Heßmer im Auftrag
des Vorstandes das Wort, um die Gäste zu begrüßen. "Mein besonderer Gruß gilt",
so führte er aus, "den Vertretern der Plettenberger Schützengesellschaft unter
Führung Se. Majestät Albert 1. und des Obersten Pickardt. Heute begehen wir
den 5. Geburtstag des jungen Vereins, und wenn wir lauter frohe Gesichter
sehen, so fragen wir uns, wie ist es möglich, daß der junge Verein eine derartige
Stellung einnimmt, daß seine Feste sich solcher Beliebtheit erfreuen. Ich denke
da an das Wort, das einer der größten Schützenvereine in unserer Gegend an
seiner Halle angebracht hat: "Bürgertreue und Einigkeit!" Diese sind es, die
der junge Verein pflegt und die ihn vorwärts gebracht haben. In dem Schützenverein
darf es keine Unterschiede hinsichtlich der Politik, der Religion und des
Standes geben. Gerade die Schützenvereine sind geeignet, soziale Gegensätze
zu übebrücken. Wir kennen in unserem Verein keine Stände, wir kennen nur
Schützen...
Der neue Hofstaat setzt sich folgendermaßen zusammen: König Otto Wiegand,
Königin Frau Karl Müller; erster Adjutant Karl Müller, 2. Adjutant Heinr. Becker,
Hofmarschälle: Aug. Reineke, Hch. Klotz, Willy Bödefeld, Willy Hecker,
W. Hoffmann, W. Müller.
Insignienschützen: Alfred Wolff (Reichsapfel), Willi Lerch
(Zepter), Alfred Weinbörner (Krone), Willy Malett (li. Flügel), Paul Kroher
(re. Flügel), Otto Wiegand (6.15 Uhr, 665. Schuß, Vogel).
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