Das Geschlecht Dulheuer


Quelle: "Wir stammen aus Bauern- und Schmiedegeschlecht", Eberhard Winkhaus, Görlitz 1932, S. 215-229

Plettenberg, in alten Zeiten Heslipho geheißen und eine halbe Stunde von der Lenne gelegen, nahe der Grenze des Herzogtum Engern und Westfalen und des Süderlandes, ist der Stammort des Geschlechtes Dulheuer. Die Grafen von Plettenberg, die dem Orte den späteren Namen gaben, verkauften ihn mit allen Gerechtsamen an die Grafen von der Mark, die gegen Ende des 14. Jahrhunderts [1397] Stadtrechte verliehen.

Hatten vor Zeiten Ackerbau und Viehzucht den Bewohnern Lebensunterhalt gegeben, so kamen schon vor dem 30-jährigen Kriege Tuchmacher und Schmiedegewerbe auf, die lohnenden Verdienst abwarfen. Unter mancherlei widrigen Schicksalen hatte die Stadt sehr zu leiden. In den Jahren 1599, 1626 und 1636 riß die Pest den größten Teil der Bürger hinweg. Feindliche Truppen plünderten an den Weihnachtstagen 1632. Französische Truppen ließen in den Jahren 1672 und 1679 die Einwohner lange Wochen hindurch nicht nur um ihr Eigentum, sondern auch um ihr Leben bangen. Am 12. April 1725 vernichtete eine Feuersbrunst den größten Teil der Stadt. Da auch Kirche und Pastorat abbrannten, so sind uns aus den Jahren vor 1725 nur wenig Nachrichten über das Geschlecht Dulheuer erhalten.

Während die Familienüberlieferung annahm, dass das Geschlecht aus dem Bergischen eingewandert und von den preußischen Königen zur Verpflanzung der bergischen Stahlwarenerzeugung nach Plettenberg dorthin geholt worden sei, ließ sich mittlerweile eine Akte auffinden, nach der schon 1621 das Geschlecht Dulheuer in Plettenberg ansässig war. Eine 1655 geschriebene Urkunde berichtet, dass während des 30-jährigen Krieges [1618-1648] neun Familien der Stadt völlig ausgestorben seien. Unter den Familien, die vor 1621 und noch 1655 in Plettenberg wohnten, werden mehrere Familien Dulheuer erwähnt, die mit 56 zehnpflichtigen Familien abgabepflichtig genannt werden.

Wiederholt wird ein Mundus Rinken, genannt Dulheuer, in den Akten erwähnt. Ob er eine Tochter Dulheuer geheiratet hatte, und zu seinem Namen den Namen Dulheuer hinzunahm, oder ob er aus dem Bergischen eingewandert war, ließ sich bislang nicht klären. Die Schmiedezunft-Listen von Plettenberg führen ihn als zum Schmiedeamt berechtigt.

Der Name Dulheuer lässt sich von einer Beschäftigung ableiten. Unter Dulheuer oder Düllhauer versteht man ein langes, mit einer Dülle [Tülle] zum Einstecken des Stieles versehenes Messer, den sogenannten Hauer, der noch heute ein Exportartikel der märkischen Kleineisenindustrie nach Afrika und Südamerika darstellt. Der Düllhauer kehrt auch im Wappen des Geschlechtes wieder.

Als Stammvater des Geschlechtes lässt sich Peter Dulheuer nachweisen. 1691 zahlte er 2 Stüber Pacht für ein der Kirche gehörendes Gartenland. Da der Brand von 1725 alle Akten vernichtete, ist weder seine Gattin noch das Geburtsdatum seiner Kinder bekannt. Seiner Ehe entsprossen zwei Söhne:
1. Sigismund Dulheuer, der nachstehend wiedergegeben wird.
2. Johann Dulheuer. Er wird als Schmied genannt und bewohnte nach dem Brande von Plettenberg das Haus Nr. 18 daselbst. Sein Eigentum wurde auf 60 Thaler geschätzt. Aus seiner Ehe sind uns keine Nachkommen bekannt geworden. Seine Witwe starb am 25. Juli 1784 im Alter von 70 Jahren an der Wassersucht.

Sigismund Dulheuer war ebenso wie sein Bruder Schmied. Ihm gehörte das Haus Nr. 13, das 50 Thaler Wert hatte, während eine nach dem Brande 1725 aufgestellte Taxe Häuservon 25 bis zu 200 Thalern Wert angibt. Von Sigismund, dessen Frau nicht genannt wird, sind sechs Söhne und eine Tochter bekannt:

1. Johann Jobst. 1777 wohnte er zusammen mit seinem ältesten Sohn in dem Hause Nr. 98 zu Plettenberg. In demselben Jahre wird er als Konsitorial-Presbyter bezeichnet. Seine Gattin Maria Catharina geb. Brockmann starb 1776 im Alter von 69 Jahren an der Auszehrung. Ihrem Gatten schenkte sie einen Sohn:
Johann Christoph †15.06.1800, dreiunfünfzigjährig an der Brustfieberkrankheit. In erster Ehe war er verheiratet mit Anna Sibylla Werdes, †1786 im Alter von 42 Jahren an der Schwindsucht. Gegen Ende desselben Jahres heiratete er Maria Catharina Hohage, Witwe von Johann Friedrich Jaeger zu Grimminghausen.

2. Jobst Heinrich wird 1777 gewesener Konsistorial-Presbyter genannt. 1786 starb er als Witwer. Von seinen Söhnen war Christoph Friedrich Obervorsteher, während der jüngere Jobst Heinrich nach Amerika ausgewandert sein soll.

3. Christoph Diedrich war Meister der Tuchmacherzunft, in die er 1749 aufgenommen worden war. 1777 wohnte seine Witwe im Hause Nr. 110. Insgesamt werden 193 Häuser aufgeführt. 1793 wurde sie begraben. Ihr einziger Sohn Hermann Isaak heiratete 1793 Maria Catharina Böllinghaus aus Plettenberg.

4. Johann Caspar [†13.10.1782] wohnte 1777 im Hause Nr. 97. Im Alter von 66 Jahren starb er am 13. Oktober 1782. Ein Jahr vorher war ihm seine Gattin Anna Maria Vollmann im Alter von 59 Jahren im Tode vorausgegangen. Sein Sohn Johann Henrich heiratete 1792 Anna Johanna Elisabeth Gregori, des Bürgers Johann Gregori zweite Tochter.

5. Christoph [†13.03.1786] wurde 1738 im 4. Viertel zur Feuerspritze abkommandiert. In einigen Berichten wird er auch Christoph Eberhard genannt, der 1742 als Ratsherr an die Stelle des Ratsmanns Koch trat. 1757 gehörte er zu den drei Fuhrknechten, die zusammen mit elf Kollegen aus den Ämtern Plettenberg, Neuenrade und Herscheid Kriegsfuhren nach Hattingen und von dort nach Lippstadt zu machen hatten. Jeder erhielt als Reiseentschädigung 9 Reichsthaler. 1777 wohnte er zu Plettenberg im Hause Nr. 21, war demnach, wie die meisten seiner Brüder, Hausbesitzer. Er war sehr befreundet mit Johannes Jakob Magnier, einem gewesenen Pastor und Dekan aus Ligne, der als französischer Emigrant aus der Grafschaft Artois geflohen und auf seiner Wandering in Plettenberg seßhaft geworden war. Dort starb er, 78 Jahre alt, im Jahre 1798 im Hause Nr. 98, das Johann Jobst Dulheuers Sohn Johann Christoph gehörte.

Christoph Eberhard starb am 13. März 1786 als Witwer, 75 Jahre alt, an Entkräftung. Seine Frau Catharina Elisabeth, mit der er 54 Jahre und 2 Monate verheiratet war, starb am 22. August 1784 im Alter von 72 Jahren. Aus dem Kirchenbuche lässt sich eine Tochter Susanne Marie feststellen, die 1777 Jobst Henrich Gregori heiratete. Von ihm stammen vier Töchter ab, die in die Familien Elhaus, Kämpfer, Klaus und Müller einheirateten. Ein Sohn Mundus Dulheuer soll in das Bergische ausgewandert sein, wo heute noch Namensträger leben.

6. Heinrich Bernhard setzte die Geschlechterreihe nachstehend fort.
7. Maria heiratete Johann Christoph Wolff. Aus dieser Ehe entsprossen eine Tochter Maria Wolff, die Johann Kaspar Fischer heiratete, und zwei Söhne Johann Christian und Friedrich Wolff.

Heinrich Bernhard erlernte wie seine Vorfahren das Schmiedehandwerk, beteiligte sich an Osemundhämmern und wurde Reidemeister. Als solcher erwarb er sich eine sehr angesehene Stellung. 1736 war er Quartalsmann, 1740 Senator und Ratsherr der Stadt Plettenberg. Ihm war die Lieferung des gesamten für den Wiederaufbau des Kirchturmes und der Kirche benötigten Eisens übertragen worden. Während er zuerst nur für die Kommissionäre Eisen und Stahl angefertigt hatte, begann er schon früh, durch eigene Reisen nach Hannover, den Rheinlanden und den Niederlanden den Verkauf nicht nur von Stahl und Eisen, sondern auch von verschiedenen Werkzeugen aufzunehmen, wodurch er sich schnell ein ansehnliches Vermögen erwarb. Er soll am 22. Juli 1758 gestorben sein, wird aber in einer Urkunde von 1741 schon als "verstorbener Ratsherr" gemeldet. 1728 hatte er Anna Catharina Lambertsmann geheiratet, †21. April 1791 im Alter von 81 Jahren an Altersschwäche. Aus seiner Ehe stammen zwei Söhne:

1. Johann Christoph, 1729-1785, wird nachstehend aufgeführt.
2. Christoph Friedrich, *30. Oktober 1746 †21. Mai 1777. 1764 war er als Meister der Tuchmacherzunft anerkannt worden. Von ihm stammt ein Sohn Johann Caspar Heinrich, der als Königlich Preußischer Feldmesser 1798 Anna Josina Wilhelmine Lohmann, des Bürgers Johann Heinrich Lohmann jüngste Tochter, heiratete. Dreißig Jahre alt starb sie am 16. April 1803 an der Zehrung.
1806 war Johann Caspar Heinrich Obervorsteher und heiratete in zweiter Ehe die Witwe des Gastwirtes und Obervorstehers Hermann Bernhard Kruse, Johanna Sophia geb. von der Hoeven.

Johann Christoph, *20. Oktober 1729 †15. März 1782, übernahm die Hämmer seines Vaters. Er scheint sich als Reidemeister nicht mit der Fortführung der väterlichen Geschäfte begnügt, sondern an verschiedenen Hammerwerken beteiligt zu haben. Als Iserlohner Kaufleute in der Plettenberger Gegend auf Blei schürften, beteiligte er sich an dem Konsortium, das in den Berg an der Wormel Stollen und Schächte treiben ließ. 1756 übernahm er dieses Bergwerk auf eigene Rechnung, wurde am 15. Mai 1758 damit belehnt und ließ dann vier Maaßen und eine Fundgrube ausbeuten. Der Schacht war 9 1/2 Lachter tief und dann 8 Lachter gegen Nordwest ausgebaut, wo vor Ort 3 Zoll mächtige Bleiadern hervorbrachen, umgeben von 1 1/2 Fuß Poch-Erz. Man musste den Schacht später noch 3 Lachter tief bis auf den Stollen abbauen, doch ließ dann die Ergiebigkeit nach, so dass das Bergwerk nach einigen Jahren stillgelegt werden musste.

Am 12. Oktober 1755 heiratete er Clara Anna Catharina Wolff, *4. Oktober 1730 zu Plettenberg als Tochter von Johann Christian Wolff, 1689-1785, und Catharina Elisabeth Pauli, 1697-1769. In der bis 1500 zurückverfolgbaren Familie Pauli hatte Daniel Pauli, Doctor juris zu Lübeck, ein Familienstipendium von 5000 Rthlrn. festgelegt, aus dessen Zinsen junge Familienmitglieder Studienzuschüsse erhalten sollten, ohne dass irgendwelche Beschränkungen über Dauer und Art des Studiums auferlegt waren. Von der Familie Pauli kam über die Familie Wolff die Nutznießung dieser Stiftung auch an die Familie Dulheuer. Johann Christoph starb am 15. März 1782. Seine Witwe verschied am 15. April 1790 am Schlage. Von den beiden Kindern dieser Ehe wird

1, Johann Heinrich Dietrich nachstehend aufgeführt.
2. Johanna Sophia Elisabeth, *1. Januar 1774, heiratet 1803 den "treufleißigen Schullehrer der reformierten Gemeinde zu Plettenberg", Gerhard Heller, der nach den Freiheitskriegen nach Mülheim an der Ruhr verzog.

Johann Heinrich Dietrich, *1. Juli 1756 Plettenberg, verließ, wohl durch den Einfluss seiner Mutter, den Beruf seiner Vorfahren. Er kam auf das Gymnasium zu Soest, wo er als einer der ersten das von dem Minister Wöllner unter Friedrich Wilhelm II. eingeführte Abiturienten-Examen bestand. (wird fortgesetzt)