Quelle: SIHK: Die südwestfälische Wirtschaft - Kleineisenindustrie, Bd. II; 1. Teil, 1967, S. 173-174
W. Wagner jr. GmbH
Kaiserstr. 10a - Gegründet 1853 durch Wilhelm Wagner
Am 26.07.1853 gründete Wilhelm Wagner in Plettenberg einen Betrieb, um
die bis dahin handwerklich gefertigten Stimmnägel und Stifte für die
Klavierindustrie maschinell herzustellen. In Europa und in den
Vereinigten Staaten von Amerika hatte die Klavierindustrie s. Zt.
erheblichen Bedarf für die immer größer werdende Klavier-Herstellung.
In dem Hause seines Schwiegervaters, dem "Weiß'schen Haus", begann
er mit den ersten Maschinen die Fabrikation, um dann im vorübergehenden
Zusammenwirken mit seinem Schwager Carl Meuser die Herstellung in
ein Gebäude am Kirchplatz zu verlegen. Diese Räume wurden auch bald zu
klein, und so legte er in der Kaiserstraße den Grundstein zu den
heutigen Fabrikanlagen.
Im Jahre 1876 trat der Schwiegersohn des Gründers, Carl Walle, als
Mitinhaber ein und führte den Betrieb zusammen mit Wilhelm Wagner
bis 1889 gemeinsam. Von da ab war Carl Walle alleiniger Inhaber.
Mit gutem technischen Verständnis hat er viele Verbesserungen in
der Massenherstellung durchgeführt. Schon bei seinem Eintritt
richtete er die Drahtzieherei ein, da die bisherigen Zulieferer
den Draht nicht genau genug zogen. Automatisch arbeitende Maschinen,
zum Teil patentiert, wurden nach seinen Entwürfen gebaut und
erhöhten die Produktion erheblich.
Seit Mitte der neunziger Jahre war Carl Walle jr., der einmal den
Betrieb weiterführen sollte, im Betrieb tätig. Der Sohn starb
aber vor dem Vater, und so musste sein jüngerer Bruder Alfred
Walle seine Stelle einnehmen. Der erste Weltkrieg unterbrach
viereinhalb Jahre diese Tätigkeit und zwang danach Alfred Walle, an
die unterbrochenen Verbindungen mit dem Ausland wieder anzuknüpfen.
Um den Betrieb nicht ganz von der Klavierindustrie abhängig zu machen,
wurde die Holzschrauben-Abteilung angegliedert, die nach und
nach ausgebaut wurde. Alfred Walle starb 1929, die Firma wurde in
eine Familien-GmbH umgewandelt.
Seit 1930 ist der Urenkel des Gründers, Karl Jochen Kayser, in der
Firma tätig, welche die Holzschrauben-Abteilung noch weiter
ausbaute und 1936 zur Aufnahme dieser Abteilung eine neue
Fabrikhalle errichtete. Durch den zweiten Weltkrieg wurde diese
Weiterentwicklung unterbrochen, Hans Jürgen Kayser, Mitgesellschafter
und Bruder des jetzigen alleinigen Gesellschafters, kam aus dem
Krieg nicht zurück.
Nach 1945 galt es, den Betrieb wieder aufzubauen und insbesondere
die Verbindungen zu alten Geschäftsfreunden im Ausland wiederherzustellen.
Die in früheren Jahrzehnten geübte persönliche Pflege der
Geschäftsverbindungen hat sich auch in dieser Zeit bestens bewährt.
Der Betrieb wurde durch Aufnahme der Blechschraubenfabrikation,
eine Ergänzung des Holzschraubenprogrammes, auf noch breitere
Grundlage gestellt und musste 1957 durch eine weitere Fabrihalle
vergrößert werden.
Quelle: WR (Westfälische Rundschau) vom 24.07.1953
100 Jahre erfolgreiche Fabrikation
Schraubenfabrik W. Wagner jr. besteht seit 1853
Plettenberg. Der kommende Sonntag wird für die Stimmnagel- und Holzschraubenfabrik
W. Wagner jr. von besonderer Bedeutung sein. Genau vor 100 Jahren, am 26. Juli 1853, gründete
der damals 29jährige Wilhelm Wagner im Hause seines Schwiegervaters, des Blaufärbers Weiß,
dieses Unternehmen.
In jenen Jahren nahm die Klavierindustrie einen rapiden Aufschwung, darum spezialisierte der
Gründer seinen Betrieb auf die mechanische Herstellung von Stimmnägel und wählte als
Firmenzeichen die Biene. Etwa zwei Jahrzehnte später trat der Schwiegersohn des Gründers,
Carl Walle, als Mitinhaber in die Firma ein. Durch dessen Tatkraft und Fleiß wurden im Laufe
der folgenden Jahre viele Erneuerungen eingeführt.
Eine eigene Drahtzieherei gliederte sich dem Werk an, das sich damals bereits schon auf dem
Gelände an der Kaiserstraße befand. Außerdem wurde unter seiner Führung die fabrikationsmäßige
Herstellung der Stimmnägel aufgenommen. Die gute Qualitätsarbeit, die das Werk lieferte, wurde
im In- und Ausland gerne gekauft.
Nach dem Tode Carl Walles übernahm der damals erst 19jährige Sohn Alfred gemeinsam mit seiner
Mutter die Leitung des Werkes. Wenige Jahre später brach der Weltkrieg aus und damit war die
Zeit eines 60jährigen friedlichen Wirkens vorüber. Als Alfred Walle aus dem Krieg heimkehrte, fand
er eine völlig veränderte Lage vor. Jahre zäher Aufbauarbeit kamen. Die Holzschraubenfabrikation
wurde zusätzlich aufgenommen, und endlich erlangte die Firma ihren alten Ruf und ihre Geltung auf
den Märkten wieder.
Im Jahre 1930 übernahm nach dem Tode Alfred Walles der Urenkel des Gründers, Karl-Jochen Kayser,
die Leitung des Werkes, der bis zum heutigen Tag als alleiniger Gesellschafter gemeinsam mit dem
Geschäftsführer Max Castrop dem Unternehmen vorsteht. Betriebsführung und Belegschaft, unter
denen sich eine ganze Reihe Jubilare befinden, die der Firma seit über 50 Jahren bzw. 25 Jahren
angehören, werden am morgigen Samstag gemeinsam mit ihren Gästen die Einhundertjahrfeier im
wohlgestimmten Kreis begehen.
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100 Jahre im Zeichen der Biene
Text: Dr. Konrad Liss, Lüdenscheid - Zeichnungen: Heinz Wever, Herscheid - Druck: H. Overhoff, Plettenberg 1953
Quelle: 2 DIN A4-Seiten, maschinengeschrieben, Autor unbekannt, Archiv HH
Große Nachfrage nach Stimmnägeln
Vor mehr als 100 Jahren hatte die Klavierindustrie einen starken Aufschwung zu
verzeichnen, und es hatte sich herausgestellt, dass auch der immer größer werdende
Bedarf an Stimmnägeln durch handwerkliche Fertigung nicht mehr gedeckt werden
konnte. Der Gedanke, diesen Artikel in mechanischer Herstellung und damit in
größeren Mengen zu produzieren, und darüber hinaus die Absatzmöglichkeiten auf
dem Weltmarkt zu nutzen, bewogen Wilhelm Wagner am 26. Juli 1853 zur Gründung
seines Unternehmens, dem er den Namen W. Wagner jr. gab.
Zuerst produzierte er in dem Weiss`schen Haus, dem Haus seines Schwiegervaters,
verlegte dann im vorübergehenden Zusammenwirken mit seinem Schwager Carl Meuser
die Produktion in ein Gebäude am Kirchplatz, und als auch dort die Räume nicht
mehr ausreichten, wurde in der Kaiserstraße der Grundstein zu den heutigen
Fabrikanlagen gelegt.
Die Produktion nahm einen günstigen Verlauf. Der Wagnersche Stimmnagel Marke
"Biene" war bald nicht nur im Inland, sondern auch außerhalb der deutschen Grenzen
bekannt und wurde seiner guten Qualität wegen gerne gekauft.
Im Jahre 1876 trat sein Schwiegersohn Carl Walle als Mitinhaber in die Firma ein.
Bis 1889 führten beide das Unternehmen gemeinsam, dann zog sich Wilhelm Wagner
von den Geschäften zurück und übertrug das Werk seinem Schwiegersohn. Carl Walle
führte das Werk zu beachtlicher Höhe und vervollkommnete die Produktion. Bereits
1876 hatte er eine Drahtzieherei in seinem Werk eingerichtet, um von Zulieferungen
unabhängig zu sein. Seit Mitte der 90er Jahre wirkte der älteste Sohn des Carl
Walle im Unternehmen mit. Er war dazu berufen, das Unternehmen fortzuführen.
Jedoch starb der Sohn vor dem Vater im Jahre 1910.
Sein Bruder Alfred musste sein Vorhaben, Arzt zu werden, aufgeben, um sich dem
Betrieb zu widmen. Dann brach der Krieg aus und Alfred Walle stand viereinhalb
Jahre an der Front. Nach dem Krieg sah er sich einer völlig neuen Lage gegenüber.
In zäher Arbeit wurde versucht, die Absatzgebiete zurückzugewinnen. Als Ausgleich
für den geschrumpften Export wurde 1926 die Holzschraubenfertigung aufgenommen.
Nachdem Alfred Walle im Jahre 1929 verstorben war, wurde die Firma in eine Familien-GmbH
umgewandelt. Seit 1930 ist der Urenkel des Gründers, Karl-Jochen Kayser, in der
Firma tätig. Er leitet heute zusammen mit dem Geschäftsführer Max Castrop das
Unternehmen. 1936 wurden die Fabrikanlagen beträchtlich erweitert. Durch Ausbruch
des 2. Weltkrieges wurden abermals alle Pläne zunichte gemacht. Karl-Jochen Kayser
wurde zur Wehrmacht eingezogen. Hans-Jürgen Kayser, Mitgesellschafter und Bruder
des jetzigen alleinigen Gesellschafters, kam aus dem Kriege nicht zurück.
Nach 1945 galt es, den Betrieb wieder aufzubauen und die Verbindungen zu alten
Geschäftsfreunden wieder herzustellen. Die in früheren Jahrzehnten geübte
Pflege der Geschäftsverbindungen hat sich auch in dieser Zeit bestens bewährt.
Der Betrieb wurde durch Aufnahme der Blechschraubenfabrikation auf eine breitere
Grundlage gestellt und musste 1957 durch Ausbau der Werksanlagen vergrößert werden. |