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Briefkopf der Plettenberger Kleinbahn aus dem Jahre 1958
Quelle: ST vom 05.02.1952
Direktor Müller tritt in den Ruhestand
Plettenberg. Gestern vormittag fand innerhalb einer Vorstandssitzung,
an der auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Dipl.-Ing. Engelhard, ferner
Stadtdirektor Kordes sowie die leitenden Angestellten und der Betriebsrat der
Plettenberger Kleinbahn AG teilnahmen, die feierliche Einführung des neuen
Direktors und obersten Betriebsleiters, Joachim von Galléra, statt. Nach
Erreichung der Altersgrenze übergab am gleichen Tage Direktor Müller die
bisher ausgeübte Tätigkeit des obersten Betriebsleiters an seinen Nachfolger,
führt aber noch bis zur endgültigen Übertragung die Geschäfte des Vorstandes
weiter.
Über ein halber Jahrhundert im Dienst der Plettenberger Kleinbahn
Wir begegnen in Direktor Müller dem, was man in den USA einen "Selfmademan"
nennen würde. Hat er sich doch aus eigener Kraft vom Stift in diesem Betrieb
bis in die höchste Stellung hinaufgearbeitet.
Nachdem er im Jahre 1923 zunächst vertretungsweise mit der Betriebsleitung
beauftragt und ihm die Prokura erteilt worden war, erfolgte 1925 die Ernennung
zum Betriebsleiter. Bereits zwei Jahe später wurde er Betriebsdirektor. Zwanzig
Jahre später, 1947, erfolgte die Bestellung zum ordentlichen Vorstandsmitglied
der Plettenberger Kleinbahn AG. Praktisch hat Herr Müller seit dem Jahre 1923
den Betrieb allein geleitet.
Nicht allein Fachleute, auch Außenstehende vermögen zu beurteilen, dass Direktor
Müller in der Zeit seines Wirkens Bedeutendes für den Ausbau und die Vergrößerung
und Modernisierung des Fahrzeugparkes sind sein Werk. Seiner Initiative ist auch
die Einrichtung des Kraftverkehrs und sein Ausbau zu verdanken.
Ein bewährter Praktiker des Eisenbahnwesens
Im Anschluss an diese Tätigkeit wurde dem nun bereits versierten Verkehrsmann 1943
die oberste Betriebsleitung des Zweckverbandes der Kreisbahnen im Wartheland
übertragen. Dort ereilte auch ihn das Schicksal des Zusammenbruchs der deutschen
Front im Osten. Mit vielen tausend anderen kam er als Flüchtling hier in den
Westen. Bald aber konnte sich Joachim von Galléra wieder als Spezialist einsetzen.
Gerade auf dem überbeanspruchten Verkehrssektor gebrauchte man Männer, die Könner
waren. Dass Herr von Galléra dazu gehörte, bewies er bald beim schwierigen Aufbau
der Tecklenburger Nordbahn. Hier war vieles zerstört. Es bedurfte einer großen
Anstrengung und weitsichtigen Planung, diese nordwestfälische Bahn wieder in
Ordnung zu bringen. Zwei Eisenbahnbrücken mussten völlig neu aufgebaut werden,
Betriebsgebäude waren wieder aufzurichten.
Als Bahnverwalter und örtlicher Betriebsleiter hatte sich Joachim von Galléra
um alles dies zu kümmern. In einem an sich sehr kurzen Zeitraum war es jedoch
geschafft, dass die Tecklenburger Bahn wieder voll in Betrieb genommen werden
konnte. Um aber wieder in größerem Bereich Verantwortung übernehmen zu können,
bewarb sich Herr von Galléra um die in einem Fachblatt ausgeschriebene
Direktorenstelle der Plettenberger Kleinbahn AG. Er wurde unter vielen Bewerbern
als der geignete ausgewählt. |