Quelle: WR Plettenberg vom 27.04.1992

Preisverfall bei wachsenden Produktionskosten - 27 Mitarbeiter betroffen - "Eine Todesspirale"
Schraubenfabrik E. W. Paul Menschel
stellte Konkursantrag

Plettenberg. (mau) Die deutlich schlechter gewordenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere in der Schraubenindustrie, haben zur Insolvenz des Traditionsunternehmens E. W. Paul Menschel GmbH & Co KG mit Standort Grünestr. 87 geführt. Am Freitag trat Geschäftsleiter Klaus Menschel vor die Belegschaft und erläuterte in einer 15-Punkte-Stellungnahme, warum er den Konkursantrag stellen musste.

Zur Zeit werden im Werk E. W. Paul Menschel 27 Mitarbeiter beschäftigt. Wie Klaus Menschel im Gespräch mit der WR versicherte, werden entsprechende Anstrengungen unternommen, die Fertigung zumindest in Teilen weiterzuführen, da noch ein guter Auftragsbestand vorliege. Menschel: "Sogar mit Überstunden."

Intensiv hat sich Menschel mit den Gründen für den Konkurs auseinandergesetzt. Der internationale wie innerdeutsche Preisverfall bei gleichzeitigem Anstieg der wichtigsten Kostenfaktoren spiele die Hauptrolle bei den zunehmenden Schwierigkeiten in der Zulieferindustrie im allgemeinen, so ein angesichts der Situation enttäuscht wirkender Klaus Menschel. Für den Konkurs seines Unternehmens nennt er detailliert folgende 15 Ursachen: Preisverfall der Produkte, verschärfter internationaler Wettbewerb, nicht marktgerechte Subventionen in der Schraubenindustrie, Höhe des Zinsniveaus, enormer Krankenstand, die "Spitzenklasse" des hiesigen Strompreises, Preis-Nullrunden bei Großabnehmern, Flut von Prüfvorschriften, Überbrückungsschwierigkeiten der Urlaubsperioden, immer neue Verordnungen und Auflagen, unzureichende Honorierung der Werkzeugkosten und der Entwicklung, verzögerte Zahlungseingänge, die Unmöglichkeit des Schritthaltens mit den Investitionserfordernissen, sinkende Bestell- und Losgrößen, Produktions- und Lieferrisiken.

Menschel: "Kommen zu diesen Punkten neben den schier undurchführbaren Motivationsnotwendigkeiten lebensälterer Mitarbeiter noch Management-Fehlermöglichkeiten, ergibt sich eine unternehmensbedrohende Todesspirale."


Quelle: Süderländer Tageblatt vom 11.11.1954


Bemerkenswertes Jubiläum in der Plettenberger Industrie
50 Jahre Menschel-Schrauben und -Muttern
Zielbewußter Aufstieg eines heimischen Industrie-Unternehmens - Adolf Menschel ließ sich durch den Schicksalsschlag im Gründungsjahr nicht entmutigen - Planmäßige Erweiterung des Produktionsprogrammes

Plettenberg. Vor nunmehr 50 Jahren - am 12. November 1904 - gründete Adolf Menschel auf ererbtem Grund und Boden in der Bermke die Firma Adolf Menschel, die sich zunächst auf die Fabrikation von Stock-, Rosetten- und Gardinenschrauben und den dazugehörigen Muttern befaßte.

Mit einem Übermaß an Energie ging der Gründer ans Werk, mußte aber einen schweren Rückschlag erleiden, als nach kaum einem Jahr der größte Teil der Fabrikationsanlagen niederbrannte. Im Frühjahr 1906 lief die Produktion in neuerbauten Räumen wieder an. Durch Anschaffung weiterer Maschinen wurden Stahldübel mit den dazugehörigen Schrauben und Muttern in das Fabrikationsprogramm aufgenommen. Das Anspitzen der Dübel geschah zum großen Teil vorerst durch Heimarbeiter, und zwar nicht nur in Plettenberg und Eiringhausen, sondern auch in Affeln, ja sogar in Langenholthausen.

Von Jahr zu Jahr wurde mit zunehmender Fabrikationserweiterung der Betrieb durch Um- und Anbauten erweitert und mit modernsten Maschinen ausgestattet. Die Stahldübel wurden nunmehr maschinell geschmiedet und angespitzt. Bald folgten die ersten Pressen für die Herstellung von Schrauben sowie Gewindewalzen.

Im Zuge der allgemein einsetzenden Elektrifizierung stieg der Bedarf an Stahldübeln ins Unermeßliche. Ebenso wurde die inzwischen gleichzeitig aufgenommene Fabrikation elektrischer Artikel verstärkt. Beide Fertigungsprogramme liefen uneingeschränkt als "volkswirtschaftlich wichtig" während des ersten Weltkrieges. Nebenher wurden hauptsächlich Schrauben und Muttern für die Elektroindustrie gefertigt.

Infolge des stetig ansteigenden Energiebedarfs wurde im Jahre 1920 eine moderne elektrische Anlage von Siemens-Schuckert eingebaut. Im darauffolgenden Jahre wurde anstelle der älteren Gebäude an der Straßenseite ein dreistöckiges Büro- und Lagergebäude errichtet. Gleichzeitig nahm die Firma die Fabrikation kaltgepreßter Muttern in größerem Umfang auf. Vor allem wurden stärkere Muttern hergestellt.

Im Jahre 1929 wurden die Fabrikationsräume einer Firma in der damaligen Südstraße (später Brachtstraße bzw. Goethestraße) erworben. Dieses Werk wurde zu einer modernen Holzschraubenfabrik ausgebaut und gehörte bis zum Tode des Gründers zum Stammwerk in der Bermke.
Adolf Menschel war stets auf die Herstellung von Qualitätserzeugnissen bedacht. Seine Firma zählte daher schon längst zu den dauernden Zubringerfirmen der Reichsbahn, die auch während des zweiten Weltkrieges den größten Teil der Produktion übernahm.

Neben den Aufgaben, die ihm sein Werk tagtäglich stellte, kümmerte sich der Inhaber mit zunehmendem Alter mehr und mehr um das Allgemeinwohl nicht nur seiner Belegschaft sondern weit über diesen Rahmen hinaus. Als Mitgründer gehörte er lange Jahre dem Vorstand der Ortskrankenkasse an. Lange Zeit widmete er sich der Berufsertüchtigung der Jugend und beteiligte sich u. a. an der Gründung der Lehrwerkstatt Plettenberg GmbH. Er war Mitglied des Stadtverordnetenkollegiums und gehörte zum Vorstand mehrerer kulturfördernder und geselliger Vereine.

Im Laufe des letzten Krieges zog sich der Inhaber nach und nach von den Geschäften zurück. Durch den unglücklichen Kriegsausgang war ihm nicht der wohlverdiente, schöne Lebensabend beschieden. Truppen der Besatzungsmächte nahmen ihm sein Haus in der Grünestraße und zwangen ihn zur Verlegung seiner Wohnung in das Werk Südstraße, wo er 1946 für immer die Augen schloß. Kurz zuvor hatte der seit Jahrzehnten mitaufbauende älteste Sohn das Stammwerk in der Bermke übernommen, dessen Bezeichnung - um den handelsgesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen - im Handelsregister auf den Namen E. W. & Paul Menschel umgeändert wurde.

Erfolgreicher neuer Start
Nach Kriegsende gelang bald die Wiederingangsetzung des Betriebes. Die Militärregierung erteilte das notwendige Permit mit der Auflage, den Anforderungen der Reichsbahn mit allen verfügbaren Mitteln gerecht zu werden.

Auch nach dem Kriege konnte der Betrieb wesentlich erweitert und die Einrichtung weiter modernisiert werden. So wurde beispielsweise im Jahre 1952 die Warmfabrikation von schweren Muttern in das Fabrikationsprogramm aufgenommen.
Die moderne Einrichtung und rationelle Fertigungsweisen befähigen das Werk, allen Anforderungen der Verbraucher, unter denen an erster Stelle die Bundesbahn steht, in vollem Umfang gerecht zu werden.


Quelle: Amtsgericht Iserlohn (früher Amtsgericht Plettenberg), Handelsregister, Vereinsregister
HRA 139 19.10.1945 E. W. Paul Menschel GmbH & Co. KG, Plettenberg
Löschdatum: 13.03.1998

VR 211 22.05.1951 Unterstützungskasse der Firma E. W. Paul Menschel, Schrauben- u. Mutternfabrik, Plettenberg
Löschdatum: 08.11.1996;


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