Zum Geleit!
Verehrter Genossenschaftsfreund!
Wenn Sie die kleine Festschrift in die Hand bekommen, bitte,
lassen Sie dieselbe gelten im Sinne, wie sie von uns gedacht ist.
Ein Menschenlebensweg hat mit 50 Jahren wohl meist die
Höhen erreicht. Selten, sehr selten rundet sich ein solcher
zu hundert Jahren Dauer. |
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Das Werk unserer Väter schaut zurück auf 50-jähriges Bestehen.
Der Weg war weit, oft mühsam, dornenvoll und steinig. Die
Idee, die es trug, war und ist edel und gut. Sich selber zu
helfen, im vertrauensvollen Miteinander zu schaffen, allen
bestens zu dienen, waren Leitmotive der Vergangenheit und
sollen es in aller Zukunft bleiben.
Dass wir weiter bauen konnten auf der Einsicht und dem Tun
der Gründer, wenn auch mit einem nur bescheidenen materiellen
Erbe nach bösem Geschehen, macht uns froh und stolz und
lässt uns innigst wünschen - unsere Genossenschaft möge -
viel länger als ein reiches Menschenleben - noch viele
Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte, allen Mitgliedern und
Verbrauchern ein echter Segen bleiben.
Konsumgenossenschaft Plettenberg
Geschichte der Konsumgenossenschaft Plettenberg eGmbH
Von eh und je war der Gemeinsinn bei den Bewohnern des Plettenberger
Raumes stark ausgeprägt. Gab es doch immer in der Welt der Berge
und Wälder im Lebenskampf Aufgaben, die nur im Miteinander aller
Kräfte zu lösen waren. Galt es der Feldbreite durch Rodung des Waldes,
der Eisengewinnung aus dem Felsen der Berge und auf der "Pinge", der
Nutzbarmachung der Kraft der rinnenden Gewässer, stets fanden sich
viele Hände zu gemeinamem Tun.
Im ganzen Mittelalter, als Schmiede- und Drahtzieherhandwerk wie
auch die Tuchmacherei in Plettenberg in Blüte standen, herrschte
der genossenschaftliche Gedanke und wurde echter Gemeinsinn und
die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen in Zünften und Innungen
gepflegt.
In der zweiten Hälfte des letztvergangenen Jahrhunderts, als die
Dampfmaschine aus Handwerksbetrieben Industrieunternehmungen werden
ließ, brach eine neue Zeit für die Bewohner des Plettenberger Gebietes
an. Tuchmacherei und die damit verwandte Strumpfwirkerei verloren
völlig an Bedeutung, hörten bald auf zu existieren. Dafür kam die
Kleineisenindustrie zu einer beachtlichen Blüte und Plettenberger
Erzeugnisse aus Gesenkschmiede und Automatensaal (Dreherarbeit)
erlangten besten Ruf in aller Welt. Es gibt heute kaum ein Gebiet
der modernen Technik, wo nicht diese Erzeugnisse Verwendung finden.
Von dem sich einstellenden Segen profitierten die Massen der unselbständigen
Arbeitnehmer - zu solchen waren viele der früher selbständigen Existenzen
geworden - nicht sehr merklich. Der Kampf ums Dasein blieb hart, wie
zuvor. Einkommen und Auskommen waren nur schlecht in Einklang zu
bringen, zumal die stark angewachsene Zahl der Bevölkerung nicht
mehr aus den Ernten der heimischen Felder und Gärten versorgt werden
konnte, sondern weitgehend von der Versorgung durch den Handel, vor
allem in Lebensmitteln, abhängig geworden war. Nicht fremd waren
aber den Plettenbergern die Grundsätze der redlichen Pioniere von Rochdale,
da ja schon die Vorväter in echtem Miteinander zueinander gestanden
hatten.
Ein Protokoll vom 10. Dezember 1899
Es kam zur Gründung eines "Vereins zur Beschaffung billiger
Lebensmittel". Der Verein wurde nicht in das Vereinsregister
eingetragen. Ludwig Schul, Plettenberg, war Vater des Gedankens,
der ungeteilten Beifall fand. Adolf Schmidt, Carl Heese, Carl
Heeker, Heinrich Linde, Simon Hackeler und Johann Hoffmann wurden
die ersten aktiven Mitarbeiter der Selbsthilfebewegung.
Nicht klar festzustellen ist, wann der Verein zur praktischen
Arbeit kam. Jedenfalls wurde etwa im März 1900 eine gebrauchte
Ladeneinrichtung zum Preis von 65,00 Mark in Hohenlimburg
gekauft und ein Ladenlokal in Plettenberg, Graf-Dietrich-Straße,
angemietet. Ein Großhändler, Wolf, Dortmund, wurde zur Warenlieferung
und der Einrichtung der Geschäftsbücher verpflichtet und Ludwig
zum Lagerhalter bestimmt. Dem Verein wurde der Name "Haushaltungs-Verein
der Industrie-Arbeiter für Plettenberg und Umgebung" gegeben.
Eine Satzung wurde formuliert, welche leider nicht erhalten geblieben
ist, und Vorstand und Aufsichtsrat gewählt. Die Zahl der Mitglieder
wird mit etwa 60 angegeben.
Schon Ende des Jahres 1900 stellten sich für das junge Unternehmen
Schwierigkeiten ein. Entsprechend der geringen Mitgliederzahle konnte
der Umsatz nicht so gestaltet werden, dass sich die Kosten deckten.
Andrerseits versuchten viele Verbraucher im Laden des Vereins zu
kaufen, ohne Mitglied zu sein, was vom Gesetzgeber verboten war.
Um die Mitgliederbasis zu stärken, also Käufer als Mitglieder zu
gewinnen, wurde der Geschäftsanteil ermäßigt. Ende Oktober 1901
wurde Heinrich Solms, Plettenberg, als Lagerhalter gewählt, der
dem Verein eine Kaution von 1.000,00 Mark stellte. Über den Umsatz
des Unternehmens wird erstmalig im Mai 1902 berichtet und zwar
betrug derselbe im letztabgelaufenen Halbjahr 17.856,57 Mark.
im Jahre 1947
Die erfreuliche Entwicklung gab Veranlassung, neben dem Lagerleiter
einen Ladengehilfen, Otto Böllinghaus, einzustellen. Der Umsatz 1903-1904
betrug schon 44.426,32 Mark, 1904-1905 42.068,68 Mark. In der
Mitgliederversammlung am 21. Oktober 1905 wurde beschlossen, den
Verein in eine Konsumgenossenschaft umzuwandeln und in das
Genossenschaftsregister eintragen zu lassen. Am 15. November 1905
wurde im Genossenschaftsregister des Amtsgerichtes Plettenberg unter
Nr. 2 eingetragen: "Haushaltungsverein-Verein für Plettenberg und
Umgebung, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht."
Sitz des Unternehmens: Plettenberg i. Westf.. Die Haftungssumme: 30 Mark.
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