Quelle: WR Plettenberg vom 24.09.2008

Albertscher Saal
Geschichten aus dem Schankraum

Bernd Maus

Eiringhausen. Der Albertsche Saal, ein markantes Stück Eiringhauser Geschichte, wurde in den vergangenen Tagen abgerissen. Aber die Erinnerung an die Gaststätte von Walter Alberts und später von Karl und Gertrud Brücher soll wach bleiben.


Trudi und Karl Brücher

Dafür wollen Dr. Karl Heinz und Peter Brücher sorgen, die Söhne des letzten Gastronomenehepaars, das das beliebte Lokal an der Reichsstraße von 1962 bis zu „Trudis” Tod im Jahr 1991 führte.

Den Pharmazeuten Karl Heinz Brücher hat es nach Hildesheim und den Geologen Peter Brücher nach Leverkusen verschlagen. „Wir sind seit 30 Jahren weg aus Eiringhausen, aber wir haben unsere Gaststätte 50 Jahre lang begleitet”, schildert Peter, mit 50 Lenzen der jüngere der Beiden. „Auch wenn das Lokal für uns persönlich in der Regel nur Arbeit bedeutet hat, wollen wir das Andenken an dieses Stück Gemütlichkeit im Dorf bewahren.”

Peter Brücher, dem die Hektik und Unpersönlichkeit der Großstadt mehr und mehr missfallen, will den ehemaligen Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen und geselligen Lebens in Eiringhausen weder als Kneipe neu eröffnen noch zum Museum machen. „Bloß nichts Pathetisches”, sagt er. Aber im Zuge des begonnenen Umbaus des gesamten Immobilienkomplexes wollen sein Bruder und er den alten Schankraum und das Gesellschaftszimmer im Originalzustand belassen. Bewusst wollen sie den Kontakt mit früheren Stammgästen, Stammtischen, Kegelklubs suchen, die Kneipe bei Gelegenheit und auf Anfrage öffnen, Erinnerungsstücke sammeln, Geschichte(n) aufarbeiten „und in alten Zeiten schwelgen”, wie Peter erklärt. Als die Söhne des im November 2006 verstorbenen Karl Brücher mit dem Planungsbüro Schnabel (Blintrop) Umbau- und Renovierungspläne für die Immobilie diskutierten, setzte sich beim Thema Saal und Kegelbahn Vernunft gegen Herz durch. Ein Erhalt des 400 Quadratmeter großen Raumes wäre zum Fass ohne Boden geworden.

Als die Bagger des Plettenberger Abrissunternehmers Hendler die Traditionsstätte jetzt dem Erdboden gleichmachten, verdrückte sich mancher Eiringhauser am Bauzaun eine Träne. Schließlich trafen sich „bei Brüchers auf'm Saal” über fast drei Jahrzehnte Menschen zum Feiern, zum Tanzen, zu legendären „Tanz in den Mai”-Veranstaltungen mit bis zu 500 Besuchern, zu Sparfachleerung- en oder Versammlungen, Hochzeiten oder Polterabenden. Sänger, Fußballer (die TuSler zogen sich, als es an den Sportplätzen zunächst am Kahley und später in Böddinghausen noch keine Umkleidekabinen gab, sogar bei Brüchers um), Turner (für sie war der Saal Trainingsstätte), Feuerwehr, Taubenzüchter - alle Vereine Eiringhausens fühlten sich dort heimisch.

Erhalten aber bleibt neben den beiden Wohnungen und dem Ladenlokal im Brücherschen Haus die Gastwirtschaft. Überdies findet es Peter Brücher erschreckend, wenn junge Leute heute nicht mehr wissen, wo ihre Väter einst ihr Bierchen genossen haben. „Die kennen doch in all der Schnelllebigkeit gar kein Stiefeltrinken mehr", sagt er und holt aus dem Schrank hinterm Tresen ein Exemplar dieser abstrusen Gattung Glas hervor.


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