Quelle: WR Plettenberg April 1998
Stahlformen und Gesenke für
Plettenberg. (HH) Hinter dem Firmennamen "Biecker Stahlformen" (früher "Gesenkbau Biecker") verbirgt sich
ein technisches Know how und eine Fertigungstechnologie, die für Pressenstraßen
in China ebenso wie für den Airbus und Eurofighter oder für stationäre
Großdieselmotoren in Anspruch genommen wird.
Am Osterloh ist das in die Zukunft gerichtete Unternehmen zu Hause. Stahlformen
und Gesenke werden hier seit mehreren Jahrzehnten hergestellt - und doch hat
sich gerade in den letzten Jahren vieles in der Produktpalette entscheidend
geändert, ist das Marktsegment eindeutiger definiert.
Als Gesenkbau Biecker am 1. Juli 1995 von der Plettac AG übernommen wurde,
geschah dies mit Blick auf die im Konzernbereich Umformtechnik benötigten
Schmiedewerkzeuge. Mehr noch als die Übernahme durch die Plettac veränderte
aber ein Großbrand am 22. September 1995 die Entwicklung der jungen
Plettac-Tochter. Dipl.-Ing. Oscar Appelhans aus Gevelsberg, der acht Tage
später sein Amt als Geschäftsführer antreten sollte, stand an diesem
22. September vor den Trümmern der Erodier-Abteilung. Der Sachschaden
betrug mehrere Millionen Mark.
Wie Phönix aus der Asche so stieg auch Biecker Stahlformen aus den Trümmern der Brandnacht zu neuen Höhen empor. Dank ausreichender Feuer-Versicherung konnte die Erodier-Abteilung in einem Hallenneubau mit modernsten Maschinen wieder aufgebaut werden. Die langjährigen Biecker-Kunden belohnten den Aufbauwillen von Geschäftsleitung und Belegschaft - die Aufträge blieben dem Unternehmen erhalten.
Heute beträgt der Umsatz-Anteil für die Konzernschwester Plettac-Umformtechnik
bei Biecker Stahlformen 40 Prozent. Der größere Umsatz wird also nach wie vor
mit Fremdkunden erzielt. Stahlformen, Gesenke, Adapterplatten, Hydraulikelemente
umfaßt die Fertigung. Die Konstruktion und Programmierung von
Stahlformen und Oberflächenmodellen durch die Fertigungstechniken Fräsen,
Drehen und Senkerodieren (CAD/CAM gesteuert)sind das Alltagsgeschäft.
Mit nunmehr 72 Mitarbeitern (57 waren es vor der Übernahme durch die Plettac AG), darunter drei Auszubildende (ein Lehrling für den Beruf des Zerspanungsmechanikers wird noch gesucht), werden Werkstücke in teilweise überdimensionalen Größenordnungen hergestellt: Werkstücke mit einem Gewicht bis 20, 25 Tonnen in Abmessungen von maximal 5,50 Metern Länge mal 1,50 Metern Breite mal 1,0 Metern Höhe.
Das Werkzeug für eine 3,50 Meter lange Kurbelwelle (!) für einen stationären Dieselmotor findet sich in der Produktpalette ebenso wie Gesenke für tonnenschwere Aluminiumschmiedeteile für den Airbus oder Titanteile für den Eurofighter. Die meisten Stahlformen werden für Produkte der Fahrzeugindustrie erstellt: Achsschenkel, Querlenker, Kurbelwellen, Pleuel, Nockenwellen, Hinterachsen, Kardangelenke. Für den Flugzeugbau fertigt Biecker Werkzeuge für Fahrwerke, Räder, Fensterrahmen, Spanten.
Schnelligkeit und Liefertreue, ein hohes Maß an Abstimmung mit den Kunden im Vorfeld der Produktion, sind die Garanten für eine guten Auftragsbestand. Der ist zur Zeit sehr hoch bei durchschnittlichen Durchführungszeiten von ca. sechs Wochen je Auftrag.
Dipl.-Ing. Appelhans: In der Regel wird in den Firmen lange geplant, wenn dann eine Entscheidung gefallen ist, soll es natürlich schnell gehen. Wir stehen dann gehörig unter Zeitdruck. Deutschland wird in überschaubarer Zeit unser Hauptabsatzmarkt bleiben. Verschiedene Schmieden gehen zwar ins Ausland, aber die Werkzeugtechnologie ist dort noch nicht so weit.
Das wurde erst kürzlich wieder deutlich: eine große Schmiedestraße wurde nach China geliefert - die Schmiedewerkzeuge dafür lieferte Biecker Stahlformen.
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 11.07.1958
Ein Selfmademann der heimischen Industrie
Plettenberg-Osterloh. Dem Fabrikanten Albert Biecker, Plettenberg-Osterloh,
ist es vergönnt, am heutigen Tage seinen 70. Geburtstag zu feiern. Ein Kind des
schönen Elsetales wurde er am 11. Juli 1888 in Köbbinghauser Hammer geboren. Nach
dem Besuch der Bremcker Schule ging er bei der Firma W. Wagner, Köbbinghauser Hammer,
in die Schlosserlehre und erwarb sich hier in einer alten Gesenkschmiede die ersten
Kenntnisse für sein künftiges Handwerk. Nach Beendigung der Lehrzeit arbeitete er
in verschiedenen Schmieden und Graveuranstalten der engeren Heimat.
Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gab Albert Biecker Anlaß, sich selbständig zu
machen. In einem kleinen Raum des Bauernhauses Langemann, dort, wo heute der
Fabrikationsbetrieb der Firma Ernst Raulf steht, fing er an. Doch schon kurze
Zeit danach errichtete er sich neben seinem elterlichen Hause in Osterloh einen
eigenen kleinen Betrieb. Durch unermüdliche Arbeit von früh bis spät, verbunden
mit sauerländischer Zähigkeit, die sich auch durch Rückschläge nicht beirren ließ,
gelang es Albert Biecker mit einem Stamm guter Facharbeiter, seinen Betrieb
langsam aber stetig zu entwickeln. Durch ihre Qualitätsarbeit hatte die junge
Firma Gesenkbau Biecker bald zahlreiche Großbetriebe Deutschlands als ständige
Kunden gewonnen.
Als Gesenkfachmann war Albert Biecker von 1940 - 1945 maßgebend an der Errichtung
der großen Fabrikhalle (heute Westfalenstahl) in Holthausen beteiligt. Nach
Kriegsende zog er es aber vor, sich nur noch seinem Stammwerk in Osterloh zu
widmen, welches heute eine Belegschaftsstärke von rund 60 Mann hat.
Ein Nichtfachmann hat vom Gesenkbau nicht die rechte Vorstellung und ahnt daher
kaum, welche Menge von Produktionsmaschinen sich hinter der grauen Fabrikwand
in Osterloh befindet. Früher wurde jedes einzelne Werkstück mit der Hand
geschmiedet. Als später Serien- und Massenherstellung von Maschinenteilen und
Werkzeugen aller Art einsetzte, wurde das Gesenkschmieden entwickelt, das heute
eine große Vollkommenheit erreicht hat. In einen Stahlblock wird mit Hilfe von
Fräsmaschinen usw. eine Hohlform entsprechend der Größe des gewünschten
Werkstückes eingearbeitet. Hierbei muß mit einer Genauigkeit von Hundertstel-
Millimeter gearbeitet werden.
Das fertige "Gesenk", welches stets aus Ober- und Unterteil besteht, wandert
dann in die Gesenkschmiede. Dort wird mit Hilfe von Fallhämmern und Pressen
glühender Stahl in das Gesenk gedrückt, und das Werkstück ist in einem
Arbeitsgang gefertigt. In einem Gesenk lassen zahllose Werkstücke schlagen,
bis es wieder überarbeitet werden muss.
Von der Geschäftsleitung erfahren wir, dass bei der Firma Biecker Gesenke für
die verschiedensten Industrien hergestellt werden, so z. B. für den Fahrzeug-
und Motorenbau (Kurbelwellen) der bekanntesten deutschen Automobilfirmen, aber
auch für die Maschinenindustrie, für den Bergbau und die deutsche Bundesbahn.
Das Leben, das über 50 Jahre nur Mühe und Arbeit gekannt hat, ist an diesem
Sauerländer von altem Schrot und Korn nicht spurlos vorübergegangen. Anfang
1957 mußte sich Albert Biecker aus gesundheitlichen Gründen zur Ruhe setzen.
Er konnte dies jedoch leichten Herzens tun, da er sein Lebenswerk unter der
Betriebsleitung seines Schwiegersohnes und Mitinhabers Heinrich Mührmann in
guten Händen weiß. Doch es vergeht auch jetzt kaum ein Tag, dass Albert Bicker
wenigstens nicht einmal durch seinen Betrieb gegangen ist.
So werden heute nicht nur seine Familie und die Verwandtschaft, sondern auch
die ganze Belegschaft am 70. Geburtstag ihres ehemaligen Mit- und Vorarbeiters
aufrichtig Anteil nehmen. Das Süderländer Tageblatt schließt sich den
Gratulanten in herzlicher Weise an und wünscht dem Jubilar noch einen recht
langen und gesegneten Lebensabend. |