100 Jahre Feilenfabrik In der gleichen Familie über drei Generationen
Plettenberg. Die Plettenberger Feilenhauerei Friedrich Bertram, Auf der Weide,
kann übermorgen, am 1. Mai, auf ihr hundertjähriges Bestehen zurückblicken. Gegründet
wurde sie im Jahre 1850 von Friedrich Bertram, dem Großvater des jetzigen Inhabers,
als Feilenhauerei in Hagen. Der Sohn des Gründers, Kaspar-Friedrich Bertram, verlegte
1878 den Betrieb nach Plettenberg. Nach seinem Tode im Jahre 1901 übernahm dessen
Sohn, der jetzige Besitzer, im Alter von noch nicht zwanzig Jahren, den Betrieb und
etablierte sich Auf der Weide.
Das Unternehmen wurde in der damaligen Zeit handwerksmäßig betrieben, d. h., die Feilen
mußten in mühevoller Kleinarbeit und mit großem handwerklichen Können mit der Hand
gehauen werden.
Nach Absolvierung seiner Lehr- und Gesellenzeit legte Herr Friedrich Bertram im Jahre
1906 vor dem Prüfungsausschuß der Handwerkskammer zu Arnsberg seine Prüfung als
Feilenhauermeister ab. 16 Jahre (Setzfehler? 46?) lang, von den frühen Morgenstunden bis
zum späten Abend, stand der heute 68jährige Feilenhauermeister mit vier bis fünf Gesellen
am Amboß.
Goldene und silberne Medaillen, welche auf den Handwerksausstellungen in Attendorn (1907),
Arnsberg (1911) und Iserlohn (1905/1928) erworben wurden, erbrachten Zeugnis für das
beachtliche Können und den intensiven Fleiß des jungen Meisters.
Gleichzeitig nahm man eine eigene Schleiferei in Betrieb, um aus Gründen der Zeitersparnis
und kurzzfristigen Lieferzeit größeren Aufträgen gerecht werden zu können. Aber nicht nur
neue Feilen wurden hergestellt, sondern auch alte Feilen wieder aufgehauen und Fräser wie
Raspen aufgearbeitet. Wenn auch in unserem modernen Zeitalter die Maschine das Handwerk
des Feilenhauens mehr und mehr verdrängt hat, so ist es dennoch unvermeidbar, daß Raspen,
Fräser und auch Feilen, die für eine Spezialarbeit benötigt werden, mit der Hand gehauen
werden müssen. Es ist darum keine Seltenheit, Herrn Bertram, der übrigens für sich in
Anspruch nehmen kann, noch einer der wenigen und im Kreis Altena der einzige zu sein,
welcher noch das Handhauen beherrscht, wie in alter Zeit vor dem Amboß zu sehen, wie er
mit einem Meißel und einem schweren Hammer mit eigenartig krummem Stiel den Feilen in
gleichmäßigem Takt einen groben oder feinen Hieb beibringt.
Über 50 Jahre beherrscht er nun sein Handwerk und fast ein halbes Jahrhundert führt er
seinen Betrieb selbständig. Seine Feilenlieferungen beschränken sich nicht etwa auf die
Industrie unserer Stadt oder Umgebung. Laufend werden Feilen nach allen Städten und
Gegenden der englischen Zone wie Braunschweig, Kassel, Düsseldorf, Hannover und anderen
Städten verschickt. Diese Tatsache dürfte ein Beweis sein für die qualifizierte
Leistungsfähigkeit der Plettenberger Feilenfabrik.
Zum Jubeltage wünschen wir nun, daß es dem Inhaber noch viele Jahre vergönnt sein möge,
mit der bisherigen Arbeitsfreudigkeit sein Handwerk auszuüben und daß das Wappen des
Feilenhauerhandwerks - zwei gekreuzte Feilen, zwei gekreuzte Hämmer und ein Meißel im
Lorbeerkranz - der Familie Betram ein weiteres Jahrhundert treu bleiben möge. Quelle: Süderländer Tagbelatt vom 29.04.1950 |