Bericht des Bürgermeisters Thomee über die Stadt und das Amt Plettenberg aus dem Jahre 1821
Im Jahre 1821 ist vom damaligen Plettenberger Bürgermeister Thomee ein Bericht
über die Stadt und das Amt Plettenberg ferfasst worden. Dieser Bericht liegt
im Stadtarchiv vor in der "Acta über Kunstgegenstände und Denkmäler vorzüglich
aus der Vorzeit bei der Bürgermeisterei Plettenberg" (B 37, Seite 1-4).
In der Akte selber finden sich keine Hinweise, aus welchem Grund der Bürgermeister
diesen Bericht damals verfasste. Zudem ist es erstaunlich, dass sich ein Bericht
in einer solchen Akte befindet, weil die im Bericht dargelegten Informationen
und geschilderten Vorgänge keinen Bezug zum Aktentitel erkennen lassen. Obgleich
dieser Problemkomplex auf der Grundlage der momentan verfügbaren Quellen nicht zu
klären ist, so wird dieser Bericht hier dennoch veröffentlicht. Es handelt sich
bei ihm um den Bericht eines Zeitgenossen der städtischen Gesellschaft Plettenbergs
der 1820er Jahre des vorigen Jahrhunderts und liefert uns somit Einblicke in
Problemzusammenhänge der städtischen Wirklichkeit.
Der Bericht gliedert sich inhaltlich grob in drei Abschnitte. Während in den
ersten beiden Abschnitten in einem sehr sachlichen Stil ausgewählte Tatsachen
zur Stadt und zum Amt Plettenberg genannt werden, beinhaltet der dritte Abschnitt
eine engagierte Auseinandersetzung Thomees mit zwei ihn offensichtlich damals
stark interessierenden Problemen.
Während Thomee sich dabei zum einen mit der ruinierten Lennebrücke auseinandersetzt,
beschäftigt ihn zum anderen das Bildungswesen im Amt Plettenberg.
1) Im Jahre 1820 wurde die Brücke über die Lenne bei Eiringhausen durch Eisgang
so stark beschädigt, dass sie nicht mehr benutzbar war. Da die Brücke mit Karren
befahrbar war, war sie für den Transport von Gütern aus und nach Plettenberg
besonders wichtig. Für die Wiederherstellung der Brücke sollte nun die Stadt ein
Drittel und das Haus Schwarzenberg zwei Drittel der Reparaturkosten übernehmen.
Die Besitzer des Hauses Schwarzenberg waren jedoch nicht bereit, ihren Kostenanteil
zu tragen, und somit musste sich der damalige Bürgermeister Thomee mehr oder minder
nachdrücklich bemühen, das Geld vom Hause Schwarzenberg "einzutreiben".
Der Konflikt zwischen der Stadt und dem Hause Schwarzenberg konnte jedoch erst acht
Jahre später beigelegt werden. Man hatte sich mittlerweile geeinigt, dass jede
Partei die Hälfte der Reparaturkosten zu übernehmen hatte. So wurde 1829 die Brücke
für etwa 5.400 Taler erneuert.
2) Im Jahre 1821 stand für den Bürgermeister Thomee fest, dass vier Schulhäuser im
Amt Plettenberg gebaut werden sollten. In diesem Zusammenhang sind zwei Probleme
besonders zu erwähnen: (i) der Widerwillen von Bauern des Amtes Plettenberg gegen
den Bau von neuen Schulhäusern, (ii) die fehlenden Möglichkeiten der Behörden zur
Durchsetzung des Baues der Schulgebäude und damit letztlich auch der allgemeinen
Schulpflicht.
In Thomees Anspruch, den Kindern im Amt Plettenberg "einen gründlichen Unterricht
und gehörige Bildung" zu verschaffen, spiegelt sich eine grundsätzliche Einstellung
des Bildungsbürgertums im 19. Jahrhundert. Dieser Anspruch stand jedoch häufig im
Konflikt zu den Interessen insbesondere von Klein- und Mittelbauern, die ihre
Kinder als unentbehrliche Arbeitskräfte, besonders zu Erntezeiten, in ihren
landwirtschaftlichen Betrieben benötigten. Ähnliches gilt im übrigen auch im
handwerklichen Bereich.
Während also die Auseinandersetzung um die Reparaturkosten der Lennebrücke ein
spezifisches Problem der Plettenberger Geschichte dokumentiert, offenbart sich im
Konflikt um die "angemessene" Schulbildung ein generelles gesellschaftliches Phänomen
des 19. Jahrhunderts.
Der im folgenden abgedruckte Bericht des Bürgermeisters Thomee wurde nach der Übertragung
aus der altdeutschen Schrift orthographisch noch an einigen Stellen ausgebessert.
In eckigen Klammern wurden Ergänzungen eingefügt, die die Lesbarkeit des Berichtes
erleichtern sollen. Unterstrichene Wörter im Bericht sind in einem kleinen Kommentar
mit ein paar erläuternden Worten aufgeführt.
Die Stadt Plettenberg liegt nach Osten und Westen hin zwischen zwei Bergen, Saley
und Hestenberg genannt, im Tal an dem Else- und Oesterfluss; nach Süden hin liegen
hauptsächlich die Gärten und Felder; nach Norden hin fließt die Lenne, und [es]
vereinigt sich eine kleine Viertelstunde unterhalb der Stadt die Else mit dem
Lennefluss.
4. Es ist hieselbst nur eine Kirche vorhanden, worin die Lutherischen und Reformierten
wechselweise ihren Gottesdienst halten; außer dieser Kirche befindet sich noch nicht
weit oberhalb der Stadt eine Kapelle, die Poeler Kirche genannt, worin die Lutherischen
von Ostern bis Michaelis Gottesdienst und Beichte halten. Die Katholiken
besuchen die Kirche in der Freiheit Affeln, welche eine starke Stunde von hier
entfernt ist.
5. Zwei Pastoratshäuser, deren eins den Reformierten und das andere der Lutherischen
Gemeinde gehört, sind vorhanden, ebenso noch zwei Schulhäuser.
Das Amt Plettenberg besteht aus neun Bauerschaften, hat 219 Häuser, Einwohner 1843,
welche mehrenteils der lutherischen Religion zugetan [sind]. Reformierte sind darin wenig
vorhanden, sowie auch Katholiken und Juden gar nicht. Das Amt gehört zu der hiesigen Kirche.
In dem Amt sind vier Schulen vorhanden; indessen fehlt es bis jetzt noch an Schulhäusern.
Ferner sind in dem Amt vier Kornmühlen so vor einigen Jahren neu angelegt worden. Sodann
befinden sich auch noch darin
Besondere Bemerkungen sind wie folgt:
In Ansehung der Schulen auf dem Amte, gegen welche die Bauern ihren größten Widerwillen
haben, wird es erforderlich sein, dass endlich durchgegriffen und die Schulhäuser an den
von der hochlöblichen Regierung bestimmten Orten gebaut werden, da sodann, und
solches auch mit Kosten verbunden, den Einwohnern in der Folge...
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