Quelle: Horst Hassel, 30.01.2006
Unbekannte Grube (2) oberhalb der Oestertalsperre
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 06.08.2008
Sind Ebbe-Minen mysteriöse Relikte aus dem Mittelalter?
Von Thomas Kreft
PLETTENBERG Geschichtsforschung ist alles andere als eine trockene Materie. Am
letzten Samstag im Juli traf sich der Verfasser dieses Beitrags an der Oestertalsperre
mit Martin Zimmer, um ihm alte Bergbaurelikte im Ebbe zu zeigen. Doch kaum waren die
ersten Meter des Kehrenweges hinauf in Richtung der "Hohen Steine" erklommen, da hub
das Ungewitter an. Es blitzte und krachte, es goss wie aus Eimern. Doch die Devise lautete:
"Jetzt erst recht!"
Schon am ersten Objekt bestätige Zimmer, dass es sich um ein verschüttetes Stollenmundloch
handeln müsse: Ein kleiner Geländeeinschnitt mit einer Halde davor. Weiter oberhalb an dem
breiten Forstwirtschaftsweg folgen dann zwei weitere Einschnitte, die mit ihren Halden bei
Weitem noch gewaltiger sind. Der größere Einschnitt wird von der Bevölkerung als "Schlucht"
bezeichnet - kein Wunder bei ihrem Ausmaß. Am Ende dieses Tälchens türmt sich entsorgter
Hausrat der fünfziger und sechziger Jahre auf. Die Zeit wird ergeben, ob das Gerümpel selbst
irgendwann archäologisches Kulturgut wird. Klar ist jedenfalls, dass sich unter Müll, Schutt
und Laub ein Stollen verbirgt und auf seine Wiederentdeckung wartet.
Das Bergbaufeld zieht sich weiter rauf bis zu den "Hohen Steinen", wo vor allem eine
Schachtpinge mit Tümpel am Grund beeindruckt. Obwohl diese Relikte der Geschichte kaum zu
übersehen sind, hat die Forschung sie bisher nicht zu Kenntnis genommen. Der einheimischen
Bevölkerung ist der Wert derartiger Spuren meist nicht bewusst, und in den alten Akten und
Beschreibungen tauchen sie nicht auf: keine Erwähnung in Grenzstreitigkeiten, kein
Konzessionsantrag, auch Johann Dietrich von Steinen erwähnt die Ebbe-Minen bei Kückelheim
in seiner "Westphälischen Geschichte" 1758 nicht, im Gegensatz zu anderen Plettenberger Gruben.
In der Folge fehlen sie auch in der vielzitierten Zusammenstellung des Fritz Bertram aus den Jahren 1952 bis 1954, und schließlich sind sie auch Martin Zimmer durch die Lappen gegangen - trotz intensiver Beschäftigung mit der Geschichte des hiesigen Bergbaus. Es ist zu vermuten, dass die Gruben sehr alt sind und in Zeiten ausgebeutet wurden, als Vereinbarungen noch per Handschlag wirksam und nur selten schriftlich niedergelegt wurden. Wahrscheinlich reichen sie bis ins Mittelalter zurück. Anfangs gruben Bergleute in Pingen nach dem oberflächennahen Erz, das sie dann in der Nähe in kleinen Rennfeueröfen selbst verhütteten.
Seit dem 13. Jahrhundert teufte man Schächte in die Tiefe ab, wie es auch unterhalb der "Hohen Steine" geschah. Erst im späten Mittelalter begann man, wie in der "Schlucht", die Stollen horizontal in den Hang zu treiben. Im 13. Jahrhundert setzte die Eisenverhüttung per Wasserkraft in den Tälern ein. Auch an der Ebbecke bei Himmelmert und Kückelheim standen solche Werke. Sie dürften die Abnehmer der Ebbegruben gewesen sein. Das Erz mag über den Beisenkamp abgefahren worden sein oder über den besagten Kehrenweg, der sich bei dem unvermindert anhaltenden Gewitterguss mittlerweile selbst in einen reißenden Bach verwandelt hat, durch den wir nun knöcheltief waten müssen. Man wird nicht mehr erfahren, wie oft manchen Altvorderen ähnliches Schicksal ereilt hat - damals mit schweren Karren und ohne den Luxus einer heißen Dusche daheim (wird fortgesetzt). Ein wissenschaftlicher Beitrag zum Thema ist unter dem Titel "Hüttenwerke, Bergbau und Hohlwege im Plettenberger Ebbegebirge. Eine Bestandsaufnahme zwischen Himmelmert, Kückelheim und Hebberg" nachzulesen in der neuen Ausgabe des "Märker", erhältlich für zehn Euro im Buchhandel und im Kreishaus Altena.
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