VORWORT
Dem Wunsch vieler Heimatfreunde, ein Buch zu schreiben über den Erz-Bergbau
im Märkischen Sauerland, dem früheren südlichen Teil der Grafschaft Mark,
bin ich gern nachgekommen.
So führt das vorliegende Buch zunächst in die Natur, es will den
Blick schärfen für die vielen Merkmale draußen, die vom Bergbau
geblieben sind. Nach der weiteren Beschreibung der Stollen und
Schächte, der Abbauweise und technischen Begriffe, wird die
Geschichte des alten Bergbaus im Märkischen Sauerland behandelt,
zwar knapp, doch übersichtlich und erschöpfend. Schließlich
berichtet das Buch von vielen kulturhistorischen Gruben, die
verdienen erwähnt zu werden. Sie offenbaren die ganze Größe und
Vergangenheit des erloschenen Erzbergbaus. |
![]() |
Es sei hier betont, dass vorliegender Band inhaltlich nur die
bergbaulichen Verhältnisse, bergrechtlichen Bestimmungen und
geschichtlichen Aufzeichnungen widergibt, soweit dies das
Märkische Sauerland, insbesondere den Märkischen Kreis,
Nordrhein-Westfalen, betreffen. Mag darum dieses Buch, das
mehr sein will als nur ein Handbuch, allen Gelände-Forschern
und einem gewiß nicht kleinen heimatforschenden Leserkreis
nützlich und wegweisend sein.
Herscheid Ober-Holte Glück auf!
PINGEN
Die heute noch auffallendste und bedeutendste Erscheinung des
früheren Erzbergbaus in den Bergwäldern der Mark sind die
Pingen (siehe Abbildung). Hierunter versteht der Bergmann
graben- und keilförmige Einbrüche der Erdoberfläche, die
durch umgehenden Untertagebetrieb (Stollenbergbau) entstanden
sind. Diese Einsenkungen sind eine Folge von Zerrungen und
Pressungen des über dem Stollen ruhenden Hangenden mit nachfolgendem
Abrutschen des Gesteines entlang einer Abrisslinie in den
Stollenraum. Die Pinge kennzeichnet so den Verlauf des Stollens
und ist ein künstliches Gebilde, im Gegensatz zu natürlichen
Geländeformen geologischer Zeiten. Juristisch gesehen sind
Pingen danach Bergschäden.
Form und Aussehen einer heutigen Pinge richtet sich natürlich
nach ihrem Alter, d. h. eine Pinge, die über ihre gesamte Länge
nur noch flach und leicht gemuldet ist, wird älter sein als eine,
die sich scharf geprägt an der Tagesoberfläche abhenbt. Freilich
trifft der Geländeforscher auch auf Pingen, die zunächst scharf
keilförmig gezeichnet sind, und zwar in nächster Entfernung des
Stollen-Mundlochs, dann aber flacher werden, und, obwohl der
zugehörige Stollen weitergetrieben wurde, schließlich verschwinden.
Dafür gibt es verschiedene Gründe:
Im allgemeinen erleichtert der weiche Devonschiefer die Pingenbildung,
da die Schichten-Lagerung das Nachsinken fördert. In einem Längenfeld,
wie es früher verliehen wurde, lagen vielfach mehrere Erzgänge in
Reihen nebeneinander oder gabelten auch auseinander. Über den abgebauten
Gängen zeigen sich heute entsprechend die Pingen. Hatte ein abzweigender
Stollen mit dem ausgeerzten Gang die Feldesgrenze, wo auch immer, ereicht,
war der Abbau hier beendet, und somit das Ende der Pinge (Abbildung).
Solche Pingen, die "aus der Reihe tanzen", begegnen wir häufig, sie
gehören zu jedem größeren Pingen-Gebiet einer Grube.
Bei Betrachtung eines Pingen-Gebietes erkennt der Beobachter häufig
verschiedene tiefe Einschnitte nebeneinander liegender Pingen, obwohl
der Grubenbetrieb eine einheitliche Sohlentiefe für alle abzweigenden
Stollen hatte. Also hatten unsere früheren Bergleute zunächst einen
Erzgang ausgeerzt, danach die in Reihen liegenden Nachbar-Erzadern,
wie sie innerhalb der Vierung (Breite) des verliehenen Feldes abbauwürdig
waren. Entsprechend sehen heute auch die einzelnen Pingen aus: während
die erste, älteste Pinge schon flach und eingemuldet ist, zeigt die
zuletzt entstandene, also jüngste, noch scharfe Umrisse mit bis zu
3 Meter Einschnitten, die zumeist aus dem letzten Jahrhundert stammen,
während die flachen, bis zu 0,5 Meter tiefen und zwei Meter breiten,
mit Buschwerk bestandenen Pingen aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen.
Die Pingen zeigen so die Betriebszeit der Gruben an.
Das Nachsinken der Schichten entlang der Abrisslinie erfolgte gewöhnlich
in regelmäßigen Zeitabständen mit hörbaren Bergschlägen, ein Zeichen für
den Bergmann, sich in Sicherheit zu bringen. Das eingestürzte Hangendgestein
wurde entweder in der Grube versetzt, also in Hohlräumen verpackt, oder
auf Halde gestürzt.
HALDEN
Halden sind Schuttberge über Tage, die meistens vor dem Stollenmundloch angehäuft
wurden und welche aus wertlosen "Bergen" bestehen, die beim Bohren der Stollen
und beim Erzabbau angefallen waren. Unter "Berge" versteht der Bergmann auch
heute noch das Nebengestein der Erzgänge, sowie die Rückstände bei der
Erzaufbereitung. Durch das Abkippen der Berge den Berghang hinab entstanden
auffallende Geländenasen, die vielfach den kleinen Bergvorsprüngen der
früheren Meilerplätze ähneln, doch sind diese schwärzlich und enthalten
keine Mineralien.
Die Halde gibt immer einen schönen Querschnitt vom Mineralinhalt der Grube, die
besten Sammelerfolge werden daher auf der Halde erzielt. In füheren Zeiten
befand sich bei den Gruben der Mark keine Erzaufbereitung, vielmehr wurden
die Erze von Hand aus dem gebrochenen Erzgang ausgeklaubt und zur Verhüttung
transportiert. Manch schöner Erzklumpen wanderte darum auf Halde. So sind
alte Halden für den Mineralien-Sammler viel interessanter als solche aus
jüngerer Zeit, auf denen schon mittels verbesserter Aufbereitungsmethoden
wie Schlämmgräben, Setzmaschinen und Pochwerke die mehr erzfreie Gangart
und das Nebengestein abgekippt wurde - und weniger Mineral.
Die Halden in der Mark sind freilich oberflächig längst abgesucht, der
Sammler muss darum schon tiefer graben und zur Spitzhacke greifen. Größere
und schöne Stufen findet der Freund der Mineralien meist am unteren
Haldenrand, wie auch hier im dichten Buschwerk und natürlich im vorbeifließenden
Bach. Die Fundmöglichkeiten sind bei der Beschreibung der einzelnen Gruben
angegeben.
TAGESSCHÄCHTE
Häufig findet man in den Bergwäldern der ehemaligen Mark runde oder längliche,
nur wenige tiefe, doch auffallende Einsenkungen an der Erdoberfläche. Es sind
Tagesschächte eines in der Umgebung liegenden Stollen-Bergbaues oder eines
eigenen Schachtbetriebes. Die Art der Einsenkung, wie sie sich im Gelände
zeigt, lässt Rückschlüsse zu auf den früheren Zweck der Schächte.
a.) Der runde Tagesschacht, der von der Stollen-Sohle ans Tageslicht
aufgehauen wurde, diente hauptsächlich der dynamischen Bewetterung der
Grube, sein ursprünglicher Durchmesser betrug 2,50 bis 4 Meter, heute hat
er Trichterform bis 4 Meter Tiefe, ist verwachsen, beigefallen und vielfach
mit Grundwasser bedeckt. Selbstverständlich lag so ein Schacht, der auch
Wetter- oder Luftschacht genannt wird, innerhalb eines verliehenen Längenfeldes
seinem Zweck entsprechend sowohl in der Nähe des Stollen-Mundloches als auch
am Ende des unterirdischen Stollens.
b.) Der Tagesschacht mit rechteckiger Schachtscheibe übernahm schon
Förderung des Haufwerks mittels Haspel (s. Abb.), Fahrung der Bergleute und
diente der Versorgung der Abbauteile mit frischen Wettern. Dem zweck entsprechend
war er über dem Ende des in den Berg vorgetriebenen Stollens angelegt, d. h.
er wurde vom Stollen zur Erdoberfläche vertikal aufgehauen. Er kam demnach
auch nur für umfangreichere Betriebspunkte in Frage, um den Stollenbetrieb
zu entlasten.
Im Gelände wird dieser Schachttyp weniger angetroffen, denn die Gruben der
Mark waren meist einfache Stollenbetriebe mit geringer Ausdehnung und machten
die Anlage dieses Schachtes unnötig. Heute sind auch diese Schächte verwachsen
und beigefallen, annähernd 3 - 5 Meter tief und mit Wasser gefüllt. Die
früheren Baumaße der Schachtscheibe waren etwa 3 bis 4 Meter lang, bei einer
Breite von rund 2 Metern. Da wir es im südlichen Teil der Grafschaft Mark
durchweg mit bergigem Gelände zu tun haben, lässt sich die Tiefe eines
Schachtes annähernd durch den Höhenunterschied zwischen Stollen-Mundloch
und Schachtscheibe mittels brauchbarer Geländekarte oder Höhenmesser
bestimmen.
c.) Der dritte Schacht zählt zu jenen Grubenbauen, die senkrecht in
die zur Aufschließung der Erz-Lagerstätten erforderlichen Tiefe führen.
Naturgemäß haben sie einen großen Querschnitt, weil durch sie der gesamte
Betrieb zwischen der Tagesoberfläche und "unter Tage" läuft, z. B. die
Personenbeförderung, die Bewetterung, also die Zufuhr frischer Wetter und
Abzug verbrauchter Luft sowie Förderung des gewonnenen Minerals und der
Gerätschaften. Außerdem war in diesem Schacht die Rohrleitung zum
Abführen von Wasser untergebracht. Dieser Schachttyp hat keine Verbindung
zu einem Stollenbau. Er ist vielmehr ein reiner Schachtbetrieb.
Erkennbar ist er im Gelände an seiner Gesteins-Umwallung sowie an der
umgebenden Halden-Anschüttung, die meistens heute bewachsen ist. Die
Teufe, also die Niederbringung dieses Baues geschah dort, wo Stollenbau
unmöglich war, also auf flachen Bergeshöhen oder in Talsohlen. War durch
das Abteufen ein abbauwürdiger Erzgang erreicht, wurde in diesem ein
Stollen vorgetrieben, das Erz aus dem Hangenden abgebaut und in Kübeln
zutage gefördert.
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail: webmaster@plbg.de |