Quelle: Menden - Märkischer Kreis, Festschrift zum Kreisheimattag 1979, S. 32-43

Mender Bergbau

Von Hugo Banniza
Über Bergbau im Mendener Raum ist in der Literatur bisher nur wenig berichtet. In der "Geschichte der Industrie im Märkischen Sauerland", herausgegeben 1908 von der Handelskammer Hagen in 4 Bänden (die Kreise Hagen, Altena, Iserlohn und Schwelm beschreibend) und bearbeitet von Dr. Voye, findet sich im Abschnitt "Stadt Menden", Seite 153, sogar die Bemerkung "Bergbau, Metallgewinnung oder dgl. hat es im Mendener Raum nie gegeben." Erwähnt werden nur - einem Bericht von Papenhausen von 1863 folgend - Steinbrüche im Rothenberg.

Im Kapitel Amt Menden wird nur einmal (Seite 168) des Bergbaus kurz Erwähnung getan: "Im Amtsbezirk Menden sind an mineralischen Produkten vom Freiherrn Theodor von Dücker Eisenerze gewonnen worden. Der Stollenbau in Hüingsen, welcher in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts eingestellt wurde, ist noch vorhanden und soll bei dem Bau einer Wasserleitung demnächst verwendet werden." Gemeint ist hier vermutlich die Eisensteingrube "Neuburg". Voye schrieb diese Bemerkung im Jahre 1908.

Dr. Heinz Röttgermann ging in seiner "Geschichte der Industrie des Wirtschaftsraumes Menden-Fröndenberg", 2. Auflage 1952, schon etwas ausführlicher auf das Thema Bergbau ein: "Auch im Mendener Wirtschaftsraum glaubte man ergiebige Erzvorkommen entdeckt zu haben. Zahlreiche Bergwerksbelehnungen auf Eisenerze in Böingsen, Deilinghofen, Asbeck, Sümmern und Halingen wurden in den Jahren 1857 bis 1862 nachgesucht und erteilt." (Quelle: Akten des Amtsgerichts Menden und Mitteilung des Oberbergamtes Dortmund). Aus den Akten der Firma R. & G. Schmöle zitiert Röttgermann aus einem Brief Carl Schmöles vom Jahre 1857 wie folgt: "Es kam ein Obersteiger (vermutlich Heermann aus Deilinghofen) und mehrere Bergleute und sagten, dass sie über 6 Gruben hier im Mendener Raum aufgeschlossen hätten, wo man Eisen- und Bleierze findet. So ist alles in bester Erwartung." 1)

Röttgermann fährt fort: "Aber diese Vorkommen haben in ihren weiteren Aufschlüssen die Hoffnungen nicht erfüllt, die man auf sie gesetzt hatte. Nach wie vor waren die Rödinghauser Eisenwerke auf fremde Roheisenzufuhren angewiesen." - Zu den Bemühungen Theodor von Dückers sagt Röttgermann (1952, Seite 52): "In diesen Jahren" - ungefähr 1828-1833 - "betrieb Theodor von Dücker (1791-1855) außer den Hammerwerken die ihm gehörigen und im Wirtschaftsraum Menden gelegenen Eisenerzbergwerke, legte Versuchszechen an und sicherte sich durch die Belieferung mit eigenem Erz einen Teil des aus der Rödinghauser Hütte erblasenen Roheisens. Auch war er maßgeblich an den Kupfer- und Bleiwergwerken der Carolinenhütte in Hüsten an der Ruhr beteiligt." (Akten Archiv Rödinghausen)

Unbeachtet blieben überraschenderweise von den Autoren Voye und Röttgermann die zahlreichen Hinweise, die Heinrich von Dechen 2) in seiner 1855 veröffentlichten "Geognostischen Übersicht des Regierungsbezirks Arnsberg" zum Bergbau gab. In der näheren und weiteren Umgebung von Menden besprach er immerhin rd. 20 Bergbaubetriebe und die Erzvorkommen, die sie jeweils ausbeuteten. So schrieb er z. B. zur eben erwähnten Carolinenhütte (Seite 223 a.a.O.): "Oberhalb Hüsten an der rechten Seite der Röhre bei der Schmelzhütte baute die Grube Caroline auf einem in Kieselschiefer und Plattenkalk aufsetzenden Gange, der Kupferkies, Kupferlasur, Bleiglanz und Antimonglanz in Quarz und Schwerspat führte."

Ab etwa 1850 bestand in Menden der "Mendener Bergwerksverein", der unter der Leitung des Amtmanns Alsing, Menden (von 1847 - 1862 als solcher im Dienst), eine größere Zahl von Bergbauinteressenten aus Menden und Umgebung zusammenschloss. Von 1855 bis 1865 führte dieser Verein einen langwierigen Prozess um Schürfrechte auf Bleierze in Deilinghofen gegen den Märk.-Westf.-Bergwerksverein Letmathe, der auf Grund eines Privilegs von Friedrich dem Großen von 1751 Galmeiabbau im Bereich des alten Amtes Iserlohn und des ehemaligen Gerichtsbezirks Hemer betrieb. 1862 war der Verein z. B. Besitzer der Eisensteingrube "Conradszeche" bei Rödinghausen, die Amtmann Alsing 1856 von den Erben des Erstbesitzers und Namensgebers Hammerschmied Conrad Abt-Rödinghausen gekauft hatte.

Die obigen Literaturhinweise und Aktennotizen waren der Anlass, einmal sämtliche erreichbaren Archivalien sowie die Berggrundbücher der Amtsgerichte Menden, Balve und Iserlohn durchzusehen, um über den Umfang der Bergbaugründungen und der Bergbautätigkeit im Mendener Raum ein Bild zu gewinnen.
Wie die alten Unterlagen ausweisen, wurden in der Zeit von ungefähr 1834 bis ungefähr 1873 im alten Menden und dem heutigen vergrößerten Stadtgebiet Menden, teilweise auch im näheren Umland, etwa zwischen Halingen im Westen und Asbeck im Osten, nicht weniger als 27 Bergbaubetriebe - davon 16 im Lendringser Raum - bergamtlich konzessioniert. Dabei ist daran zu erinnern, dass um 1850 in Westdeutschland eine Hausse in Bergbaugründungen herrschte, die bei der Bergbaufreiheit in Preußen viele Berufene wie Unberufene zu voreiligen Verleihungsanträgen veranlassten.

Der Interessent, der auf eigenem oder fremden Grund ein abbauwürdiges Erzvorkommen auszunutzen beabsichtigte, beantragte beim Oberbergamt eine sog. "Muthung" für ein genau festzulegendes "Grubenfeld" unter Angabe eines oder mehrerer "Fundpunkte". Falls für das vorgeschlagene Feld "noch keine andere Muthung vorlag", das Feld also im sogenannten "Bergfreien" lag, wurde vom Oberbergamt der zuständige "Berggeschworene", die unterste Dienststelle der Bergbaubehörde, beauftragt, im Beisein des Muthers die amtliche Feststellung des Fundes, die "Inaugenscheinnahme", vorzunehmen und die Abbauwürdigkeit des Vorkommens festzustellen. Der Berggeschworene trug sodann die Muthung mit dem genauen Fundort in die offizielle "Muthungskarte" ein und gab seinen gutachtlichen Bericht darüber an das Oberbergamt. Die "Bergwerksverleihung" erfolgte dann durch das Oberbergamt bzw. das Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeit in Berlin. Der Beliehene war dann gehalten, die Aufschlussarbeiten unverzüglich in Angriff zu nehmen. Nur bei triftigen Gründen wurde eine "Fristung" ausgesprochen.

Wurde das verliehene Bergrecht - die "Berechtsame" - nicht genutzt, konnte ein anderer Interessent die gleiche Muthung für sich beantragen, weil das verliehene, aber nicht genutzte Bergrecht automatisch wieder ins "Bergfreie" fiel (dieser Fall wurde 1858 bei der Eisensteingrube Brelen akut). Ein Bergwerk wurde durchweg als Gewerkschaft betrieben, zu der sich meist eine Reihe "Gewerken" zusammenschloss, die je nach den eingebrachten Geldern ein oder mehrere Anteile - "Kuxe" - der Gewerkschaft erwarben. Schon nach der von Friedrich II. im Jahre 1766 für Kleve-Mark erlassenen Bergordnung sollte jedes Bergwerk für die Gewerken insgesamt 128 solcher Anteile einrichten, dazu noch je 2 "Freikuxe" für den Landesherrn, den Grundstückseigentümer, für die Erhaltung von Kirchen und Schulen und für die Knappschafts- und Armenkasse schaffen.

Wie der Ausschnitt der Muthungskarte des Bergreviers Witten zeigt, überlappten sich die verschiedenen "Grubenfelder" vielfach, weil Muthungen und Verleihungen jeweils meist nur für eine bestimmte Mineralart bewilligt wurden, z. B. jeweils nur für Eisenerz oder für Zinkerz, z. B. Galmei, oder für Blei- oder Kupfererze.
Für die Begrenzung der Dienstbereiche der Bergreviere bzw. Oberamtsbezirke war im allgemeinen die alte Territorialgrenze zwischen der alten Grafschaft Mark und dem kurkölnischen Gebiet maßgebend. Im Gebiet der alten Mark waren Bergbehörden: das Bergrevier Witten, das Bergamt Bochum (das aber desöfteren den Standort wechselte) und das Oberbergamt Dortmund, im ehemaligen Kurköln: das Revier Arnsberg, das Bergamt Siegen und das Oberbergamt Bonn.

Die nachstehende Übersicht über die einzelnen Betriebe folgt der zeitlichen Reihenfolge ihrer Verleihungen. 3)

 1. Eisensteinbergwerk "Friedrich"
 2. Eisensteinbergwerk "Elsterbusch" bzw. Konsolidation "Elsterbuscher Zug"
 3. "Braun- und Toneisengrube Höingsen"
 4. Eisensteingrube "Neuburg"
 5. Bleierzbergwerk "Königsgrube V" bei Höingsen
 6. Braun- und Toneisensteinbergwerk "Conradszeche" zu Steinhausen
 7. Eisensteingrube "Ligny" bei Böingsen
 8. Eisenerzgrube "Rollo", Böingsen
 9. Eisenerzgrube "Asbeck"
10. Eisenerzgrube "Juda" bei Hüingsen
11. - 19. "Primus I" bis "Primus IX"
20. u. 21. "Primus X" und "Primus XI"
22. Der Mendener Bergwerksverein im Districtfeld Landsberg-Velen
23. Der Mendener Bergwerksverein und der Deilinghofener Erzbergbau
24. Eisensteingrube "Bertingloh I" und "Bertingloh II"
25. Eisensteingrube "Leontine"
26. Eisensteingrube "Angela"
27. Eisensteingrube "Ferdinand II"
28. Eisensteingrube "Bertha II"
29. Eisensteingrube "Franziska"
30. Eisensteingrube "Pluto I a"
31. Steinkohle in der Waldemei (ein Versuch)


ANMERKUNGEN
1) Carl Friedrich Wilhelm Schmöle (1782-1863), einer alten Iserlohner Familie entstammend, hatte schon lange Jahre in Iserlohn die von ihm zusammen mit Wilhelm Romberg 1808 gegründete Fabrik für Reit- und Fahrgeschirre (Firma Schmöle & Romberg) mit bestem Erfolge betrieben, als er 1834 in Menden ein Tochterwerk für die Herstellung von Blechen und Draht aus Messing und Tombak gründete. 1853 wurde der Mendener Betrieb unter Leitung seiner Söhne Rudolf (1812-1896) und Gustav (1819-1895) Schmöle selbständig. Im kommenden Jahr (1978) kann die im In- und Ausland bekannte Firma R. & G. Schmöle unter der Mitleitung des Enkels von Rudolf Schmöle, Dr. Ing. Carl Schmöle, schon ihr 125-jähriges Bestehen feiern. - Rudolf Schmöle war übrigens auch persönlich am Bergbau beteiligt. Er war zusammen mit seinem Vetter August Schmöle, Inh. der Firma Theodor Schmöle & Söhne Iserlohn, Gewerke der "Iserlohn-Altenaer Gewerkschaft", Eigentümerin des Kupfer- und Bleierzbergwerks "Erzgebirge II" in der Bräke bei Iserlohn. Dieses Bergwerk wurde lange Jahre mit mäßiger Ausbeute betrieben, in dem Bestreben, für die Iserlohner und Mendener Messing-Industrie, die ihren Kupferbedarf ausschließlich von auswärts decken musste, auch heimisches Kupfervorkommen nutzbar zu machen (vgl. Banniza, "Erzgebirge" im Iserlohner Land in Zeitschrift Danzturm 2/74). Auch bei der Eisensteingrube "Conradszeche" bei Menden waren die Brüder Rudolf und Gustav Schmöle als Gewerke beteiligt.

2) Heinrich von Dechen, Dr. der Philosophie h. c., königl. preuss. geheimer Rat, Oberberghauptmann, Dir. des Oberbergamtes Bonn, Mitglied des Staatsrates, geb. Berlin 25.03.1800, als Sohn des Geh. Hofrats im Auswärtigen Amt Ernst Theodor von Dechen, gehörte zu den bedeutendsten Wissenschaftlern seiner Zeit, speziell im Fach Geologie und Bergkunde, und zur Spitzengruppe der preuss. Berg- und Hüttenverwaltung. Zugunsten Otto Krug von Nidda's verzichtete er auf die ihm vom Minister von der Heydt zweimal angebotene Leitung der "Abteilung für das gesamte preussische Berg-, Hütten- und Salinenwesen" im Ministerium und blieb als Direktor des Oberbergamtes in Bonn, wo er sich besser seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmen konnte, die er auch nach seiner Pensionierung bis ins höchste Alter fortsetzte.


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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