Quelle: Menden - Märkischer Kreis, Festschrift zum Kreisheimattag 1979, S. 32-43
Mender Bergbau
Von Hugo Banniza
Im Kapitel Amt Menden wird nur einmal (Seite 168) des Bergbaus kurz
Erwähnung getan: "Im Amtsbezirk Menden sind an mineralischen Produkten
vom Freiherrn Theodor von Dücker Eisenerze gewonnen worden. Der
Stollenbau in Hüingsen, welcher in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts
eingestellt wurde, ist noch vorhanden und soll bei dem Bau einer
Wasserleitung demnächst verwendet werden." Gemeint ist hier vermutlich
die Eisensteingrube "Neuburg". Voye schrieb diese Bemerkung im Jahre
1908.
Dr. Heinz Röttgermann ging in seiner "Geschichte der Industrie des
Wirtschaftsraumes Menden-Fröndenberg", 2. Auflage 1952, schon etwas
ausführlicher auf das Thema Bergbau ein: "Auch im Mendener Wirtschaftsraum
glaubte man ergiebige Erzvorkommen entdeckt zu haben. Zahlreiche
Bergwerksbelehnungen auf Eisenerze in Böingsen, Deilinghofen, Asbeck,
Sümmern und Halingen wurden in den Jahren 1857 bis 1862 nachgesucht
und erteilt." (Quelle: Akten des Amtsgerichts Menden und Mitteilung
des Oberbergamtes Dortmund). Aus den Akten der Firma R. & G. Schmöle
zitiert Röttgermann aus einem Brief Carl Schmöles vom Jahre 1857
wie folgt: "Es kam ein Obersteiger (vermutlich Heermann aus Deilinghofen)
und mehrere Bergleute und sagten, dass sie über 6 Gruben hier im
Mendener Raum aufgeschlossen hätten, wo man Eisen- und Bleierze findet.
So ist alles in bester Erwartung." 1)
Röttgermann fährt fort: "Aber diese Vorkommen haben in ihren weiteren
Aufschlüssen die Hoffnungen nicht erfüllt, die man auf sie gesetzt
hatte. Nach wie vor waren die Rödinghauser Eisenwerke auf fremde
Roheisenzufuhren angewiesen." - Zu den Bemühungen Theodor von Dückers
sagt Röttgermann (1952, Seite 52): "In diesen Jahren" - ungefähr 1828-1833
- "betrieb Theodor von Dücker (1791-1855) außer den Hammerwerken die
ihm gehörigen und im Wirtschaftsraum Menden gelegenen Eisenerzbergwerke,
legte Versuchszechen an und sicherte sich durch die Belieferung mit
eigenem Erz einen Teil des aus der Rödinghauser Hütte erblasenen
Roheisens. Auch war er maßgeblich an den Kupfer- und Bleiwergwerken
der Carolinenhütte in Hüsten an der Ruhr beteiligt." (Akten Archiv
Rödinghausen)
Unbeachtet blieben überraschenderweise von den Autoren Voye und Röttgermann
die zahlreichen Hinweise, die Heinrich von Dechen 2) in seiner 1855
veröffentlichten "Geognostischen Übersicht des Regierungsbezirks Arnsberg"
zum Bergbau gab. In der näheren und weiteren Umgebung von Menden besprach
er immerhin rd. 20 Bergbaubetriebe und die Erzvorkommen, die sie jeweils
ausbeuteten. So schrieb er z. B. zur eben erwähnten Carolinenhütte (Seite
223 a.a.O.): "Oberhalb Hüsten an der rechten Seite der Röhre bei der
Schmelzhütte baute die Grube Caroline auf einem in Kieselschiefer und
Plattenkalk aufsetzenden Gange, der Kupferkies, Kupferlasur, Bleiglanz
und Antimonglanz in Quarz und Schwerspat führte."
Ab etwa 1850 bestand in Menden der "Mendener Bergwerksverein", der unter
der Leitung des Amtmanns Alsing, Menden (von 1847 - 1862 als solcher im
Dienst), eine größere Zahl von Bergbauinteressenten aus Menden und Umgebung
zusammenschloss. Von 1855 bis 1865 führte dieser Verein einen langwierigen
Prozess um Schürfrechte auf Bleierze in Deilinghofen gegen den
Märk.-Westf.-Bergwerksverein Letmathe, der auf Grund eines Privilegs von
Friedrich dem Großen von 1751 Galmeiabbau im Bereich des alten Amtes Iserlohn
und des ehemaligen Gerichtsbezirks Hemer betrieb. 1862 war der Verein z. B.
Besitzer der Eisensteingrube "Conradszeche" bei Rödinghausen, die Amtmann
Alsing 1856 von den Erben des Erstbesitzers und Namensgebers Hammerschmied
Conrad Abt-Rödinghausen gekauft hatte.
Die obigen Literaturhinweise und Aktennotizen waren der Anlass, einmal
sämtliche erreichbaren Archivalien sowie die Berggrundbücher der Amtsgerichte
Menden, Balve und Iserlohn durchzusehen, um über den Umfang der Bergbaugründungen
und der Bergbautätigkeit im Mendener Raum ein Bild zu gewinnen.
Der Interessent, der auf eigenem oder fremden Grund ein abbauwürdiges
Erzvorkommen auszunutzen beabsichtigte, beantragte beim Oberbergamt eine
sog. "Muthung" für ein genau festzulegendes "Grubenfeld" unter Angabe
eines oder mehrerer "Fundpunkte". Falls für das vorgeschlagene Feld "noch
keine andere Muthung vorlag", das Feld also im sogenannten "Bergfreien"
lag, wurde vom Oberbergamt der zuständige "Berggeschworene", die unterste
Dienststelle der Bergbaubehörde, beauftragt, im Beisein des Muthers die
amtliche Feststellung des Fundes, die "Inaugenscheinnahme", vorzunehmen
und die Abbauwürdigkeit des Vorkommens festzustellen. Der Berggeschworene
trug sodann die Muthung mit dem genauen Fundort in die offizielle "Muthungskarte"
ein und gab seinen gutachtlichen Bericht darüber an das Oberbergamt. Die
"Bergwerksverleihung" erfolgte dann durch das Oberbergamt bzw. das Ministerium
für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeit in Berlin. Der Beliehene war
dann gehalten, die Aufschlussarbeiten unverzüglich in Angriff zu nehmen.
Nur bei triftigen Gründen wurde eine "Fristung" ausgesprochen.
Wurde das verliehene Bergrecht - die "Berechtsame" - nicht genutzt, konnte
ein anderer Interessent die gleiche Muthung für sich beantragen, weil
das verliehene, aber nicht genutzte Bergrecht automatisch wieder ins
"Bergfreie" fiel (dieser Fall wurde 1858 bei der Eisensteingrube Brelen
akut). Ein Bergwerk wurde durchweg als Gewerkschaft betrieben, zu der
sich meist eine Reihe "Gewerken" zusammenschloss, die je nach den
eingebrachten Geldern ein oder mehrere Anteile - "Kuxe" - der Gewerkschaft
erwarben. Schon nach der von Friedrich II. im Jahre 1766 für Kleve-Mark
erlassenen Bergordnung sollte jedes Bergwerk für die Gewerken insgesamt
128 solcher Anteile einrichten, dazu noch je 2 "Freikuxe" für den Landesherrn,
den Grundstückseigentümer, für die Erhaltung von Kirchen und Schulen
und für die Knappschafts- und Armenkasse schaffen.
Wie der Ausschnitt der Muthungskarte des Bergreviers Witten zeigt, überlappten
sich die verschiedenen "Grubenfelder" vielfach, weil Muthungen und Verleihungen
jeweils meist nur für eine bestimmte Mineralart bewilligt wurden, z. B. jeweils
nur für Eisenerz oder für Zinkerz, z. B. Galmei, oder für Blei- oder Kupfererze.
Die nachstehende Übersicht über die einzelnen Betriebe folgt der
zeitlichen Reihenfolge ihrer Verleihungen. 3)
1. Eisensteinbergwerk "Friedrich"
ANMERKUNGEN
2) Heinrich
von Dechen, Dr. der Philosophie h. c., königl. preuss. geheimer Rat,
Oberberghauptmann, Dir. des Oberbergamtes Bonn, Mitglied des Staatsrates, geb.
Berlin 25.03.1800, als Sohn des Geh. Hofrats im Auswärtigen Amt Ernst Theodor
von Dechen, gehörte zu den bedeutendsten Wissenschaftlern seiner Zeit,
speziell im Fach Geologie und Bergkunde, und zur Spitzengruppe der preuss.
Berg- und Hüttenverwaltung. Zugunsten Otto Krug von Nidda's verzichtete er
auf die ihm vom Minister von der Heydt zweimal angebotene Leitung der
"Abteilung für das gesamte preussische Berg-, Hütten- und Salinenwesen" im
Ministerium und blieb als Direktor des Oberbergamtes in Bonn, wo er sich
besser seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmen konnte, die er auch nach
seiner Pensionierung bis ins höchste Alter fortsetzte. |