Quelle: AntiBerg Nr. 6 vom 01.03.1977, S. 4-6

Die Erforschung der Knitterhöhle

Von Rainer und Dieter Stoffels

Zwischen der von Iserlohn nach Letmathe führenden Bundesstraße 7 und der in halber Höhe des Südhanges des Sonderhorstes verlaufenden Bahnstrecke liegt im mitteldevonischen Massenkalk ein seit dem vorigen Jahrhundert aufgelassener Steinbruch. Besitzer des teilweise bebauten Grundstücks ist der Uhrmacher Alfred Knitter (Iserlohn-Letmathe, Hauptstr. 77)

Hinter seinem Wohnhaus führt ein Weg durch einen terassenartigen Garten empor zum Eingang der Knitterhöhle. Er liegt am Fuße einer kleinen Steilwand oberhalb einer bewachsenen Halde. Die erste genauere Untersuchung der tagnahen Höhlenteile datiert wohl aus dem Jahre 1868, als oberhalb der Höhle die Trasse der Iserlohner Eisenbahn in den Kalkstein gesprengt wurde. Bei dieser Gelegenheit bahnte man sich auch mit Dynamit einen Weg durch die engsten Teile des "Sinterperlenganges", der die Knitterhöhle mit der Höhle "Pferdestall" (4710/8) verband.

1910 erfolgte die erste höhlenkundliche Untersuchung durch Dr. Benno Wolf, dem 1. Vorsitzenden des Rheinisch-Westfälischen Höhlenforschungsvereins in Elberfeld. Er veröffentlichte im Mitteilungsblatt seines Vereins eine ausführliche Beschreibung der bis damals bekannten Höhlenteile (Westdeutsche Höhlen I, Höhlen Nr. 31, 32, 33: "Untere Dechenhöhle", siehe auch folgenden Artikel).

Erst im Frühjahr 1973 setzte durch einen Hinweis der Studiengemeinschaft für Vorgeschichte und Höhlenkunde Iserlohn eine Neubearbeitung der Höhle seitens der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Sauerland ein. Im Laufe eines halben Jahres gelang nun durch den Einsatz von Spaten, Hammer und Tauchgeräten der Vorstoß in die bis dahin unbekannten Gänge der Knitterhöhle. Anfangs bildeten die sechs Syphone der ausgedehnten wasserführenden Teile das größte Hindernis. Nur die Hälfte konnte durchtaucht werden. Der Rest war trotz vorangeschobener Pressluftflasche zu eng oder eine ungünstige Fließrichtung trübte das Wasser zu stark.

Erst als im September 1973 die anhaltende Trockenheit des vorangegangenen Sommers zum Versiegen des Höhlenbaches führte, und der örtliche Karstwasserspiegel sich um über 7 Meter senkte, wurde auch der Weg durch die restlichen Syphone frei. Damit wurden auch alle sonst unter Wasser liegenden Gangstrecken zum erstenmal befahren. In rascher Folge, die baldige Rückkehr des Höhlenbaches fürchtend, erfolgten nun weitere Neuentdeckungen und anschließende Vermessung. So konnte die vorher mi 98 Meter veranschlagte Höhle (H. Streich) auf eine Gesamtganglänge von 510 Meter vermessen werden. Der vorliegende Plan zeigt die Knitterhöhle in wasserlosem Zustand.



Beschreibung
Hält man sich nach Passieren des Eingangs rechts, gelangt man, größere Versturzblöcke erklimmend, in die "Empfangshalle". Sie ist mit Abstand der größte Hohlraum der Knitterhöhle. Der nach Norden stark abfallende Hallenboden besteht aus Lehmablagerungen und Versturzblöcken, die besonders im hinteren Hallenteil dominieren. Zwei zugeschwemmte Spalten und ein 4 Meter über Grund ansetzender Sintergang bilden das nördliche Ende der Halle.

An den Wänden der Empfangshalle lässt sich unschwer das Niveau einer ehemalig durchgehenden Sinterdecke nachweisen. Sie ist im nördlichen Hallenteil noch erhalten und untergliedert ihn in zwei Etagen. Diese Sinterdecke muss auf einer Lehmablagerung entstanden sein, die später durch den Höhlenbach wieder fortgeschwemmt wurde. Dieser Vorgang führte zum Einsturz der Decke. Davon zeugt das Bruchstück einer mächtigen Tropsteinsäule, die heute weit unterhalb des Niveaus der alten Sinterdecke am Hallenboden liegt. Auf ihr wachsen bereits Stalagmiten der 2. Generation.

Zur 1. Sintergeneration dürfte dagegen der sogenannte "Wächter" gehören. Diese mehrere Meter hohe, säulenartige Wandversinterung ist das eindrucksvollste Tropfsteingebilde der Höhle. An dieser Säule lässt sich das Tropfstein-Wachstum außergewöhnlich gut beobachten, da die Basis der Säule wegen des Einstürzens der Sinterdecke vollkommen frei liegt.

Will man den aktiven Teil der Höhle befahren, steigt man zwischen den Blöcken im hinteren Teil der Empfangshalle ab zum "Kellersyphon". Den Zugang zu diesem Syphon sperrte bis 1973 eine 0,50 Meter starke Lehmwand, aus der aus einer nur 0,20 mal 0,30 Meter großen Öffnung der Höhlenbach hervorsprudelte. Erst nach Aufgraben der Engstelle und mehreren vergeblichen Tauchvorstößen konnte der Syphon überwunden werden. Leider endete der dadurch entdeckte "Zufluss" in einer abwärtsführenden, unschliefbaren Kluftfuge.

Dem Kellersyphon gegenüber schließt sich in südlicher Richtung bachabwärts der sogenannte "Kanal" an. Auch dieses Gangstück musste erst aufgegraben werden und war, wie der größte Teil der neuen Gänge, nur auf allen Vieren oder auf dem Bauche zu befahren.
Vom "Kanal" zweigt der "Syphongang" ab. . .


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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