Quelle: Plettenberg - Industriestadt im Märkischen Sauerland, 1972, Albrecht v. Schwartzen, S. 160-161
Der Erz-Bergbau im Grünetal
Schon früh entdeckten die Menschen des Sauerlandes, vor allem aber des ehemals märkischen Teils um Plettenberg, wertvolle Kupfer-, Silber-, Blei-, Zink-, Galmei und Eisenerze, wovon die vielen heute meist von Buschwerk und Schlinggewächs umwucherten Schürfstellen, Stollen und Halden Zeugnis ablegen. Die Bergbautätigkeit war in alter Zeit sehr rege. Sie erreichte ihren Höhepunkt im 16. Jahrhundert und bewirkte die Einrichtung eines eigenen. Bergamtes in Plettenberg.
Dieses Bergamt hat allerdings nicht lange Zeit bestanden. Zu sehr war der Bergbau in den heimatlichen Bergen Schwankungen verschiedenster Art unterworfen, die die teilweise Stillegung einzelner Bergwerke zur Folge hatten. Aber zu allen Zeiten hat es nicht an Unternehmungsgeist gefehlt. Immer wieder wurden ergiebig erscheinende Gruben in Betrieb genommen.
Etwa 3000 m ostwärts vom Zentrum der Stadt Plettenberg entfernt befinden sich an dem durch den Rabenkopf, Bärenberg und Heiligenstuhl gebildeten Höhenzug, der dem mitteldevonischen Lenneschiefer angehört, die Reste des uralten Kupfer- und Silberbergbaus der engeren Heimat. Sachverständige legen den Beginn dieses Bergbauzweiges in die Zeit um 1300. Erwiesen ist aber, daß bereits eine geraume Zeit vorher von einem Hof bei Plettenberg u. a. jährlich 1 Pfund Silber an das Kapitel St. Severin zu Köln geliefert werden mußte, und daß daher der Anfang dieses Gewerbezweiges noch beträchtlich zurückverlegt werden kann. Der Betrieb unterm Bärenberg geschah in der frühesten Zeit durch Tagebau von Tage aus sowie durch kleinere Schächte, aus denen die Erze mittels Handhaspeln zu Tage gefördert wurden. Jedoch gestaltete sich der Schachtbetrieb insofern schwierig, als die stark auftretenden Wässer aus den Schächten gepumpt werden mußten, wozu den Altvorderen nur kleinere, unzureichende Saugpumpen zur Verfügung standen.
Der Drost des Amtes Schwarzenberg, Freiherr von Plettenberg, hatte von diesem Bergwerk, das zwar infolge der Wirren des 30jährigen Krieges seit 1627 stillag, den Zehnten gezogen. 1674 wurde Caspar Seheiner mit dem Bergwerk belehnt und die Halb-scheid dessen dem Hildesheimer Domdechanten Brabeck überlassen. Ein Viertel behielt der Rentmeister von Mascherell zu Hoerde und ein Viertel Caspar Seheiner zusammen mit dem Richter Esselen von Plettenberg. Man erkannte schon frühzeitig, daß der Bergbau am Bärenberg nur dann ergiebig werden und bleiben konnte, wenn man zum Treiben von Stollen überging. So entstanden zum weiteren Aufschluß der Gruben zwei Stollen auf halber Höhe des Bärenbergs. Während dieser Arbeiten ruhte der Förderbetrieb. Der Stollenbetrieb hatte die Gewerken außerordentlich viel Zubuße gekostet, weshalb Johann Wilhelm von Mascherell im Jahre 1680 der Amtskammer zu erkennen gegeben,
„daß er mit seinen Consorten mit schwären Kosten ins achte Jahr an den Stollen arbeiten lassen, sich noch ein Kupfer Erzgang hervorgethaen, worauf er
Schmelzhütte in der Grüne
mit seinen Consorten arbeiten lassen wollte, derhalben umb geburende Belehnung gebeten und ist derselbe im 3. Decemb. 1680 damit belehnet worden. Es ist aber hievon biss dato nichts an Zehenden erhoben worden, . . . "
Die Kosten überstiegen aber bald alle Möglichkeiten der Finanzierung. Der Bergbau kam schließlich abermals zum Erliegen. Nach einem Visitationsbericht aus dem Jahre 1690 lag der Betrieb am Bärenberg „wüste". 1713 wurden die Stollenbetriebe wieder neu gemutet und am 7. Juli an Christoph Dietrich Schawert und Johan Caspar Engelhard neu verliehen. Gleichzeitig erhielten die beiden Gewerken einen Zehnt-Freiheitsbrief für die Dauer von vier Jahren. Bis September 1715 hatten die beiden Unternehmer einen Verlust von 3380 Reichsthaler und 55 Stöbern, wozu bis zum 20. Januar 1716 noch 900 Reichsthaler gekommen waren. Demgegenüber hatte man bis dahin nur für 490 Reichsthaler Kupfer geschmolzen. Die gewonnenen Kupfererze wurden also nunmehr von den Gewerken am Fuße des Bärenbergs geschmolzen, während bislang die Erze größtenteils nach Aachen befördert und dort verhüttet wurden. Die minderhaltigen an Quarz gebundenen Erze ließ man auf der Halde liegen.
Einige Zeit danach kam der Betrieb abermals zum Stillstand, wurde aber später wieder aufgenommen,
Erzbergbau im 16. Jahrhundert
was aus einem Zehnt-Freiheitsbrief von 1738 hervorgeht, der im Jahre 1743 auf weitere 3 Jahre verlängert wurde.
1742 wurde festgestellt, daß der tiefere Stollen bei 100 Lachter Länge den Gang getroffen hatte. Die beiden Stollen wurden nun durch Gesenke verbunden und man traf die erfreuliche Feststellung, daß sich der Gang sehr veredelt hatte, indem die Kupfererze 2 Fuß mächtig anstanden. Von einem neu angelegten Pochwerk wurden reiche Erze gewonnen, die zugleich mit den Scheideerzen in der bei der Grube gelegenen Kupferhütte geschmolzen wurden. Zum weiteren Aufschluß wurde 1756 ein tieferer Stollen in einer Teufe von 400 m angelegt, der aber nur eine Länge von ca. 80 m erreichte und dann eingestellt wurde.
In den folgenden Jahren — vermutlich infolge der Kriegswirren 1756 bis 1763 ging die Bergbautätigkeit abermals sehr zurück. Die Akten enthalten für die Folgezeit keine weiteren Notizen. Erst ein Jahrhundert später erfolgten Neuverleihungen. Das gesamte Grubenfeld wurde in die beiden Grubenfelder „Vorsicht" und „Vorsehung" aufgeteilt, neu eingemutet und vom preußischen Oberbergamt Dortmund durch Urkunden von 1858 und 1861 verliehen. Vordem führte das alte Kupferbergwerk den Namen „St. Caspar".
Die uralten Grubenbaue wurden erneut untersucht, und es wurde dabei festgestellt, daß das Erz noch mehrere Fuß breit bauwürdig vor Ort stand. Durch Schlagen eines 20 m tiefen Gesenkes wurde ein Erzmittel von 2 Fuß mächtigen derben Fahl- und Kupfererzen aufgeschlossen. Das Hangende und Liegende war roter und weißer Quarz mit reichlich Malachit. Einige Jahre reger Bergbautätigkeit schlossen sich an. Viele Kosten entstanden. Die Gestehungskosten überstiegen im Mittel die erzielten Preise, so daß der Kupferbergbau wieder zum Erliegen kam.
Während des 1. Weltkrieges wurde der Schmelzofen in der Schmelzhütte abgebrochen. Dabei fand der Besitzer des Grundstückes rund 200 Pfund reines Kupfer, das dann an den Staat verkauft wurde.
Im Jahre 1921 stieg das Interesse für Plettenberger Kupfer erneut. Ein Befundbericht ergab abermals die Abbauwürdigkeit der im Grünetal anstehenden Kupfererze. Es wurde jedoch weiter nichts unternommen.
Erst in der Anfangszeit des „Dritten Reiches" wurde die Aufmerksamkeit der Bergbaubehörden
wieder auf das Plettenberger Kupfervorkommen gelenkt,
als die Kupfereinfuhr nach Deutschland auf ein Mindestmaß abgedrosselt worden war und sich bereits eine große Knappheit bemerkbar machte. Ein Vertreter der Mutungsberechtigten bemühte sich im Jahre 1935, unterstützt durch den damaligen Plettenberger Bürgermeister, um die erneute Ausbeutung der Kupfererzgruben am Bärenberg. Von den Halden wurden Proben genommen, die vom Untersuchungsamt in Lüdenscheid auf das Feinste gepulvert, und von denen eine Durchschnittsanalyse ermittelt wurde, die dann einen Gehalt von 8,4 % Kupfer aufwies. Um das untersuchte Kupfererz richtig bewerten zu können, muß man wissen, daß die Schmelzerze des Mansfelder Kupferschiefers im Durchschnitt nur 2,5 % Kupfer enthalten, während das in Katanga in Belgisch-Kongo gefundene Erz 6 bis 8 %, in reicheren Distrikten 12 bis 15 % aufweist.
Man hatte hier den Beweis, daß in älteren Zeiten ein hochprozentiges Kupfererz erster Sorte gefunden wurde, wenn in der Halde schon so hochprozentiges Erz, wie das untersuchte, von den Altvorderen liegengelassen wurde.
Nach alter Überlieferung sollen Proben im Abbau des Ganges an erster Sorte Erze mit 27 bis 50 % Kupfer und 40 Gramm Silber pro Tonne ergeben haben.
Die Untersuchung ergab ferner, daß man es am Bärenberg nicht mit einem sogenannten Nest, sondern vielmehr mit einem mindestens 2 km langen Gang zu tun hatte, der nach Durchführung des tieferen Stollens zu lösen wäre und ein reiche Ausbeute liefern würde.
Allein, das inzwischen in allen Einzelheiten ausgearbeitete Projekt scheiterte trotz
vielfacher Vorstellungen der Beauftragten für die Durchführung des Vierjahresplanes
an dem Mangel an den erforderlichen Facharbeitern und - wie es in einem Bericht heißt -
an der hiesigen Industrie, deren eigene Initiative nicht das leiste, was im Interesse
des Vierjahresplanes notwendig sei, und bei der die Rentabilitätsfrage die Hauptrolle
zu spielen scheine. |