Quelle: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes, Nr. 21,
Anfang Dezember 1927, 4. Jahrgang, S. 83 u. 84
Vom Kupferbergwerk
Am Berenberg wurde in alter und neuerer Zeit Kupfer gegraben, schon
im Jahre 1338 sind die dortigen "Koppern-Groven" erwähnt. Im 16. Jahrhundert
war das Kupferbergwerk am Berenberge eine Zeitlang für jährlich
45 Rtlr. verpachtet, später für den Zehnten. Von 1627 bis 1650 hat
"St. Caspar am Bierenberge" still gelegen. Dann unternahm es der Begründer
der preußischen Artillerie, der Generalfeldzeugmeister Otto Christoph
Freiherr von Sparr, das Bergwerk wieder ergiebig zu gestalten. Es ist kein
gutes Zeichen für den Erfolg, dass er das Unternehmen 1651 schon an den
Ober-Kommissar Johan Paul Ludwig abtrat, der es mit "schweren Kosten"
fortgesetzt hat. Durch den Grafen von Waldeck ließ der Große Kurfürst
erklären, er wolle sich auf Gewinn und Verlust zur Hälfte mitbeteiligen
und hat dem Amtmann und Richter zu Plettenberg, den Bergdirektoren und
Bergverwaltern dieserhalb schriftlich Befehl gegeben.
Der Ausbau des Bergwerks kostete 1100 Rtlr. Als der Kurfürst seinen
Anteil im Februar 1652 noch nicht bezahlt hatte, da bot Ludwig ihm
an, er möge das Bergwerk übernehmen, was er aber abgelehnt hat. 1656
belehnte der Große Kurfürst Joh. Paul Ludwig und seine Nachkommen mit
diesem Bergwerk und außerdem noch mit dem Bleibergwerk "aufm Wormelbergk"
und dem "aufm Ziegenkampf". Er, seine Hausfrau und seine Rechtsnachfolger
durften "ahn solchen Bergen nach Erz einschlagen, stollen treiben und
schacht öffnen, auch Schmelz- und Kohlenhütten, Bochwerke, wohnhäuser,
Stallung und was sonst darzu ferner nötig und thunlichsten zu sein
befinden auß dem aus solchen Bergen stehendem gehöltz ohne engelt
aufbauen, nützen und genießen, sich auch mit denen zu solchen Berkwerken
gehörigen Bergleuten, aller freyheiten, immunitäten, privilegien und
Gerechtigkeiten gleich in denen Sächsisch und Braunschweigischen
Landen gelegenen Bergwerken üblich und Herkommen erfreuen." Ihm und
seinen Nachkommen wurde auch auf 10 Jahre der Zehnte erlassen.
Nach ihm betrieb es der Bergmeister Kaspar Scheiner zu Siegen, der
1673 eine Hälfte an den Statthalter und Ehrendechanten Jobst Edmund
von Brabeck zu Hildesheim abtrat. Dieser hat "einige Bergknaben darauf
gelegt", die einen 100 Klafter langen Stollen durch festes Gestein
trieben, was ihn über 4000 Rtlr. kostete. Da stieß man endlich 1682
auf einen anderthalben Fuß mächtigen Erzgang. Auf seine Bitte gewährte
ihm der Große Kurfürst auf 5 Jahre Zentfreiheit. Die Ausbeute muss
später aber gering gewesen sein, denn 1690 lag das Bergwerk wieder
"wüste".
Auf das für den Bergbau nicht günstige 17. Jahrhundert folgte eine
bessere Zeit in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wie früher so
lieferte auch jetzt wieder das Kupferbergwerk am Berenberge die
beste Ausbeute. 1713 ließen Christ. D. Schuwert und Joh. Kasp.
Engelhard darin arbeiten. 1716 hatte der Betrieb schon über 4000
Rtlr. Kosten verursacht, aber nur sehr wenig Erz zutage gefördert.
Die Regierung kam dem Unternehmen dadurch entgegen, dass sie ihnen
mehrmals für 4 Jahre Zehntfreiheit gewährte. 1742 war oberhalb
des im 17. Jahrhundert angelegten 100 Klafter langen Stollens ein
neuer Stollen in den Berg getrieben worden. Damals arbeiteten
abwechselnd je 3 und 3 Mann darin. Man fand einen 2 Fuß starken
Erzgang. Das Erz wurde in dem nicht weit davon neu angelegten
Pochwerk verarbeitet. Später lag dies Bergwerk einige Jahre
unbenutzt, bis es 1750 der Hofrat Lecke wider in Betrieb nahm,
dem es bis 1756 aber nichts mehr eingebracht hat.
Über einen späteren Versuch zur Erzgewinnung in diesem uralten Bergwerk
berichtet ein Vorfahr des Herrn F. Stahlschmidt in Hagen in folgender
Weise: "1801 hatten sich einige unternehmenslustige Männer, darunter
mein Großvater, geeinigt, den Bau wieder aufzunehmen. Weil die zu Gebote
stehenden Mittel gering waren, wurde er schwach betrieben, aber doch
mehrere Jahre fortgesetzt. Der Großvater hatte die sehr hohe Zubuße
nicht immer zahlen können, deshalb meinen Vater zur Übernahme einiger
Kuxen bewogen. Lange fand sich das gesuchte Erz nicht oder doch nur in
geringeren Qualitäten. Endlich, im Sommer 1805, kam die erfreuliche
Nachricht, eine reiche Ader sei "vor Orts", d. h. am äußersten Ende des
alten Stollens, abgeschlagen worden.
Eine Art Festzug, dem sämtliche
Beteiligten sich anschlossen, fand statt. Der Großvater, nahezu
70 Jahre alt, nahm mich, als Vertreter der Kuxe meiner Mutter, mit.
Der Weg ging am linken Ufer des Grünebaches durch das diesen einschließende
enge Tal. Einer der Teilnehmer, Reidemeister Stahlschmidt, Besitzer
des Gutes Letmecke, kam zu Pferde, trat das Tier aber meinem Großvater
ab; mir wurde das Glück zuteil, dass ich mit aufsitzen durfte.
Dreiviertel Stunde bwegte sich der Zug im Tale, dann wurde der Bach
überschritten und der Weg in einer Bergschlucht, die ein kleiner Bach
durchrieselt und mächtig ansteigt, fortgesetzt. Bald erreichten wir
eine geräumige Halde, worauf ein Häuschen für die Bergleute errichtet
war. Dicht daran zeigte sich der Eingang des Stollens, der befahren
werden sollte. Nach einer kurzen Rast begann die Einfahrt.
Das bekannte schmale Geleise, aus eichenen Bohlen gefertigt, auf
welchem der sogenannte Hund, ein kleiner Karren zum Transport von
Steinen usw. dienend, unter welchem das Grubenwasser abfloss, musste
als Pfad benutzt werden. Die erste Strecke im Stollen ging durch hartes
Gestein; dann kamen Stellen, die Erde mit Stein untermischt enthielt
und sogenannten Grubenbau notwendig gemacht hatten. Wir mochten etwa
sieben Minuten vorgedrungen sein, als wir linker Hand ein in den
Felsen gehauenes Gewölbe erblickten und darunter einen alten Schacht,
der bis zum Rande mit Wasser gefüllt war.
Weiter vordringend sahen wir rechter Hand, dicht am Hunde-Geleise,
einen andern, ebenfalls mit Wasser gefüllten Schacht. Noch gegen
5 Minuten den engen Pfad verfolgend, gelangten wir "vor Orts",
also zum Ziele. Die Bergleute zeigten den älteren Männern die
Erzader und ersuchten uns dann etwa 20 Schritt zurückzugehen. Wir
sollten die Wirkung einer Explosion im Innern des Berges vernehmen.
Zu dem Ende hatten die Bergleute ein Bohrloch in das Gestein
getrieben und mehr wie gewöhnlich mit Pulver gefüllt. Ich war,
weil die Erwachsenen sich vorgedrängt hatten, der letzte im Zuge,
erfuhr von den Vorbereitungen nichts.
Nach ein bis zwei Minuten wurde Halt gemacht, dann erfolgte die
Explosion, für ein ungeübtes Ohr übermäßig stark; ein höchst
unangenehmer Schwefelgeruch entstand in dem engen Raume. Die
Männer gingen der Stelle, wo gesprengt wurde, näher, wendeten
sich aber bald, da hinter uns, nach dem Ausgange hin, ein Krach
vernommen wurde. Ich, der letzte, war nun der vorderste im Zuge
und wurde angetrieben zu eilen. Beim matten Schein der Lämpchen
mochte ich etwa 10 bis 15 Schritte zurückgelegt haben, als ich
einen Haufen Erde, mit Steinen untermischt, etwa anderthalb Fuß
hoch, bemerkte und ohne Arges zu denken, darüber weghüpfte. Die
Erwachsenen folgten, wir kamen glücklich aus dem Stollen ins
Freie. Mir fielen nun die bleichen Gesichter der Männer auf, die
kein Wort sprachen, darauf sich aber gegenseitig Glück wünschten,
dass sie einer großen Gefahr entgangen. Das zum Grubenbau verwandte
Holz war nicht stark, oder mürbe geworden und, durch die Explosion
erschüttert, an einer Stelle gebrochen. Von dem nicht festen Boden
darüber konnte also ein Teil nachstürzen. Dadurch hatte sich der
Haufen gebildet, den wir überschritten. Sank die sicher mehrere
1000 Fuß hohe Masse nach, wären wir sämtlich, wo nicht begraben,
so doch gänzlich abgeschlossen, vielleicht nicht zu retten gewesen.
Später besuchte ich an freien Nachmittagen das Bergwerk öfter. Die
Bergleute verweigerten uns aber den Eintritt. Die aufgefundene
Erzader muss bald ausgebeutet gewesen sein; neue wurden nicht
entdeckt. Der Bau brachte nichts ein, erforderte vielmehr immer
Zubuße. Daher gaben ihn die Teilnehmer auf." |