Quelle: Westfalenpost Altena/Plettenberg vom 12.04.1952 ff. - von Fritz Bertram
[übertragen 08/2010 von Horst Hassel] In Plettenberg und Herscheid fast vergessen Reichtümer in den Tiefen der Berge Eisen, Blei, Kupfer, Zink und Schwefel - Alte Bergwerke zwischen Lennetal und Nordhelle
Plettenberg. Wo in den Bergen Eisen ruht, da hat die
Mutter mich gewiegt. - So singen wir in unserem Westfalenlied,
und sogleich möchte man fragen: Wer denkt hierbei an den
tieferen Sinn dieses Verses, wer von uns, besonders wer von
unserer jüngeren Generation, weiß denn noch etwas davon, wo
in unseren Bergen Eisen und andere Erze ruhten? So wollen wir
in diesem und in später folgenden Aufsätzen unsere Berge
durchstreifen und nach alten Gruben ausschauen.
Stollen heute noch begehbar
Und heute können wir nur staunen, mit welchem Eifer und mit
welchen Mühen der Stollen der Grube vorgetrieben wurde, wenn
wir bedenken, dass er heute noch fast 100 Meter tief durch
Grauwackenschiefergebirge begehbar ist, eine Strecke, die mit
Hammer und Meißel geschlagen worden ist. Das Bleierz stand in
dieser Grube ein bis eineinhalb Zoll mächtig an, war aber
auch in größeren Nestern abgelagert und bot zeitweilig eine
gute Ausbeute. Wenn auch heute diese Grube nicht mehr ausgebeutet
wird, so ist sie noch nicht vergessen, denn noch wahren
angesehen Plettenberger Bürger ihre Besitzrechte an diesem
Bergwerk.
1743 bereits urkundlich erwähnt
Noch nicht ganz 100 Meter weiter nach Eiringhausen zu war
die Grube Henriette I, die im Jahre 1853 zur Gewinnung
von Bleierzen verliehen wurden. Diese Grube trieb einen alten
Stollen weiter vor, der schon mit Datum vom 12.05.1743 in
den Akten des Oberbergamtes Bonn als Bleierzgrube genannt
wurde. Heute finden wir hier nur noch Halden und Vertiefungen,
die beinahe an Bombentrichter erinnern, in Wirklichkeit aber
von eingefallenen Stollen der beiden zuletzt genannten Gruben
herrühren.
400 Meter ins Urgestein
Wandern wir weiter das Elsetal hinauf, so wurden dort, wo der
Frehlinghauser Bach in die Else mündet, die Eisenerzgruben
Alex I und II betrieben, östlich der Ortschaft Warbollen
können wir auf die Eisenerzgrube Leonore hinweisen
und auf halbem Wege zwischen Warbollen und Grävinglöh wurde
auf der Grube Garibaldi nach Eisenerz geschürft. Bei
der Jeutmecke, neben der Landstraße von Ohle nach Selscheid,
hat man die Grube Viktoria auf die Gewinnung von
Brauneisenstein beliehen.
Im Krieg als Luftschutzstollen ausgebaut
Zinkdistrikt in der Blemke
Ein ähnliches Feld für Kupfererz finden wir im Gebiet des Bärenbergs
und Heiligenstuhls. Hier wurde eifrig Kupferkies, Buntkupfer und
Malachit gegraben, aus der Reihe der Gruben nennen wir nur die
reichsten Felder: Wilder Mann, Wilde Frau, Vorsicht und
Vorsehung.
Besitzrechte werden noch gewahrt
Über die Entstehung der Erzvorkommen sowie über die Gründe, weshalb
die Gruben nach relativ kurzer Zeit aufgegeben wurden, werden wir
uns im nächsten Aufsatz unterhalten. F. B.
Plettenberg. Wenn wir uns im ersten Aufsatz die verschiedenen
Bergwerke der letzten hundert Jahre vor Augen führten, so taucht
unwillkürlich die Frage auf: Waren diese Arbeiten nur rein spekulativer
Art, waren es mehr oder weniger zweifelhafte Gestalten, die hier
vielleicht billig zu großem Reichtum kommen wollten, oder ist unser
Gebiet in der Tat reich an Mineralien? Mit dieser Frage werden
wir uns im folgenden befasen.
Unser Gebiet gehört zu den nördlichen Ausläufern des rheinisch-westfälischen
Schiefergebirges. Die in diesem Gebiet vertretenen geologischen
Formationen sind:
Man darf nun nicht annehmen, dass diese Schichten fein säuberlich
übereinanderliegen und unsere Täler im Sauerland ausschließlich auf
die auswaschende Wirkung unserer Flüsse zurückzuführen sind. Nein,
es traten gewaltige Erdverschiebungen und Faltungen auf, es ergab
sich, dass plötzlich ein Stück der Erdscholle um etliche Meter nach
oben, unten oder zur Seite verschoben wurde, ein Vorgang, den wir
als geologische Verwerfung bezeichnen. Als Besonderheit dieser Art
sei auf den Einbruch jenweits der Bracht auf dem Wege nach
Schwarzenberg hingewiesen, etwa 500 Meter hinter der alten Birke,
wo das Gelände plötzlich gewaltig, fast senkrecht bis fast zur Lenne
eingebrochen ist, ferner sehen wir diese Einbrüche mit aller
Deutlichkeit an der Hohen Wibbecke und auf dem Ruthenberg bei Pasel.
Mit dieser Zerquetschung des Grundgebirges stand nun das Hervorbrechen
von vulkanischen Erruptivgesteinen in engstem Zusammenhang. Es bildeten
sich Spalten und Klüfte, in die Minerallösungen und Dämpfe eindrangen
und durch fortschreitende Kristallisation aufgefüllt wurden. Und so
müssen wir uns den wichtigsten Satz unserer jetzigen Betrachtung
einprägen:
Je nach der lokalen geologischen Beschaffenheit kann so eine
Kluftausfüllung sher weit verfolgt werden, so dass wir direkt von einer
Erzader sprechen können, ja, es kann sogar so weit gehen, dass wir
geradewegs von einem Erzdistrikt reden können, der sehr ergiebig sein
kann, zum Beispiel der Eisenerzdistrikt Wilde Wiese, wo man
vor rund 70 Jahren 6 bis 8 Fuß mächtige Brauneisensteinlager bis zu
300 Meter Länge abbauen konnte, bis hier eine Verwerfung ein Ende
machte. Und ferner ist die Gegend des Bärenbergs geologisch
einheitlich und wenig gestört, so dass sich hier jahrhundertelang
ein blühender Kupferbergbau halten konnte. Ganz allgemein kann gesagt
werden, dass unsere Heimat so stark geologisch gestört und verworfen
ist, dass jeder Mineralfund nach mehr oder weniger kurzer Strecke
verloren ging.
In einer Zeit, wo das wirtschaftliche Leben noch in ruhigeren Bahnen
lief, und noch nicht, wie in heutiger Zeit, ein Rekord den anderen
schlagen will, war es durchaus rentabel, dass z. B. die Bleierzgrube
Brandenberg 1858 insgesamt nur 242 Zentner Bleierz förderte,
und erst recht waren diese Gruben im späten Mittelalter und noch früher
mit Gewinn zu betreiben. Aber in der heutigen Zeit der maximalen
Förderungszahlen konnten sich diese Gruben nicht halten, und es
müßten nun ganz neue hochmoderne Anlagen geschaffen werden, um das
sicher noch sehr reichlich vorkommende, aber weit zerstreute Erz zu
Tage zu fördern.
Mit einem Wort gesagt: Nicht die Armut oder die Erschöpfung unserer
heimischen Erzvorkommen haben den Gruben den Garaus gemacht, sondern
die immer schneller und gewaltiger ansteigende Industrialisierung
ist den Gruben davongelaufen, so dass diesen, wörtlich genommen, die
Luft ausging.
III. Folge: Hermannszeche könnte auch heute noch mit ihren guten
Verhüttungsprodukten rentabel sein
Plettenberg. In unserem letzten Aufsatz über die Reichtümer
in den Bergen der Umgebung von Plettenberg erwähnten wir auch die
Grube Neues Glück, die etwas nördlich des Plettenberger
Schlachthofes gelegen ist. In nachstehenden Ausführungen soll nun
geschildert werden, wie diese Grube und die Hermannszeche
an der Bracht unter der Erde heute aussehen.
"Neues Glück" wurde Luftschutzraum
Und wir kommen des Rätsels Lösung gleich näher, wenn wir bedenken,
dass unsere Vorfahren diesen Stollen nur mit Hammer und Meißel von
Hand vortreiben mussten, also nur soviel festes Gestein wegschlugen,
wie unbedingt notwendig war. Dass der erste Teil des Ganges so
bequem begehbar war, kommt daher, dass die Grube durch die Firma
Voß & Schröder, Plettenberg, im letzten Krieg zum Luftschutzbunker
ausgebaut wurde.
Dieser niedrige Gang konnte von der Kreuzung aus etwa 40 Meter
weit verfolgt werden, bis eingestürzte Berge das Weitervordringen
verhinderten. Diese Entfernung entspricht ungefähr der Stollenlänge,
die man bei einer Besichtigung am 26.06.1759 feststellen konnte.
Wenn man nun den Erzählungen alter Leute Glauben schenken kann,
so soll der Stollen noch viel weiter vorgetrieben worden sein,
bis er am Bergabhang von der Kersmecke nach Böddinghausen wieder
zu Tage gekommen war. Noch heute erinnern die sogenannten
"Blykaulen" an dieser Stelle an Bergbautätigkeit in alter Zeit.
Wir wenden uns von der Kreuzung zurück bis zu der zuerst erwähnten
Abzweigung, verfolgen nun aber einen zweiten Stollen, der dort rechts,
also nach Süden abbog und kommen nach einer kurzen Strecke auf einen
wiederum nach rechts abzweigenden Gang, der bei dem Ausbau zum
Luftschutzbunker neu angelegt wurde, um einen zweiten Ausgang zu
schaffen. An dieser eben erwähnten letzten Biegung nach rechts geht
der ursprünglich südlich gerichtete Gang aber noch weiter und führt
in der oben angegebenen niedrigen Höhe weiter nach Süden ins Gebirge,
wo er aber wegen Wasseransammlung nicht weiter verfolgt werden
konnte. Durch den zweiten Ausgang verlassen wir die Grube "Neues
Glück". Nicht vergessen werden wir aber die herrlichen
Gesteinsschichtungen und Faltungen, die wir in dieser Grube
eingehend bewundern konnten.
1913 noch 1504 Tonnen Eisenerz
Bei 200 Meter Entfernung vom Mundloch wird das Eisenerzlager erreicht.
Letzteres ist auf 700 Meter streichend verfolgt und größtenteils
abgebaut worden. Zur Untersuchung der weiter östlich liegenden
Erzadern sowie zur Lösung der Erze der Hermannszeche wurden zwei
tiefere Stollen angesetzt, von denen der eine eine Länge von 180
Meter, der andere eine solche von 200 Meter erreichte, ohne bis dahin
auf Erz gestoßen zu sein. Man verließ dann diese Stollen und
beschränkte sich wie vorher nur noch auf den Paulstollen.
Im Jahre 1913, der besten Blütezeit der Grube, wurden 1.504 Tonnen
Eisenerz mit Pferd und Wagen die über zehn Kilometer lange Strecke
nach Plettenberg zum Bahnhof gefahren. In der Zeit der Inflation
ging der Grubenbetrieb dann ein und heute ist das Feld eingefallen,
verwachsen und verwildert.
Wenn man nun aber bedenkt, dass dieses Feld eine Ausdehnung im Osten
bis zum Krusenberg, im Westen bis über den Brandigkopf hinaus und
im Nordwesten bis zur Galmeigrube in der Blemke hat, so ist es
nicht verwunderlich, dass man noch 1935/36 intensive Bohrungen
vornahm, um durch die Rentabilität der Grube den Eisenbahnbau von
Sundern über Allendorf nach Plettenberg zu fördern. Dieses
Eisenerzgebiet verspricht auch in heutiger Zeit noch eine sehr gute
Rentabilität, zumal die Analyse von 34,4 Prozent Eisen, 3,2 Prozent
Mangan, 21,50 Prozent Silizium und nur 0,084 Prozent Phosphor ein
gutes Verhüttungsprodukt liefert.
Hoffen wir, dass die Gewerkschaft Christiansglück II in
Düsseldorf bald wieder Interesse und Mut findet, dieses seit dem
späten Mittelalter berühmte Feld wieder in Betrieb zu nehmen.
IV. Folge: Silberblick bereits im 17. Jahrhundert erwähnt - Emilie ist
heute Wasserreservoir
Plettenberg. Bevor wir nun diese Serie über den Bergbaubetrieb
in unserer Heimat abschließen, wollen wir aber doch noch einen Blick
in das Herscheider Gebiet werfen. Hier finden wir nicht minder berühmte
Grubenfelder als rund um Plettenberg. Wandern wir von Herscheid nach
Schönebecke, so kommen wir durch die Hölmecke, wo im Februar 1862 die
Kupfererzgrube Gustus und im Mai 1876 die Kupfererzgrube
Amandus verliehen wurden. Beide Gruben waren aber nur wenige Jahre
in Betrieb.
Etwa 500 Meter von der Schule in der Schönebecke nach Richtung Herscheid
lag die Bleigrube Rencontre und in der Nähe dieses Grubenfeldes
stoßen wir auf die Eisenerzgrube Constantin XVI. Diese beiden
Felder wurden von 1860 bis 1890 etwa ausgebeutet. Das Ahetal abwärts,
unweit der Ahemühle, befindet sich dann die Bleigrube Auguste I.
Wir wenden uns zurück zur Herscheider Mühle und finden auf dem Fußweg
nach Niederstuberg einige tiefe Löcher, die die Überreste der
Eisensteingrube Genügsamkeit darstellen. Wesentlich älter ist
jedoch die Kupfer- und Bleierzgrube Silberblick, die schon Mitte
des 17. Jahrhunderts erwähnt wurde, wie ich in einem früheren Aufsatz
berichtete.
Direkt daneben liegt die Schwefelkiesgrube Glückshoffnung, die
noch 1927 in Betrieb war. Durch einen etwa zehn Meter langen Hohlweg
gelangt man an das Mundloch, das mit ziemlich steilem Abfall weit ins
Grauwackengebirge hineinführt. Auf der Silberghöhe, dort, wo von der
Landstraße Herscheid-Lüdenscheid der Fahrweg nach der Gaßmert abgeht,
zeugen zahlreiche tiefe Löcher von der früheren Kupfer- und Silbergrube
Silberberg. Von Herscheid aus führt uns der Weg nach Stottmert
an der Eisenerzgrube Adelgunde vorbei, die von 1856 bis 1893
in Betrieb war. Südlich von Stottmert liegt dann die Eisensteingrube
Bergmannsleben. Das Erz wurde vor 100 Jahren durch einen tiefen
Schacht zu Tage gefördert, man stieg mit einer Leiter, die mehr als
60 Sprossen hatte, in die Tiefe. Dieses Grubenfeld sowie die bereits
erwähnten Felder Genügsamkeit und Adelgunde sind noch heute im Besitz
der Concordia-Bergbau AG Oberhausen.
In der Nähe von Hervel und Becke befinden sich dann noch die drei
Eisensteingruben Westfalen I, II, III. Aber noch ein interessantes
Grubenfeld finden wir an der Oestertalsperre, die Kupfererzgrube
Maria. Ein tiefes Schachtloch führt nordwestlich ins Gestein
und es war uns möglich, beinahe bis 100 Meter weit ins Gebirge
vorzustoßen.
Wenn wir nun die Betrachtungen über unsere heimischen Bergwerke zum
Abschluss bringen wollen, so müssen doch noch kurz die Zinkerzgruben
Emilie, Johanna, Hulda, Theodore und Theodore I erwähnt
werden, die alle in der oberen Blemke liegen, dort, wo der Weg nach
der Hespevon dem nach Allendorf abzweigt, also oberhalb des Kahlberges.
Hier hat man jahrzehntelang nach Zinkerz gegraben und viele ältere
Leute kennen noch heute die "Galmeigruben" in der Blemke. Diese eben
genannten Felder schlossen sich mit noch 26 anderen Blei- und
Zinkerzgruben zu der Plettenberger Zinkgewerkschaft zusammen
und noch um die Jahrhundertwende fuhren die Pferdekarren das Erz
nach Plettenberg zum Bahnhof. Heute ist es die Firma Grillo in
Duisburg, die die Rechte der Plettenberger Zinkgewerkschaft vertritt
und die der Eiringhauser Wassergesellschaft vor rund 15 Jahren die
sogenannten "Wassergerechtsame" verkauften, d. h. seit der Zeit
beziehen die Eiringhauser Bürger ihr Wasser aus der Grube Emilie.
So haben wir nun fast alle Grubenfelder in unserer Heimat gestreift,
wir haben erfahren, mit welchem Eifer und mit welchen Mühen unsere
Vorfahren nach den Reichtümern in den Tiefen der Berge gesucht haben.
Nicht verzeichnet in den Akten ist leider das Schicksal so vieler
fleißiger Bergleute, nichts steht geschrieben über Abenteurer und
Gauner, die sicher durch die Mineralfunde angezogen wurden, denken
wir doch nur an die vielen Redereien, die selbst in den letzten 20
Jahren noch umgingen, dass man am Berenberge hätte Gold finden
können. Sicher zwar ist die Angabe, dass von den 15.382 Hektar
Bodenfläche unseres Untersuchungsbezirkes mehr als 8.500 Hektar
bergmännisch vergeben wurde, also mit anderen Worten mehr als die
Hälfte unseres heimatlichen Bodens zu Schürfarbeiten freigegeben
war. Haben wir Achtung vor dem Fleiß unserer Vorfahren und
vergessen wir unseren früheren Bergbau nicht!
Fritz Bertram jun. |