Quelle: Süderländer Tageblatt vom 25.11.1958

Eine SGV-Wanderung in die Vergangenheit

An den Mundlöchern alter heimischer Erzgruben
Nicht weniger als 162 Erzbergbaustollen durchziehen die heimischen Berge - Alte Zink-, Kupfer-, Blei- und Eisenerzgruben im Plettenberger Raum - Eine hochinteressante Exkursion der SGV-Abteilung Plettenberg

Plettenberg. Eine Wanderung in die Vergangenheit unternahm am Samstag nachmittag die SGV-Abteilung Plettenberg. Der Weg in die Vergangenheit führte jedoch diesmal zu keinen alten Bauwerken im Innern der Stadt, sondern hinauf auf den Hestenberg und zwar auf den Spuren der Bergleute, die vor Jahrhunderten rund um Plettenberg die Erzgruben ausbeuteten. Dipl.-Chemiker Fritz Bertram, der die an dr Heimatgeschichte Plettenbergs Interessierten rund um den Hestenberg und an die "Mundlöcher" bzw. Stolleneingänge alter Erzgruben führte, wusste viel Interessantes über die Vorgeschichte Plettenbergs als Erzgrubenstadt zu sagen.

Als der Erzbau um Plettenberg im 17. und 18. Jahrhundert Bedeutung hatte, gab es hier Zinkgruben, Bleigruben, Eisenerzgruben und Kupfergruben. Die Zinkgruben lagen vorwiegend nördlich der Lenne im Raume Teindeln, Werdohl, Affeln, Allendorf und Rönkhausen, die Bleigruben an der Hohen Molmert, am Hestenberg und am Saley, die Kupfergruben im Raume Bärenberg und Oestersperre und die Eisengruben im Meinerzhagen-Valberter Raum. Daneben gab es auch eine Silbermine und zwar am Bärenberg, die übrigens bereits im Jahre 1046 geschichtlich erwähnt wird. Die älteste dieser Gruben dürfte am Bärenberg, die zweitälteste am Grävinglöh bei Holthausen gelegen haben und in der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg entstanden sein.

Die Gruben jener Zeit führten nach altem Bergmannsbrauch klangvolle Namen. So sind aus dem Plettenberger Raum noch Grubenbezeichnungen wie "Diogenes", "Aurora", "Alla", "Garibaldi", "Patriot" und "Emmanuel" bekannt.

Der Schacht "Emmanuel" war übrigens eine der größten Gruben am Hestenberg. Von seinem Eingang aus, der heute noch unweit des sogenannten Vollsterns zu entdecken ist, zog sich in 30 Meter Tiefe ein rund 300 Meter langer Stollen unter dem Berg hinweg in ost-westlicher Richtung. Er bekam dort Verbindung mit dem vom Bommecketal aus vorgetriebenen Schacht "Alter Mann", so dass sich also der Stollen praktisch unter dem ganzen Hestenberg hinwegzog und dort vielleicht auch heute noch unter der Erde vorhanden ist.

Im Rahmen dieser Hestenbergwanderung zu den alten Stollen der Heimat statteten die SGVer einem Dutzend "Mundlöchern" einen Besuch ab. Sie sahen unterhalb des Vollsterns in den sogenannten "Haspeleingang" des Schachtes "Emmanuel", einen senkrechten Einstieg, den der Kundige jetzt im Herbst, wo die Bäume und Büsche ihre Blätter verloren haben, leicht finden kann. Auch der Eingang der Grube mit dem Namen "Neu-Dortmund" oberhalb des Springbrunnens an der sogenannten "Klinkmecke" wurde besucht.
Neben diesen Gruben gibt es allein am Hestenberg noch eine Reihe weiterer mit Namen wie "Brandenburg", "Altar", "Neu-Glück" und "Henriette I und II", deren Stollen übrigens alle in Ost-West-Richtung angelegt sind, damit augenscheinlich der geologischen Beschaffenheit der Bodenfaltungen folgend.

An die vierstündige Wanderung der Plettenberger SGVer schloss sich in den Abendstunden des Samstags noch eine Aussprache im Leseraum der Plettenberger Stadtbücherei am Maiplatz an, wobei Fritz Bertram seine interessanten Ausführungen noch an Hand einer Karte erläuterte. Es wurde dabei angeregt, im März/April des nächsten Jahres eine zweite Exkursion gleicher Art zu weiteren Stolleneingängen im Plettenberger Raum zu unternehmen.


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