Quelle: Plettenberger Nachrichten vom 08.06.1935, gez.: Verlag und Schriftleitung

Viel Lärm um Nichts!
Es kann der Frömmste nicht in Frieden Leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt - Der Streit um "Die Kupfer-Grabungen im Grünetal"

Vor rund 14 Tagen brachte das "Süderländer Tageblatt" eine Notiz über "Kupfer-Grabungen im Grünetal". Da der Ursprung dieser Meldung uns unbekannt war, sahen wir von einer Veröffentlichung ab, mussten aber dann zu unserem Erstaunen in den folgenden Tagen feststellen, dass diese Lokalnotiz zu einem mächtigen Streitobjekt zwischen dem Herrn Bürgermeister Dr. Eckler und dem "Süderländer Tageblatt" emporschoss.

Da wir weder von der einen noch von der anderen Seite irgendwelche Informationen erhielten, betrachteten wir den Streit als private Angelegenheit der infrage kommenden Herren.
Einige Tage später, am Sonntag, dem 26. Mai, abends, übergab der Herr Bürgermeister Dr. Eckler auf einer Festlichkeit unserem Verlagsleiter ein Schreiben, das den oben aufgeführten Streitfall behandelte, zwecks Veröffentlichung in den "Plettenberger Nachrichten". Aber bereits schon den folgenden Montagmorgen brachte eine größere auswärtige Zeitung dieses auch an sie gegebene Schreiben und leitete dasselbe mit wüsten Angriffen auf die Lokal-Zeitungen im allgemeinen ein. Das Blatt schrieb wörtlich:

Es beginnt zu dämmern . . .!
Unsere sich immer wieder aufplusternde "Heimatpresse" wird allmählich von der breitesten Öffentlichkeit durchschaut. Allmählich begreift man, dass der Begriff "Heimat" zu einem Schutzwall für die rein materiellen Ziele einiger Außenseiter herabgewürdigt wird, einige Außenseiter, die ein solches Blättchen, das die Würde und den Rang der neuen deutschen Presse allein schon durch seine Existenz herabzuwürdigen bemüht ist, brauchen oder nötig zu haben glauben für die Erhaltung ihres armseligen Lebens. Das sind die Menschen, die aus ihrem engen Horizont heraus alles Neue und Großartige im Innersten ablehnen und nach außen hin ihre Gefühle mit albernem Geschwätz und mit den Phrasen halbverdauter Ideen maskieren, die den großartigen Begriff "Heimat" mit den vier Wänden ihrer Geschäftsstuben verwechseln, die engherzige Kirchturmspolitik treiben, wenn sie vorgeben, dem Volke dienen zu wollen.

Nach diesen, der gesamten Lokalpresse versetzten Keulenschlägen war es uns unmöglich, den uns vom Herrn Bürgermeister hereingegebenen Bericht ebenfalls abzudrucken, denn das wäre eine Unterstreichung der Angriffe der oben zitierten auswärtigen Zeitung gewesen, wozu wir uns unter keinen Umständen bereit erklären konnten.

In einer dann am Nachmittag desselben Tages zwischen unserem Verlagsleiter und dem Herrn Bürgermeister Dr. Eckler stattgefundenen Unterredung wurden diese Angriffe der auswärtigen Zeitung als Haupthinderungsgrund der Veröffentlichung der infrage stehenden Notiz bezeichnet und erst als zweiter Grund auf die vertraglichen Abmachungen zwischen den hiesigen Lokalzeitungen hingewiesen, die den einen Zweck haben, ein kollegiales Verhältnis wie in jedem Gewerbe auch zwischen den hiesigen Zeitungen zu schaffen und die nichts anderes besagen als was das Schriftleitergesetz in seinem § 14, Abs. 4 unter Strafandrohung vorschreibt und der wörtlich lautet:

"Schriftleiter sind in Sonderheit verpflichtet, aus den Zeitungen alles fern zu halten, was die Ehre oder das Wohl eines anderen widerrechtlich verletzt, seinem Berufe schadet, ihn lächerlich oder verächtlich macht!"

Bei dieser Unterredung erklärte Herr Bürgermeister Dr. Eckler, dass er an den Angriffen der infrage kommenden auswärtigen Zeitung auf die Lokalpresse schuldlos sei, dass er ferner unseren Verlagsleiter vollauf verstehe und es ihm leid tue, denselben durch den hereingegebenen Bericht in eine heikle Zwangslage gebracht zu haben, dass er aber trotz allem auf die wörtliche Widergabe seines Berichts in den "Plettenberger Nachrichten" bestehen müsse.

Ein Vorschlag unseres Verlagsleiters, den Bericht in abgeänderter, aber keineswegs entstellender Form zu bringen, wurde, ebenso wie auch der Vorschlag, zwecks Beilegung dieses unerquicklichen Streites vermittelnd einzugreifen, vom Herrn Bürgermeister rundweg abgelehnt. Darauf blieb den "Plettenberger Nachrichten" nach reiflicher Überlegung nichts anderes übrig - wenn sie sich nicht selbst ins Gesicht schlagen wollte - auch die Forderung des Herrn Bürgermeister abzulehnen; denn eine Tageszeitung ist kein der Behörde untergeordnetes, sondern ein der Behörde gleich gestelltes Organ. - Daraufhin drohte der Herr Bürgermeister mit der Entziehung der amtlichen Publikation.

Soweit die Erwiderung auf den heutigen Bericht in der "W. L. Ztg." (Anm.: Westfälische Landeszeitung Rote Erde, Parteizeitung der NSDAP), der, was besonders komisch anmutet, erst nach Tagen am heutigen Samstagmorgen erschienen ist, nachdem bereits scheinbar Gras über die ganze Angelegenheit zu wachsen begann. Wahrscheinlich hat man sich dabei der stillen Hoffnung hingegeben, dass durch diesen "Pferdefuß" den "Plettenberger Nachrichten" wenigstens über die Feiertage der Atem ausging.

Die Entziehung der amtlichen Bekanntmachungen ist aber für die "Plettenberger Nachrichten" nichts Neues mehr, denn bereits vor über Jahresfrist wurden ihr vom Herrn Bürgermeister Dr. Eckler schon einmal die amtlichen Bekanntmachungen entzogen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie es ablehnte, sich eine Preisdrückerei gefallen zu lassen! Unsere Verlagsleitung wandte sich damals an ihre Berufsorganisation um Unterstützung gegen das Ansinnen des Herrn Bürgermeisters, die daraufhin dem "S. T." zur Pflicht machte, den "P. N." auf keinen Fall in den Rücken zu fallen.

Wegen der Abwehr dieses, die Existenz der "Pl. Nachrichten" bedrohenden Angriffes hielt es der Bürgermeister für richtig, den "Plettenberger Nachrichten" die amtliche Befugnis zu entziehen, obwohl ihm klargelegt wurde, dass dadurch eine Reihe von Volksgenossen um Arbeit und Brot gebracht würden! - Und in dieser Zeit, in der besonders der wohlberechtigte Kampf gegen die Schwarzarbeit tobte, wurden auf dem hiesigen Rathause, genau wie zum großen Teil noch heute, Drucksachen mit einem sogenannten Abziehapparat hergestellt und zwar aus "Sparsamkeitsgründen", obwohl die Regierung Millionen für Arbeitsbeschaffung auswarf und von den örtlichen Buchdruckern mehr als 50 Prozent als Arbeitslose oder Kurzarbeiter ein kärgliches Dasein fristeten!

Wir haben uns bisher bewusst dem Streit zwischen Verwaltung und Presse fern gehalten, da wir ihn für beide Teile als unerquicklich ansahen. Wir streben einzig und allein dem Ziele unserer Regierung zu, als Lokalzeitung aufbauende Arbeit zu leisten und nicht durch alles niederreißenden Kampf, der in den früheren Jahren oft das Mißfallen der gesamten Bevölkerung erregte, die Erreichung dieses Zieles zu sabotieren. Verwaltung und Lokalpresse sollten Hand in Hand arbeiten! Wir wissen nicht, was die tieferen Hintergründe in dem Streit zwischen dem Herrn Bürgermeister und dem "S. T." sind. Wir wissen aber, dass uns wiederholt von der hiesigen Verwaltung Notizen vorenthalten und erst zur Veröffentlichung übergeben wurden, nachdem sie bereits seit Tagen die Spatzen von den Dächern pfiffen. Wie gesagt, wir wissen nicht, wie es sicht im obigen Streitfall verhält. Wir wollen auch nichts mit diesem Streitfall zu tun haben, weder dem einen zuliebe, noch dem anderen zuleide. - Nur wenn man denkt, sich an uns sein Mütchen kühlen zu können, versichern wir, dass wir uns dann das Sprichwort zu eigen machen: "Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil!"

Verlag und Schriftleitung der Plettenberger Nachrichten