Quelle: Plettenberger Nachrichten vom 08.06.1935, gez.: Verlag und Schriftleitung
Viel Lärm um Nichts!
Vor rund 14 Tagen brachte das "Süderländer Tageblatt" eine Notiz über
"Kupfer-Grabungen im Grünetal". Da der Ursprung dieser Meldung uns unbekannt
war, sahen wir von einer Veröffentlichung ab, mussten aber dann zu unserem
Erstaunen in den folgenden Tagen feststellen, dass diese Lokalnotiz zu
einem mächtigen Streitobjekt zwischen dem Herrn Bürgermeister Dr. Eckler
und dem "Süderländer Tageblatt" emporschoss.
Da wir weder von der einen noch von der anderen Seite irgendwelche Informationen
erhielten, betrachteten wir den Streit als private Angelegenheit der infrage
kommenden Herren.
Es beginnt zu dämmern . . .!
Nach diesen, der gesamten Lokalpresse versetzten Keulenschlägen war es uns unmöglich,
den uns vom Herrn Bürgermeister hereingegebenen Bericht ebenfalls abzudrucken, denn
das wäre eine Unterstreichung der Angriffe der oben zitierten auswärtigen Zeitung
gewesen, wozu wir uns unter keinen Umständen bereit erklären konnten.
In einer dann am Nachmittag desselben Tages zwischen unserem Verlagsleiter und dem
Herrn Bürgermeister Dr. Eckler stattgefundenen Unterredung wurden diese Angriffe
der auswärtigen Zeitung als Haupthinderungsgrund der Veröffentlichung der infrage
stehenden Notiz bezeichnet und erst als zweiter Grund auf die vertraglichen
Abmachungen zwischen den hiesigen Lokalzeitungen hingewiesen, die den einen Zweck
haben, ein kollegiales Verhältnis wie in jedem Gewerbe auch zwischen den hiesigen
Zeitungen zu schaffen und die nichts anderes besagen als was das Schriftleitergesetz
in seinem § 14, Abs. 4 unter Strafandrohung vorschreibt und der wörtlich lautet:
"Schriftleiter sind in Sonderheit verpflichtet, aus den Zeitungen alles fern zu
halten, was die Ehre oder das Wohl eines anderen widerrechtlich verletzt, seinem
Berufe schadet, ihn lächerlich oder verächtlich macht!"
Bei dieser Unterredung erklärte Herr Bürgermeister Dr. Eckler, dass er an den
Angriffen der infrage kommenden auswärtigen Zeitung auf die Lokalpresse schuldlos
sei, dass er ferner unseren Verlagsleiter vollauf verstehe und es ihm leid tue,
denselben durch den hereingegebenen Bericht in eine heikle Zwangslage gebracht
zu haben, dass er aber trotz allem auf die wörtliche Widergabe seines Berichts
in den "Plettenberger Nachrichten" bestehen müsse.
Ein Vorschlag unseres Verlagsleiters, den Bericht in abgeänderter, aber keineswegs
entstellender Form zu bringen, wurde, ebenso wie auch der Vorschlag, zwecks Beilegung
dieses unerquicklichen Streites vermittelnd einzugreifen, vom Herrn Bürgermeister
rundweg abgelehnt. Darauf blieb den "Plettenberger Nachrichten" nach reiflicher
Überlegung nichts anderes übrig - wenn sie sich nicht selbst ins Gesicht schlagen
wollte - auch die Forderung des Herrn Bürgermeister abzulehnen; denn eine Tageszeitung
ist kein der Behörde untergeordnetes, sondern ein der Behörde gleich gestelltes
Organ. - Daraufhin drohte der Herr Bürgermeister mit der Entziehung der amtlichen
Publikation.
Soweit die Erwiderung auf den heutigen Bericht in der "W. L. Ztg." (Anm.: Westfälische
Landeszeitung Rote Erde, Parteizeitung der NSDAP), der, was besonders komisch anmutet,
erst nach Tagen am heutigen Samstagmorgen erschienen ist, nachdem bereits scheinbar
Gras über die ganze Angelegenheit zu wachsen begann. Wahrscheinlich hat man sich dabei
der stillen Hoffnung hingegeben, dass durch diesen "Pferdefuß" den "Plettenberger
Nachrichten" wenigstens über die Feiertage der Atem ausging.
Die Entziehung der amtlichen Bekanntmachungen ist aber für die "Plettenberger Nachrichten"
nichts Neues mehr, denn bereits vor über Jahresfrist wurden ihr vom Herrn Bürgermeister
Dr. Eckler schon einmal die amtlichen Bekanntmachungen entzogen, und zwar aus dem
einfachen Grunde, weil sie es ablehnte, sich eine Preisdrückerei gefallen zu lassen!
Unsere Verlagsleitung wandte sich damals an ihre Berufsorganisation um Unterstützung
gegen das Ansinnen des Herrn Bürgermeisters, die daraufhin dem "S. T." zur Pflicht
machte, den "P. N." auf keinen Fall in den Rücken zu fallen.
Wegen der Abwehr dieses, die Existenz der "Pl. Nachrichten" bedrohenden Angriffes hielt
es der Bürgermeister für richtig, den "Plettenberger Nachrichten" die amtliche Befugnis
zu entziehen, obwohl ihm klargelegt wurde, dass dadurch eine Reihe von Volksgenossen
um Arbeit und Brot gebracht würden! - Und in dieser Zeit, in der besonders der
wohlberechtigte Kampf gegen die Schwarzarbeit tobte, wurden auf dem hiesigen Rathause,
genau wie zum großen Teil noch heute, Drucksachen mit einem sogenannten Abziehapparat
hergestellt und zwar aus "Sparsamkeitsgründen", obwohl die Regierung Millionen für
Arbeitsbeschaffung auswarf und von den örtlichen Buchdruckern mehr als 50 Prozent als
Arbeitslose oder Kurzarbeiter ein kärgliches Dasein fristeten!
Wir haben uns bisher bewusst dem Streit zwischen Verwaltung und Presse fern gehalten,
da wir ihn für beide Teile als unerquicklich ansahen. Wir streben einzig und allein
dem Ziele unserer Regierung zu, als Lokalzeitung aufbauende Arbeit zu leisten und
nicht durch alles niederreißenden Kampf, der in den früheren Jahren oft das Mißfallen
der gesamten Bevölkerung erregte, die Erreichung dieses Zieles zu sabotieren.
Verwaltung und Lokalpresse sollten Hand in Hand arbeiten! Wir wissen nicht, was die
tieferen Hintergründe in dem Streit zwischen dem Herrn Bürgermeister und dem "S. T."
sind. Wir wissen aber, dass uns wiederholt von der hiesigen Verwaltung Notizen
vorenthalten und erst zur Veröffentlichung übergeben wurden, nachdem sie bereits
seit Tagen die Spatzen von den Dächern pfiffen. Wie gesagt, wir wissen nicht, wie es
sicht im obigen Streitfall verhält. Wir wollen auch nichts mit diesem Streitfall zu
tun haben, weder dem einen zuliebe, noch dem anderen zuleide. - Nur wenn man denkt,
sich an uns sein Mütchen kühlen zu können, versichern wir, dass wir uns dann das
Sprichwort zu eigen machen: "Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil!" Verlag und Schriftleitung der Plettenberger Nachrichten
|