Quelle: WR Ausgabe Lennetal vom 31.08.1953
Die Rudolfshalle im Hestenberg
Plettenberg. Die Rudolfshalle im Hestenberg war in früheren
Zeiten ein vielbesuchtes, nahegelegenes Ausflugsziel. Nur wenige
ältere Leute entsinnen sich heute noch dieses traulichen, verborgenen
Platzes, der jetzt von hohen schattigen Bäumen umwachsen ist. Die
meisten Spaziergänger gehen dort achtlos vorbei; sie halten zumeist
das etwa mannshohe Gewölbe für eine Art zerrütteten Unterstand aus
dem letzten Krieg und für die spielenden Kinder mag dieser in die
Erde eingelassene Keller als eine ehemalige Räuberhöhle gelten, so
dunkel und drohend sieht ihnen das gähnend schwarze Loch aus.
Tatsächlich aber wurde hier früher nicht geraubt, sondern man hielt
fröhliche Einkehr bei Mutter Grün. Es mögen wohl rund 100 Jahre her
sein, als der heimische Verschönerungsverein, der Vorläufer des heutigen
SGV, an dieser Stelle die ersten Wege baute, wo später ganz in der
Nähe der Springbrunnen angelegt wurde. Damals befand sich hier junges
Holz, und man genoß eine herrliche Aussicht auf die Stadt und auf
die gegenüberliegenden Berge.
Auf den Gedanken, dort eine Art Sonntagslokal einzurichten, kam ein
Plettenberger Gastwirt. Er baute den kleinen Bierkeller (Bild), der
sich bis heute erhalten hat und darüber, wo heute Gras und Strauchwerk
wachsen, ein kleines Häuschen mit farbenfrohem Anstrich. Zwei Terrassen
wurden darunter angelegt, auf denen sich Tische und Bänke befanden.
All diese Herrlichkeiten sind heute natürlich verschwunden, vor
annähernd 100 Jahren aber konnte man sich kaum etwas schöneres denken,
als diese Waldschänke.
Gemütlich tranken die Bürgersleut' von Plettenberg hier ihr Bier,
behaglich schlürften die Damen ihren Kaffee und ließen sich die in
einem kleinen Kochhäuschen zubereiteten Mahlzeiten reichen. Ringsum
die Rudolfshalle bot Platz genug für die Kinder, die ausreichend
Beschäftigung fanden.
Von hier aus trat man nach einer Weile des Ruhens den Weg nach
Eiringhausen an, der dorther führte, wo in späterer Zeit die
Herscheider Bahn angelegt wurde, oder man wanderte zur Bommecke,
sammelte unterwegs fleißig Himbeeren, schöpfte von dem frischen in
der Nähe fließenden Quellwasser, preßte Beeren darin aus und erhielt
eine Limonade, die von den Jungen und Mädchen mit Vorliebe getrunken
wurde.
Aber kehren wir zurück zur Rudolfshalle. Sie war noch lange Jahre
in Betrieb, bis später die höher werdenden Bäume die Sicht nahmen
und das Interesse nachließ, dorthin zu wandern. Eine Zeitlang
wurden Waldgottesdienste hier abgehalten. Das Anwesen aber verfiel
mehr und mehr und erst vor mehreren Jahren wurde auch das
schmiedeeiserne Gitter, hinter dem sich in dem Kellergewölbe früher
die Bierfässer befanden, die mühsam den Berg hinaufgefahren wurden,
abmontiert.
Heute lenkt der Wanderer seine Schritte nur wenige Meter weiter
zum Springbrunnen; die alte Schänke scheint vergessen, aber sie lebt
noch in der Erinnerung vieler alter Plettenberger, die voll Wehmut
an die schöne Zeit zurückdenken.
|