I. Allgemeines
Am 30.09.1932 trat der Polizei-Hauptwachtmeister Wilhelm Becker nach
einer Gesamtdienstzeit von 28 Jahren, wovon er über 25 Jahre im Dienste
der Stadt Plettenberg gewirkt hatte, durch Erreichung der Altersgrenze
in den Ruhestand.
Da von dem Herrn Reg.Präs. 2 neue POlizeibeamtenstellen bewilligt waren,
wurden am 1. Oktober drei neue Polizeibeamten eingestellt. Es waren dies
die Versorgungsanwärter Albert Düsselbach aus Elbing und Johann Keller
aus Hamm sowie der Pol.-Hauptwachtmeister Gottlieb Bastek aus Duisburg-Hamborn.
Die drei genannten Beamten wurden zunächst auf eine Probedienstzeit von
6 Monaten eingestellt. Durch die Neueinstellung der Beamten erfuhr die
Polizei die schon lange notwendige Verstärkung. Der Nachtdienst wurde von
der Zeit ab von 2 Beamten versehen. Auch war die Polizeiwache dauernd mit
einem Polizeibeamten besetzt, so dass für polizeilichen Schutz weitgehend
gesorgt war.
Mit Anfang März 1933 bis zur Auflösung im August selbigen Jahres wurde
zeitweise die neugeschaffene Hilfspolizei zum Dienst herangezogen. Durchweg
kann den Hilfspolizeibeamten nur das grösste Lob gezollt werden. Sie waren
diensteifrig und gingen völlig im Dienst der Sache auf. Für die Polizei waren
sie eine willkommene und notwendige Hilfe, die in den lebhaften Zeiten nicht
entbehrt werden kann.
Die Ausrüstung der Polizeibeamten ist so, dass diese den staatlichen Bestimmungen
voll und ganz entspricht.
Dieses trat schon zunächst in Erscheinung, als, wie eingangs erwähnt, der
Polizeimeister Lange versetzt wurde. Schon im Laufe des Jahres 1935 fielen
ebenfalls die beiden anderen Stellen weg und zwar wurde am 01.06.1935 der
Polizeihauptwachtmeister Dorsch nach Kierspe und am 01.10.1935 der Polizeihauptwachtmeister
Bastek nach Iserlohn versetzt. Nach dieser Zeit, und zwar bis zum Schluss
der Berichtszeit, wurde der Polizeidienst nur von 4 Beamten durchgeführt, so
dass eine dauernde Besetzung der Polizeiwache sowie eine doppelte Besetzung
des Nachtdienstes wegfiel.
Die Schulung der Polizeibeamten erfolgte auf Grund einer Verfügung des Herrn
Landrat gemeinsam mit den Gendarmeriebeamten des Kreises. AUßerdem fanden
monatlich Ortsdienstversammlungen unter der Aufsicht des Bürgermeisters statt.
II. Gewerbepolizei
In der Berichtszeit wurden 182 Arbeitsbücher ausgestellt und zwar
Die Zahl der Unfälle betrug 692. Diese verteilten sich auf die einzelnen
Jahre wie folgt:
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 19.04.2011
Zweifacher Totschlag für etwas Fleisch
PLETTENBERG. Die Zahl der Übergriffe auf Polizisten in Deutschland ist in den
letzten Jahren drastisch angestiegen. Das zeigen zumindest verschiedene
statistische Erhebungen. Doch ist die Gewalt gegenüber Staatsbediensteten
wirklich gewachsen und der Respekt vor ihnen geschwunden? Vor rund 90 Jahren
ereignete sich in Plettenberg ein Mord an zwei Polizisten, dessen
Kaltblütigkeit viele der gegenwärtigen Übergriffe in den Schatten stellt.
Irgendwo in Plettenberg, auf einer unbewachten Weide - nachts. Vom 22. auf den 23. Juni 1920 betreten die beiden vorbestraften Vettern Karl Leonhardt aus Hilfringhausen und Willi Teipel aus Eiringhausen die Wiese. Ihre Absicht: eine Kuh stehlen, sie schlachten und das Fleisch verkaufen. Damit stehen die beiden zu jener Zeit nicht alleine. So genannte "Geheimschlachtungen" sind in einer Zeit des Mangels, vor allem des Mangels an kostengünstigen Nahrungsmitteln, keine Seltenheit. Ihr Plan geht zunächst auf. Sie töten die Kuh, schlachten sie und verstecken das Fleisch zunächst, wie sie später vor Gericht aussagen, "in den Tannen". Am Abend des 23. Juni holen die Viehdiebe ihr Fleisch aus dem Versteck und bringen es in das Haus von Karl Leonhardt. Dort wird es verkaufsfertig verpackt.
Auseinandersetzung am Bahnhof Ohle
Doch dieser Warnung bedurfte es nicht. Denn das Verhältnis zwischen dem Polizeiwachtmeister und dem 23-jährigen Arbeiter ist bereits mehr als gespannt. Mehrere Zeugen bestätigen später vor Gericht, dass Langhammer bei jedem Vorfall als erstes Willi Teipel in Verdacht hatte. Und dieser ist darüber natürlich alles andere als angetan.
Morddrohungen ausgesprochen
Eine ähnliche Drohung spricht Teipel auch gegenüber Wachtmeister Thiele aus, ehe die Vettern das Bahnhofsgelände fluchtartig verlassen und sich so einer Festnahme entziehen wollen. Sie begeben sich in die Wohnung Karl Leonhardts und setzen sich dort an den Küchentisch. In der Wohnung befinden sich außerdem die Mutter und die Frau Karl Leonhardts. Was angeblich niemand von ihnen weiß: Willi Teipel hat in seiner rechten Hosentasche einen Revolver. Im März 1920 hat er die "Browning" einem Gardisten abgekauft. Durch das Fenster der Wohnung kann er nun sehen, wie die beiden Polizisten sich der Tür nähern. Willi Teipel bleibt ruhig sitzen.
Versuchte Festnahme im Haus Leonhardt
Andere Zeugen beschreiben jedoch ein anderes Szenario. Demnach sei Thiele als erster voraus in die Wohnung gegangen und habe den beiden mitgeteilt, sie seien festgenommen. Karl Leonhardt folgt seiner Verhaftung widerstandslos. Erst danach betritt Wilhelm Langhammer das Haus und befiehlt in einem aggressiven Ton, Teipel solle die Hände hoch nehmen. Nachdem dieser der Aufforderung mehrmals nicht nachkommt, gibt Langhammer zunächst einige Schreckschüsse in den Boden ab. Als auch diese nichts bewirken, sieht sich Langhammer gezwungen, Willi Teipel ins Bein zu schießen. Die Frau Karl Leonhardts gibt später zu Protokoll, dass Langhammer einen sehr aufgeregten Eindruck gemacht habe, als er in die Wohnung kam. Erschreckender sei jedoch das Gefühl gewesen, das der verletzte Willi Teipel in der jungen Frau erzeugt. Er habe "einen unheimlichen Eindruck" auf sie gemacht.
Willi Teipel - "das ständige Sorgenkind"
Auch der örtliche Kaplan Tilli sieht in Willi Teipel ein "ständiges Sorgenkind".
Gendarmeriewachtmeister Gutz hält nicht viel von Teipel. Er habe selber des öfteren
die Drohungen Teipels gegen Langhammer gehört. Ob diese von den vielen falschen
Verdächtigungen herrühren, kann er nicht sagen. Allerdings kennt er Teipel "als
Taugenichts von Jugend an".
Die Situation eskaliert: Schüsse fallen
Nachdem er die Wohnung wieder betritt, liegt Teipel immer noch am Boden. Den späteren
Zeugenaussagen zur Folge baut sich der Polizist vor ihm auf und sagt: "Du Aas, das tut
gut, jetzt wollen wir mal abrechnen!" Vor Gericht sagt Teipel später aus, er habe
sich dadurch bedroht gefühlt.
Auch Frau Gustav Schrader wird Zeugin des Geschehens. Sie sieht, wie sich Thiele
mit dem Hund seines Kollegen dem Haus nähert. "Im gleichen Augenblick dreht er
sich um, lief fort." Zur gleichen Zeit seien drei Schüsse des Angeklagten auf
Thiele gefallen, sagt sie später vor Gericht.
Karl Leonhardt, Komplize und Vetter Thieles, belastet diesen vor Gericht ebenfalls
schwer. Er habe zwar schon mehrere Viehdiebstähle mit seinem Vetter begangen,
allerdings habe er nicht gewusst, dass Teipel einen Revolver bei sich trägt.
Einen Angriff des Wachtmeisters Thiele auf seinen Vetter habe er nicht gesehen.
Eine kurze Flucht beginnt
Erst später am Tag kann Wachtmeister Hirschfeld den Gesuchten in der elterlichen
Wohnung in Eiringhausen stellen und festnehmen. Er wird zunächst im Plettenberger
Amtsgerichtsgefängnis verwahrt.
Geständnis vor dem Landgericht
Nach Anhörung der Zeugen plädiert der Staatsanwalt auf Mord. Willi Teipel habe
eine "bewusste Tötungsabsicht gehabt." Dessen Verteidiger plädiert hingegen auf
Totschlag. Er sieht in dem Angeklagten "keinen normalen Menschen" und beruft
sich somit auf mildernde Umstände.
Ein "fast endloser Trauerzug" bildete sich Ende Juni 1920 zur Beerdigung der
beiden Plettenberger Polizisten. Die "langjährigen und im Dienst stets eifrigen
und vertrauenswürdigen Polizeiwachtmeister" wurden Opfer eines kaltblütigen
Verbrechens. C. Christogeros
|