Quelle: Süderländer Tageblatt vom 27.01.2011

Luftschutzbunker wird mit
500 Tonnen Füllmaterial gesichert

Stadt rechnet mit 30 000 Euro Kosten. Verschütteter Eingang jetzt freigelegt


Schachtmeister Achim Berkhahn inspizierte gestern den jahrelang verschütteten Haupteingang des 1944 erbauten Luftschutzbunkers am Brachtweg. In den nächsten Wochen soll das Stollensystem in bestimmten Bereichen "kraftschlüssig verfüllt" werden, weil eine 400er Gussleitung über dem Bunkersystem verlaufen wird. Foto: G. Dickopf

PLETTENBERG Die Schaufel des mächtigen Kettenbaggers benötigt gestern nur ein paar Minuten, um den verschütteteten Haupteingang des alten Luftschutzbunkers am Brachtweg freizulegen, der vor 66 Jahren ein wichtiger Zufluchtsort war. Etwas oberhalb der neuen Gabionen-Stützmauer frisst sich der Bagger durch das harte Gestein. Das schwarze Loch, das tief in das Innere des Berges führt, wird dabei immer größer. Es befindet sich direkt neben einem Kanalanschluss, der demnächst umgelegt werden soll. Und weil der neue Hauptkanal oberhalb des Stollens verlaufen wird, besteht nach Einschätzung eines von der Stadt zu Rate gezogenen Geologen Einsturzgefahr. "Aus Sicherheitsgründen und um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, werden wir deshalb große Teile des Bunkers verfüllen lassen", erklärt Bauleiter Franco Murgia.
Eingehende Untersuchungen und Vermessungen des Stollensystems sind dem vorausgegangen, nachdem im Mai 2005 der obere Eingang des Stollens freigelegt wurde.

Die Luftschutzbunker hatten früher zumeist zwei Zugänge, damit die Menschen wieder herauskamen, falls ein Zugang bei einem Bombenangriff verschüttet wurde. Weitere Luftschutzstollen gab es auch am Alten Rathaus, am Hotel Schwarzenberg, an der Grünestraße, Am Kropp, Am Schlachthof ("Neu Glück") und bei der Fa. Schade (heute Dura).

Gestern nun wurde ganz gezielt der Haupteingang des Stollens freigelegt, da dieser im Zuge des Kanalbaus am Brachtweg verfüllt werden soll. Dabei werden die ersten zwei Drittel des Bunkersystems, die unter städtischen Grundstücken und der zukünftigen Kanaltrasse liegen, abgemauert und dann verfüllt. Zuvor muss laut Murgia aber eine Drainage angelegt werden, um das Schichtwasser ableiten zu können. Abschließend wird der noch vorhandene Hohlraum mit einem speziellen Material (eine Art Magerbeton) aufgefüllt. "Insgesamt werden wohl über 500 Tonnen Füllmaterial in den Stollen gepumpt", sagt Murgia, der für die Sicherung des 1944 erbauten Stollensystems mit Kosten in Höhe von 30 000 Euro rechnet. ged


Quelle: Süderländer Tageblatt vom 27.01.2011

"Der Stollen platzte aus allen Nähten
und wurde deshalb erweitert"

Der 78-jährige Zeitzeuge Wilhelm Guth erinnert sich an Fliegerangriffe im 2. Weltkrieg und lange Nächte im nassem Luftschutzbunker am Brachtweg


"Wo heute nur noch einige Müllreste auf die Nutzung des Luftschutzbunkers am Brachtweg verweisen, harrten früher bis zu 100 Plettenberger beim Fliegeralarm aus. Nun soll ein Großteil der unterirdischen Gänge aus Sicherheitsgründen verfüllt werden, da eine Kanalleitung darüber verlegt werden soll. ged/Foto: G. Günther

PLETTENBERG Der Luftschutzbunker am Brachtweg wurde 1944 kurz vor Kriegsende auf Initiative der Firma H.B. Seissenschmidt (heute Seissenschmidt AG) gebaut. Daran und auch an den gestern freigelegten Haupteingang des Stollens kann sich der heute 78-jährige Plettenberger Wilhelm Guth noch sehr gut erinnern. Die Werkshäuser der Firma H.B. Seissenschmidt befanden sich nach seinen Angaben an der Theodor-Körner- und der Hoffmann-von-Fallersleben-Straße.

"Mit dem Bau des Luftschutzbunkers am Brachtweg sollten die Mitarbeiter und ihre Familien vor den Luftangriffen der Alliierten geschützt werden", erinnert sich Guth, der in dem U-förmigen Stollen einige Nächte zusammen mit seiner Mutter und vielen anderen Plettenbergern ausharrte. Der Luftschutzbunker, der erst im Herbst 1944 fertiggestellt wurde, erwies sich laut Guth schnell als zu klein, wenn über 100 Bürger aus den umliegenden Häusern darin Schutz suchten. "Deshalb wurde daran anschließend noch ein weiterer U-förmiger Stollen angelegt", erinnert sich Guth an den heute noch begehbaren Stollen. "Die Seissenschmidt-Mitarbeiter haben den Stollen damals in den Berg getrieben."

Zuständiger Architekt war nach Unterlagen des früheren Stadtarchivars Martin Zimmer der Plettenberger Julius Blaschke, der die "Wasserschöpfung" beim Stollenbau als "mühsam und zeitraubend" bezeichnete. Das Holz zum Abstützen des Stollenganges soll Unternehmer und Waldbesitzer Wilhelm Schulte vom Soen zur Verfügung gestellt haben. Die Schwarten, aus denen die Sitzbänke und Pritschen gebaut wurden, stellte laut Guth das einstige Sägewerk Thamer an der Königstraße kostenlos bereit.

Der Plettenberger, der als 13-Jähriger den Stollen bei Fliegerangriffen häufig aufsuchte, erinnert sich noch heute daran, dass viel Wasser von der Decke getropft sei und in Rinnsalen über den Boden gelaufen sei. Die beiden Stolleneingänge seien mit dicken Betonklötzen und Luftschutztüren zusätzlich abgesichert worden, um die Druckwelle bei einem Bombeneinschlag in der Nähe zu mindern. ged



Im Mai 2005 wurde der ehemalige Luftschutzstollen am Brachtweg freigelegt. Foto: Klüppelberg