Quelle: Süderländer Tageblatt vom 27.01.2011
Luftschutzbunker wird mit
PLETTENBERG Die Schaufel des mächtigen Kettenbaggers benötigt gestern nur ein
paar Minuten, um den verschütteteten Haupteingang des alten Luftschutzbunkers am
Brachtweg freizulegen, der vor 66 Jahren ein wichtiger Zufluchtsort war.
Etwas oberhalb der neuen Gabionen-Stützmauer frisst sich der Bagger durch das harte
Gestein. Das schwarze Loch, das tief in das Innere des Berges führt, wird dabei immer
größer. Es befindet sich direkt neben einem Kanalanschluss, der demnächst umgelegt
werden soll. Und weil der neue Hauptkanal oberhalb des Stollens verlaufen wird, besteht
nach Einschätzung eines von der Stadt zu Rate gezogenen Geologen Einsturzgefahr.
"Aus Sicherheitsgründen und um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, werden wir
deshalb große Teile des Bunkers verfüllen lassen", erklärt Bauleiter Franco Murgia.
Die Luftschutzbunker hatten früher zumeist zwei Zugänge, damit die Menschen wieder herauskamen, falls ein Zugang bei einem Bombenangriff verschüttet wurde. Weitere Luftschutzstollen gab es auch am Alten Rathaus, am Hotel Schwarzenberg, an der Grünestraße, Am Kropp, Am Schlachthof ("Neu Glück") und bei der Fa. Schade (heute Dura).
Gestern nun wurde ganz gezielt der Haupteingang des Stollens freigelegt, da dieser
im Zuge des Kanalbaus am Brachtweg verfüllt werden soll. Dabei werden die ersten
zwei Drittel des Bunkersystems, die unter städtischen Grundstücken und der zukünftigen
Kanaltrasse liegen, abgemauert und dann verfüllt. Zuvor muss laut Murgia aber eine
Drainage angelegt werden, um das Schichtwasser ableiten zu können. Abschließend wird
der noch vorhandene Hohlraum mit einem speziellen Material (eine Art Magerbeton)
aufgefüllt. "Insgesamt werden wohl über 500 Tonnen Füllmaterial in den Stollen gepumpt",
sagt Murgia, der für die Sicherung des 1944 erbauten Stollensystems mit Kosten in Höhe
von 30 000 Euro rechnet. ged
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 27.01.2011
"Der Stollen platzte aus allen Nähten
PLETTENBERG
Der Luftschutzbunker am Brachtweg wurde 1944 kurz vor Kriegsende auf
Initiative der Firma H.B. Seissenschmidt (heute Seissenschmidt AG) gebaut. Daran
und auch an den gestern freigelegten Haupteingang des Stollens kann sich der
heute 78-jährige Plettenberger Wilhelm Guth noch sehr gut erinnern. Die
Werkshäuser der Firma H.B. Seissenschmidt befanden sich nach seinen Angaben
an der Theodor-Körner- und der Hoffmann-von-Fallersleben-Straße.
"Mit dem Bau des Luftschutzbunkers am Brachtweg sollten die Mitarbeiter und
ihre Familien vor den Luftangriffen der Alliierten geschützt werden", erinnert
sich Guth, der in dem U-förmigen Stollen einige Nächte zusammen mit seiner
Mutter und vielen anderen Plettenbergern ausharrte. Der Luftschutzbunker, der
erst im Herbst 1944 fertiggestellt wurde, erwies sich laut Guth schnell als zu
klein, wenn über 100 Bürger aus den umliegenden Häusern darin Schutz suchten.
"Deshalb wurde daran anschließend noch ein weiterer U-förmiger Stollen
angelegt", erinnert sich Guth an den heute noch begehbaren Stollen. "Die
Seissenschmidt-Mitarbeiter haben den Stollen damals in den Berg getrieben."
Zuständiger Architekt war nach Unterlagen des früheren Stadtarchivars Martin
Zimmer der Plettenberger Julius Blaschke, der die "Wasserschöpfung" beim
Stollenbau als "mühsam und zeitraubend" bezeichnete. Das Holz zum Abstützen des
Stollenganges soll Unternehmer und Waldbesitzer Wilhelm Schulte vom Soen zur
Verfügung gestellt haben. Die Schwarten, aus denen die Sitzbänke und Pritschen
gebaut wurden, stellte laut Guth das einstige Sägewerk Thamer an der Königstraße
kostenlos bereit.
Der Plettenberger, der als 13-Jähriger den Stollen bei Fliegerangriffen
häufig aufsuchte, erinnert sich noch heute daran, dass viel Wasser von der Decke
getropft sei und in Rinnsalen über den Boden gelaufen sei. Die beiden
Stolleneingänge seien mit dicken Betonklötzen und Luftschutztüren zusätzlich
abgesichert worden, um die Druckwelle bei einem Bombeneinschlag in der Nähe zu
mindern. ged
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