Quelle: Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt
Plettenberg für die Zeit vom 1. April 1914 bis 31. März 1915, S. 27-28 hier: Plettenberg während des Weltkrieges (Fortsetzung bis zum 1. März 1916) von Rektor Ernst Weimann
Eisenbahnstrecke Plettenberg - Herscheid eröffnet:
Am 5. Juli (1915) findet durch eine Kommission der Königl. Regierung und der Eisenbahndirektion
die landespolizeiliche Abnahme der Eisenbahnstrecke Plettenberg - Herscheid statt, deren Betrieb
zwei Tage später eröffnet wird. Auf Veranlassung der Eisenbahndirektion unterbleibt mit Rücksicht
auf die Kriegszeit jede laute und öffentliche Feier.
Für die Gemeinde Herscheid kann aber der bedeutungsvolle Tag, an dessen Erreichung die Eingesessenen
seit Menschengedenken gearbeitet, nicht ohne jede Bedeutung vorübergehen. Wird doch der Augenblick
der Inbetriebnahme der Bahn einen Wendepunkt in der Entwickelung des wirtschaftlichen Lebens des
schönen Elsetales bilden.
Am Vorabend findet auf dem Bahnhof Herscheid ein gemütliches Zusammensein statt, innerhalb dessen
Amtmann Steinhaus (Herscheid) auf die Bedeutung des Tages hinweist und mit einem Hoch auf den
Kaiser schließt. Bei der ersten Fahrt sind die Stationen festlich geschmückt, Böllerschüsse dröhnen
von den Bergen zur Begrüßung des Zuges, der sehr stark besetzt ist; in Herscheid (Bahnhof) wird
der Zug mit Musik empfangen und Pastor zur Nieden weist darauf hin, dass in eiserner und großer
Zeit das eiserne Denkmal der Eisenbahn erstanden ist. Der heute in der Frühe von Plettenberg nach
Herscheid ausfahrenden letzten Post, die festlich bekränzt ist, gibt ein zahlreiches Gefolge das
Geleit. Mit Grün geschmückt ist die Post am Abend vorher von hier zum letzten Male nach Herscheid
gefahren. Damit gehört wieder ein Stück von Alt-Plettenberg der Vergangenheit an.
Über die neue Sauerlandbahn Plettenberg - Herscheid entnehmen wir dem Altenaer Kreisblatt folgende
treffliche Beschreibung: "Zweifellos gehört die neue Gebirgsbahn zu den landschaftlich schönsten
des Sauerlandes und nicht minder zu den wirtschaftlich wichtigsten. Sie bringt der blühenden
Kleineisenindustrie und der Landwirtschaft den erwünschten Anschluss an die wichtige Verkehrsader
der Hauptbahn Hagen - Siegen.
Die neue Bahn hat 5,8 Millionen Mark gekostet
Die Bahn nimmt ihren Anfang vom Hauptbahnhof Plettenberg (Eiringhausen) der Strecke Hagen - Siegen.
Sie steigt dann, die Lenne überschreitend, im Bogen hinauf zum Bahnhof Plettenberg-Stadt (der im Fahrplan
als Haltepunkt verzeichnet ist, aber von den Plettenbergern "Bahnhof Pavillon" oder "Plettenberg-Wald"
genannt wird), die Eisenbahn hat der Stadt mit diesem Bahnhof, der sich als hocheleganter Pavillon
höchst originell präsentiert, ein schönes Geschenk gemacht. Von hier aus geht die Bahn zum Bahnhof
Plettenberg-Oberstadt.
Unterhalb der Haltestelle Hestenberg der neuen Bahn Plettenberg - Herscheid wird über den Elsebach,
etwas unterhalb der bisherigen eisernen Fußgängerbrücke, eine ca. 4 Meter breite Brücke durch die
Firma Schäffer & Cie. in Duisburg bei einem Kostenaufwand von 6.500 Mark angelegt, die den Übergang
zu dem bereits fertiggestellten bequemen Zickzackweg bildet, der zum Haltepunkt hinaufführt. Die
Gegend am Wall zwischen der jetzt verschwundenen alten Hestenbergbrücke und der Unterstation des
Lenneelektrizitätswerkes hat dadurch eine merkliche Veränderung erfahren, nachdem auch die dort
bisher gestandenen Tannen sämtlich zwecks Anlage genannten Weges schon vor einiger Zeit abgeholzt
sind.
Auf dieser ganzen Linie ist das Landschaftsbild überwältigend schön. Man
überblickt das weithin sich ziehende Tal mit der betriebsamen Industrie- und Gartenstadt Plettenberg,
im Hintergrunde die himmelan ragenden Berge, das ganze höchst reizvoll in seinen wechselnden Bildern.
Man sieht tief hinunter in den gegenüber dem Pavillon im Tal liegenden Hauptbahnhof Plettenberg, den
man eben verlassen hat, während sich auf der als schmaler Streifen sichtbaren Landstraße die
Kleinbahn, die von Eiringhausen nach Plettenberg-Stadt fährt, dahinschlängelt.
Nun steigt die Bahn allmählich zur Station Köbbinghausen, diese hochgelegen, der Ort tief unten im Tal.
Weiter geht es nach Hüinghausen, wohl der schönste Punkt der Bahn; ein in üppiges Grün gebettetes
Gebirge in breiten Matten sanft abffalend zu Tal. Wie es heißt, hat die Eisenbahnverwaltung beim
Bahnbau das Prinzip verfolgt, die landschaftliche Schönheit der Gegend nicht nur zu erhalten,
sondern noch zu steigern; mit Rücksicht darauf wurde der Tunnel gebaut, der das Bild abschließt
und nun gleich darauf dem Beschauer, wenn der Zug den Tunnel verlässt, sehr wirkungsvoll eine
imposante Felspartie von 27 Meter Höhe zeigt; grotesk wirken die übereinandergeschobenen und
getürmten Gesteine.
Die letzte Station vor Herscheid ist der Birkenhof, so genannt, weil hier die Birke die bislang
vorherrschende Tanne verdrängt hat. Der Ort liegt im Hintergrunde, aus dem Grün der Wiesen und Wälder
ragen die Häuser und der etwas schiefe Kirchturm hervor.
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail: webmaster@plbg.de
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