Quelle: Sonntagsblatt der Evang. Kirchengemeinde Plettenberg vom 19. Mai 1930
Der Kirchenbau im Oestertal
Vor kurzem erschien ein Bericht über die Generalversammlung des
Kirchbauvereins Oestertal. Da in diesem Bericht ganz einseitig
nur die Darstellungen wiedergegeben sind, die dem Presbyterium
und der gr. Gemeindevertretung, bzw. den einzelnen Mitgliedern
dieser Körperschaften Vorwürfe machen, halten wir es zur Aufklärung
unserer Gemeindeglieder für unsere Pflicht, die genannte Darstellung
zu ergänzen und zu berichtigen, wobei wir ausdrücklich die
Darstellung des Vorsitzenden des Oesterkirchbauvereins, Herrn
Lehrer Schulte, von der folgenden Kritik ausnehmen.
Zunächst wenden wir uns gegen die Behauptung, dass auf ein Wort
des Vorsitzenden des Presbyteriums hin der Kirchbau vertagt worden
sei, ohne dass der Versuch gemacht worden wäre, alle Möglichkeiten,
dennoch zu bauen, auf das Gewissenhafteste zu prüfen. Vielmehr war
das Presbyterium, zu dem doch auch der Berichterstatter Herr Schmale
gehört, in der fraglichen Sitzung einstimmig der Meinung, dass der
Bau wegen der schweren Wirtschaftslage zurückgestellt werden müsse.
Irgendwelche anderen Gründe für diesen Beschluss waren nicht
vorhanden.
Das Presbyterium weiß wohl, dass die Bewohner des Oestertales gern
eine Kirche hätten und das Presbyterium verdiente seinen Namen nicht,
wenn es nicht alles täte, um zu helfen. Jedoch besteht die
Kirchengemeinde nicht allein aus dem Oestertal, das etwa 1/7 der
gesamten Seelenzahl unserer Gemeinde ausmacht. So kann das Presbyterium
nicht alles andere hintan setzen und jegliche gesamtgemeindlichen
Ausgaben und Aufgaben zurückstellen, um eines verhältnismäßig
kleinen Gemeindeteils willen. Wenn das Presbyterium dem Oesterkirchbauverein
jährlich 3.000 Mark überweist, hat es voll und ganz seine Pflicht
getan, wobei ausdrücklich hervorgehoben sei, dass dieser Beschluss
auf eine Anregung des Vorsitzenden des Presbyteriums zurückgeht.
Aus diesem Grunde ist die Hereinziehung der Anlage unseres Kindergartens
in die Debatte völlig abwegig.
Zum Zweiten wenden wir uns gegen die Behauptung, dass das Oestertal
bis jetzt 26 Jahre auf seine Kirche warte und immer wieder zurückgesetzt
worden sei. In der Generalversammlung wurde schon daraus hingewiesen,
dass von einer Wartezeit von 26 Jahren keine Rede sein könne. Wenn
auch vor dem Kriege vielleicht einige Mitglieder der kirchlichen
Körperschaften einem Kirchbau in der Oester unfreundlich gegenüber
gestanden haben, so ist doch den Bewohnern des Oestertales keine
geringe Mitschuld am Nichtgelingen des Bauvorhabens zuzuschreiben,
da sie sich nicht über den Platz einigen konnten, auf dem die Kirche
erbaut werden sollte. Jedoch hat auch damals die gr. Gemeindevertretung
durch Bereitstellung von 18.000 Mk. als erste Baurate ihren Willen
dahin kundgetan, dass, sobald die Lage des Bauplatzes feststand, gebaut
werden sollte.
Von dieser einwandfreien Feststellung ist in dem Bericht über die
Generalversammlung nichts zu lesen. Wir stellen fest, dass in Wirklichkeit
die Oester bis jetzt 4 Jahre mit ihrem Bauvorhaben beschäftigt ist.
Und was wollen bei einem derartigen Projekt, das für Jahrhunderte
stehen soll, 4 Jahre bedeuten?
Endlich sei darauf hingewiesen, dass die Zahlenangaben, die der
Vorsitzende des Presbyteriums in der Generalversammlung machte, in
dem Versammlungsbericht gänzlich irreführend dargestellt sind. Wir
stellen demgegenüber noch einmal fest: Die Kirche kostet 65.000 Mark.
Vorhanden sind z. Zt. 5.000 Mark Spargelder des Kirchbauvereins und
eine Anwartschaft auf ein Baudarlehen der Dewaheim in Höhe von 40.000
Mark, das frühestens erst in 13 Jahren greifbar sein wird. Es müssten
also z. Zt. 60.000 Mark angeliehen werden. Wie teuer die Verzinsung
und Amortisation dieser Summe ist, kann sich jeder selbst ausrechnen.
Dass es unter solchen Umständen für jeden ruhig Denkenden ausgeschlossen
ist zu bauen, sollte doch auch in der Oester verstanden werden, es sei
denn, dass jeder der 400 Steuerzahler in der Oester etwa 10 Mark
jährlich auf längere Zeit neben seinen allgemeinen Kirchensteuern zu
zahlen gewillt wäre, was aber bei der heutigen Lage von den in Betracht
kommenden Personen selbst als unmöglich bezeichnet wurde. So bleibt
nichts anderes übrig, als sich noch wenige Jahre zu gedulden. Tut bis
dahin der Oesterkirchbauverein seine Pflicht, ist an einem Gelingen
nicht mehr zu zweifeln.
Wir hoffen, durch diese sachliche Aufklärung ein für alle Mal jeglicher
Kritik an dem Verhalten der kirchlichen Körperschaften den Boden
entzogen zu haben. Wir hoffen, dass nunmehr die besonnenen Kreise in
der Oester die Oberhand gewinnen werden. Wir hoffen, dass nun eingesehen
wird, dass die Kirche in der Oester nicht mit Redensarten und Behauptungen
gebaut wird, sondern allein durch einmütiges Zusammenstehen aller
Beteiligten. Wenn das erreicht wird durch diese Zeilen, haben diese
ihren Zweck voll erfüllt - mehr wollen sie nicht. Und dann können wir
in durchaus absehbarer Zeit froh und ohne Sorgen mit dem Bau beginnen.
Auch am kommenden Sonntag sowie am Himmelfahrtsfeste finden noch beide
Gottesdienste in der Böhler Kirche statt. . . ."
Quelle: Festschrift "100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Oestertal - Geschichte(n)
rund um das Oestertal", 2008, 162 Seiten
„Dienet dem Herrn mit Freuden“
Dem Text der Urkunde, die am 20. September 1953 bei der Grundsteinlegung der Erlöserkirche (Foto) mit eingemauert wurde, ist zu entnehmen, dass die Geschichte des Kirchenbaues im Oestertal auf das Jahr 1901 zurückgeht. Am 17. Mai dieses Jahres
reichten Gemeindemitglieder aus Dankelmert, Lettmecke, Kückelheim, Himmelmert, Immecke, Baddinghagen und Sonneborn einen Antrag beim Presbyterium ein, einen geplanten Kirchenbau in der Stadt nicht weiter zu verfolgen, sondern stattdessen
im Oestertal ein Gotteshaus zu planen. Zu diesem Zweck waren bereits 7000 Mark im Oestertal
gesammelt worden.
Im Januar 1910 gründete sich im Oestertal der erste Kirchbauverein, er hieß „Evangelischer Kapellenbauverein
Oestertal e.V.“ Sein Ziel war es, die Vorarbeiten für den geplanten Kirchenbau zu leisten.
Doch ein Streit um den Bauplatz und der Erste
Weltkrieg verhinderten die Verwirklichung der Pläne. Hinzu kam, dass der bereits auf 18000 Mark angewachsene Baufond in den Jahren der Hyperinflation
1923/24 wertlos wurde.
Im Winter 1925/ 1926 bildete sich im Oestertal
abermals ein Kirchbauverein. Um den Vorstand, dem der Lehrer August Schulte (Oesterau), der Hufschmied Fritz Schmale (Oesterau), der Lehrer Lonk sowie Karl Müller angehörten, plante man das neue Gotteshaus im Zusammenhang mit der Anlage des Oesterfriedhofs. Wieder wurden Pläne und Kostenvoranschläge ausgearbeitet, außerdem führte man mit Darlehnsgebern Verhandlungen. Doch der Mangel an Geld in der heraufziehenden Weltwirtschaftskrise machte auch dieses Vorhaben zunichte, so dass 1926 lediglich der Plan von der Anlage des Friedhofes realisiert werden konnte.
Da der Weg zur Mutterkirche in der Stadtmitte für die Oestertaler Kirchgänger weit und oftmals beschwerlich war, fand man 1932 eine Notlösung. An der Lettmecker Schule (heute Feuerwehrhaus) wurde an ein Klassenzimmer ein 5m x 3m großer Raum angebaut. Dieser wurde als Chor- und Gottesdienstraum
genutzt.
Gleichzeitig wurde in Kückelheim ein Glockenturm
(am heutigen Standort des Kirchturmes) gebaut.
Das Grundstück hatte der Kirchbauverein gekauft. Am 4. Advent 1932 konnte Superintendent
Turck aus Lüdenscheid den Turm einweihen, für den der Fabrikant Budde zwei Glocken gestiftet hatte. Zahlreiche Gemeindemitglieder nahmen an dem feierlichen Akt teil.
20 Jahre musste sich die Gemeinde mit dem Provisorium in der Lettmecker
Schule begnügen, obwohl sich nach und nach neben den regelmäßigen
Sonntags- und Kindergottesdiensten
dort zudem die Frauenhilfe, verschiedene Jugendgruppen, die Katechumenen
und Konfirmanden sowie der Kirchenchor wöchentlich trafen.
1950 wurde von der Dorfgemeinschaft
Oesterau-Lettmecke der Antrag zur Errichtung einer Trauerhalle auf dem Friedhof gestellt. Knapp 2 Jahre später begannen die Bauarbeiten. Am Christi Himmelfahrtstag 1952 wurden
durch Herrn Superintendent Köllner
3 neue Glocken geweiht. Die alten Glocken waren während des Zweiten Weltkrieges eingeschmolzen worden.
Ein bedeutsamer Tag in der Geschichte des Kirchenbaus war der 30 März 1953. Nach vielen Beratungen und Planungsarbeiten stimmte das Presbyterium den Entwürfen des Landeskirchenbauamtes
zum Bau einer Kirche zu, und am 17. August 1953 begannen die Bauarbeiten. Am 20. September 1953 fand die feierliche Grundsteinlegung
der Kirche und zugleich auch die Weihe der neuen Trauerhalle durch Superindendent Köllner aus Lüdenscheid am Oesterfriedhof statt. Sie bietet
60 Trauergästen Platz und wurde durch Gelder der Stadt und der Kirchengemeinde sowie durch Spenden der Firmen Brockhaus und Mayer in einem
Jahr errichtet. Erweitert wurde die Halle in den Jahren 1978 bis 1980.
In knapp 15 Monaten wurde der stattliche Kirchenbau vollendet. Dazu war viel Fleiß erforderlich,
außerdem die finanzielle Mithilfe des Kirchenkreises
und der Inneren Mission sowie zahlreiche
freiwillige Gaben aus der Gemeinde, von der Bauleitung bis zum Handwerker. Helfende Hände waren immer wieder gefragt und von Nöten. Zu Bauende löste sich der Kirchbauverein auf, sein Vereinsvermögen wurde von der Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg übernommen. Die festliche Kirchweihe fand am 27.11.1954, dem 1. Advent, statt. Nahezu die gesamte Talbevölkerung
nahm an diesem kirchlichen Ereignis teil. Der Wunsch nach einem würdigen Gotteshaus war nach über 50 Jahren Wirklichkeit geworden.
Mit einem
Dankesgottesdienst in der alten Lettmecker Schule wurde dieser bedeutende Tag eingeleitet. Im festlichen Zuge bewegten sich die vielen Menschen anschließend die Strasse hinauf zum neuen Gotteshaus.
Vor dem Portal der Kirche nahm Pastor Oestreicher
den Schlüssel für die Kirche in Empfang. Nachdem er das mit Girlanden geschmückte Portal
geöffnet hatte, hielten alle Teilnehmer Einzug in das schlichte, schöne und moderne Gotteshaus.
1961/62 wurde neben der Kirche ein Pfarrhaus für die im Oestertal ansässigen Pfarrer gebaut. Die letzte Baumaßnahme erfolgte 2003 mit dem Anbau
eines Lagerraumes an die Erlöserkirche.
Die Hanglage der Kirche mit ihrem 27m hohen Turm trägt dazu bei, dass sie weithin sichtbar das Tal beherrscht. Von einer starken Bruchsteinmauer umgeben schenkt die Kirche einen Raum der Geborgenheit.
Die Plätze im Inneren sind aus massiver Eiche, die auf den schlichten Altarraum mit dem emporragenden Holzkreuz ausgerichtet sind. Darüber befindet sich ein kleines rundes farbiges Glasfenster mit der Siegeskrone der Ewigkeit, in die hinein noch die Dornenkrone des irdischen Lebens verflochten ist. Auf der Sandsteinplatte des Altars leuchtet das Licht der Kerzen, weisend und tröstend auf Gottes Wort und das Sakrament des heiligen Mahles. Zur Linken der Taufstein mit dem Spruch aus Jesaja 46,1 und zur Rechten die
Kanzel. Sie erwarten zu jeder Zeit die Gemeinde, die ausgerichtet werden darf auf den „lieben jüngsten
Tag“, wie ihn das große Fenster zur Bergseite schauen lässt. Die Sakristei gegenüber im Turm ist der Stille Raum der Zurüstung zum Dienst. Die Türen an der Rückseite des Schiffes führen zum anschließenden Gemeindesaal, während die Empore
Platz für Orgel und Kirchenchor bietet. Im Erdgeschoss befinden sich die Räumlichkeiten für die jungen Gemeindemitglieder.
Seit über 50 Jahren darf nun die Gemeinde diesen Bau mit ihrem Leben füllen, und es bleibt zu hoffen,
dass unsere Erlöserkirche weiterhin ein fester Bestandteil in unserem Tal bleibt.
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail: info@plbg.de |